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Der Fundamentalist, der keiner sein wollte

Der Fundamentalist, der keiner sein wollte

Titel: Der Fundamentalist, der keiner sein wollte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohsin Hamed
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metallischen, aber nicht unangenehmen – und eigentlich ziemlich exotischen – Geschmack annahm.
    »Mich hat’s heute beim Taekwondo erwischt«, sagte Erica. »Wir waren beim Sparring, und ich musste gegen eine Frau antreten, die richtig schnell ist. Sie hat mich direkt unter der Achselhöhle erwischt. Da« – sie berührte die Stelle –, »ich spüre es noch beim Atmen. Eine ziemlich heftige Prellung.« Sie sah mich an. Ich betastete mein Knie, folgte der Narbe von meiner Operation. Dann sagte Erica: »Willst du mal sehen?« Ich musterte sie, versuchte herauszufinden, ob sie vielleicht scherzte; offenbar nicht. Also nickte ich nur, unfähig, meiner Stimme zu vertrauen. Ich hatte geglaubt, sie werde lediglich ihr T-Shirt hochziehen, doch sie zog es ganz aus und hob den Arm. Ich starrte sie an. Ich hatte sie schon vorher im Bikini gesehen – ja, sogar oben ohne –, doch wie sie da so im BH auf meinem Futon saß, war mir, als hätte ich sie noch nie so nackt gesehen. Ihr Körper hatte seine Bräune verloren und erschien im Schein des Fernsehers fast blau, und sie war sogar noch durchtrainierter als in meiner Erinnerung. Sie schien wie aus einer anderen Welt; sie hätte mitten aus einem pornografischen Roman sein können. Ich befahl mir, mich auf ihren Bluterguss zu konzentrieren; er saß fett und dunkelrot oberhalb ihres Brustkorbs, zweigeteilt vom Träger des BH.
    Unwillkürlich streckte ich die Hand aus. Dann zögerte ich. Erica erwiderte wachsam meinen Blick, doch ihr Ausdruck blieb unverändert, also berührte ich sie, legte die Finger auf den Bluterguss. Sie hob die Hand zum Hinterkopf, als ich die Rippenlinie nachzog. Ich spürte, wie sie eine Gänsehaut bekam, und ich zog sie an mich, umarmte sie sanft und küsste sie erst auf die Stirn, dann auf die Lippen. Sie reagierte nicht, sie wehrte sich nicht, sie ließ es einfach geschehen, dass ich sie auszog. Zuweilen spürte ich, wie sie sich an mir festhielt, oder ich hörte ein ganz leises Stöhnen. Hauptsächlich aber war sie stumm und reglos, doch mein Begehren war so stark, dass ich die wachsende Wunde, die ihr Verhalten meinem Stolz zufügte, unbeachtet ließ und weitermachte. Ich fand es schwierig, in sie einzudringen, es war, als wäre sie nicht erregt. Sie sagte nichts, während ich in ihr war, doch mir blieb ihr Unbehagen nicht verborgen, also zwang ich mich aufzuhören.
    »Es tut mir leid«, sagte sie. »Nein, mir tut es leid«, sagte ich. »Es gefällt dir nicht?« »Ich weiß nicht«, sagte sie, und zum ersten Mal in meiner Gegenwart füllten sich ihre Augen mit Tränen. »Ich werde einfach nicht feucht. Ich weiß nicht, was mit mir los ist.« Ich hielt sie in den Armen, und während wir dalagen, erzählte sie mir, ich sei der erste Mann, mit dem sie seit Chris zusammen gewesen sei – überhaupt der einzige außer Chris. Seit seinem Tod, sagte sie, habe ihre Sexualität weitgehend geruht. Sie habe nur einmal einen Orgasmus bekommen, und auch nur, als sie es sich mit ihm vorstellte. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich wollte sie trösten, sie in ihr Inneres begleiten und ihr gestatten, weniger allein zu sein. Also bat ich sie, mir von ihm zu erzählen, wie es dazu gekommen war, dass sie sich küssten, dass sie sich liebten. »Das willst du wirklich wissen?«, fragte sie. Ich bejahte, und so erzählte sie es mir.
    Teile ihrer Geschichte kannte ich schon von früher; in jener Nacht erzählte sie mir alles. Manches davon erschien mir vertraut; später erkannte ich, dass das, was mir vertraut schien, die Emotionalität war, mit der sie sprach, eine Emotionalität, die der glich, die sie in mir auslöste. Ich versuchte, mich über meine Situation hinwegzusetzen, ihr zuzuhören, als begehrte ich sie nicht und sei nicht verletzt, weil ihr Körper mich – anscheinend gegen ihren Willen – abgewiesen hatte. Das gelang mir in einer Weise, die mich noch heute überrascht. Die Geschichte der beiden ist mir noch lebhaft in Erinnerung, aber ich möchte sie jetzt nicht erzählen. Es soll genügen, dass ihre Liebe ungewöhnlich war und ihre Identitäten in einem solchen Grad vermischte, dass Erica bei Chris’ Tod glaubte, sie habe sich verloren; selbst jetzt, sagte sie, wisse sie nicht, ob man sie noch einmal finden könne.
    Doch als sie von ihm sprach, schien ihre Stimme kräftiger zu werden und ihr nackter Körper neben mir weicher und entspannter. In ihre Augen trat eine Lebendigkeit, sie waren nicht mehr nach innen gewandt. Sie fragte mich nach

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