Der Fundamentalist, der keiner sein wollte
Sympathie – zu bezeugen. An einem der vielen Wochenendabende, die wir im Büro verbrachten, sprach ich darüber mit Wainwright, und der sagte: »Mann, du arbeitest für den Boss . Hat dir das keiner bei der Einweisung gesagt?« Dann lächelte er mich müde an und fuhr fort: »Aber ich verstehe, was du sagen willst. Denk nur immer daran, dass deine Projekte erledigt werden, ob du nun daran mitarbeitest oder nicht. Und immer an die Fundamentals denken.«
An die Fundamentals denken. Das war bei Underwood Samson das Leitprinzip, das uns vom ersten Arbeitstag an eingetrichtert worden war. Es forderte eine unbeirrbare Konzentration auf die finanziellen Feinheiten, darauf, den wahren Gehalt der Faktoren herauszufieseln, die den Wert eines Assets bestimmen. Und genau das tat ich weiterhin, meistens mit Geschick und Begeisterung. Denn ganz ehrlich, Sir, Mitleid für die bald an die Luft gesetzten Beschäftigten stellte sich nicht übermäßig häufig ein; unsere Arbeit erforderte einen Einsatz, der für solcherlei Ablenkungen wenig Zeit ließ.
Dann aber geschah in der zweiten Oktoberhälfte etwas, was meinen Gleichmut erschütterte. Es war kurz nachdem Erica und ich ergebnislos versucht hatten, miteinander zu schlafen – vielleicht ein, zwei Tage danach, genau erinnere ich mich nicht mehr daran. Afghanistan wurde schon seit vierzehn Tagen bombardiert, und ich hatte die Abendnachrichten gemieden, da ich mir die parteiische Berichterstattung, die sich wie die eines Sportereignisses ausnahm, angesichts des Missverhältnisses zwischen den amerikanischen Bombern mit ihrer Bewaffnung des einundzwanzigsten Jahrhunderts und den schlecht ausgerüsteten und schlecht versorgten afghanischen Stammesangehörigen am Boden, nicht anschauen wollte. Sah ich mich dann doch einmal mit solchen Programmen konfrontiert – etwa in einer Bar oder am Eingang der Kabelfirma –, fühlte ich mich an den Film Terminator erinnert, allerdings mit vertauschten Rollen, so dass die Maschinen die Helden waren.
Was mich so mitnahm, ereignete sich, als ich selbst den Fernseher anschaltete. Ich war nach Mitternacht von New Jersey nach Hause gekommen und zappte durch die Kanäle auf der Suche nach einer beruhigenden Sitcom, als ich auf eine Nachrichtensendung mit gespenstischen Nachtsichtbildern von amerikanischen Truppen stieß, die gerade in Afghanistan eindrangen, um dort, wie es hieß, einen wagemutigen Überfall auf einen Kommandoposten der Taliban durchzuführen. Meine Reaktion traf mich unvorbereitet; Afghanistan war das Nachbarland Pakistans, mit uns befreundet und außerdem ebenfalls ein muslimisches Land, und vom Anblick dessen, was ich als den Beginn der Invasion durch Ihre Landsleute begriff, zitterte ich plötzlich vor Wut. Ich musste mich setzen, um mich zu beruhigen, und ich weiß noch, dass ich ein Drittel einer Flasche Whiskey verputzte, bis ich schließlich einschlafen konnte.
Am nächsten Tag kam ich zum ersten Mal zu spät zur Arbeit. Ich hatte verschlafen und erwachte mit hämmernden Kopfschmerzen. Meine Wut hatte nachgelassen, doch sosehr ich mir einredete, ich hätte mir das alles nur eingebildet – einer solch gründlichen Selbsttäuschung war ich nicht mehr fähig. Immerhin sagte ich mir, ich hätte überreagiert, ich könne ja ohnehin nichts tun, und diese ganzen Weltereignisse spielten sich auf einer Bühne ab, die für mein persönliches Leben ohne Bedeutung sei. Doch ich merkte, wie die Glut weiterhin in mir glomm, und an dem Tag hatte ich Schwierigkeiten, mich auf die Fundamentals zu konzentrieren, was mir normalerweise so gut gelang.
Aber da! Haben Sie das gehört, Sir, dieses gedämpfte Grollen wie von einem jungen Löwen, der in einem Jutesack gefangen gehalten wird? Das war mein Magen, der dagegen protestiert, dass er nichts zu essen bekommt. Wollen wir nicht unser Abendessen bestellen? Sie möchten lieber warten und bei Ihrer Rückkehr im Hotel essen? Aber ich bestehe darauf! Eine solch authentische Einführung in die Cuisine Lahores dürfen Sie sich nicht entgehen lassen; sie wird mit den Gerichten, für die dieser Markt zu Recht bekannt ist, ein rein karnivores Festmahl werden – da aus einer Zeit, als das Wissen um Cholesterin den Menschen noch keine Angst vor seiner Beute einflößte – und darum desto köstlicher sein.
Vielleicht weil es uns gegenwärtig an Reichtum, Macht oder auch nur – ungeachtet gelegentlich hervorragender Leistungen unseres Kricket-Teams – sportlichem Ruhm mangelt, wie es unserem
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