Der galaktische Mahlstrom
alles Leben zu achten, wo immer wir darauf stoßen. Jedes Leben ist einmalig, deshalb ist es heilig. Es wäre sinnlos, die Wanderer zu retten, wenn die Menschen an Bord sich weiter gegenseitig umbringen. Unser Ziel ist das Leben an Bord des Schiffes zu retten, nicht nur das Schiff als solches.« Er blickte Gomez fest an.
Gomez hatte die buschigen Brauen zusammengezogen. »Kapitän Kirk«, sagte er, »Ihre Worte sind ja sehr schön, aber meine Erfahrung war bisher immer, daß niemand etwas gib, ohne etwas dafür zu erwarten. Alles hat seinen Preis. Was werden Sie und Ihre Föderation schließlich von uns verlangen?«
Kirk spreizte die Hände. »Was haben Sie der Föderation zu bieten? Diese Frage erhebt sich jedesmal, wenn ein Schiff Verbindung mit einer neuen Zivilisation aufnimmt. Die Antwort darauf ist manchmal, daß die neue Zivilisation sehr wenig an Handelsware oder Wissen zu bieten hat. Man muß die Frage manchmal andersherum stellen: Was hat die Föderation Ihnen zu bieten?« Kirk drehte sich plötzlich um. »Mr. Spock.«
Spock hob eine Braue.
»Es gibt doch diese Vulkangeschichte von der Älteren und dem Kind – bitte, erzählen Sie sie.«
Einen Moment schien Spock ein wenig verwirrt zu sein, dann begann er mit ruhiger Stimme: »Es war einmal eine schon mehrere hundert Jahre alte vulkanische Ältere. Sie hatte das Ende ihres Lebens erreicht und beschloß zu sterben. Einen Tag vor ihrem Tod ging sie hinaus auf ihre Felder und bereitete ein Stück Grund zur Bepflanzung vor. Ein Kind kam auf seinem Sehlat vorbei, ein Kind, das noch nicht gelernt hatte, von welch schlechten Manieren es zeugt, wenn man jemand laut auslacht. Es sah die alte Frau arbeiten und hielt an. ›Was machst du da?‹ fragte es.
Die vulkanische Ältere antwortete: ›Ich werde eine Gruppe Dalmbäume setzen.‹
Das Kind lachte schallend bei der Vorstellung, eine Frau ihres Alters Dalmbäume pflanzen zu sehen. Wäre es eine andere Vulkanerin gewesen, hätte sie das Kind gewiß seiner schlechten Manieren wegen gerügt, doch sie war eine Ältere, die weise genug war zu wissen, daß Kinder sich ihres beleidigenden Benehmens gar nicht bewußt sind, so fragte sie lediglich: ›Weshalb lachst du, kleine Person?‹
Das Kind antwortete: ›Wie lange wird es denn dauern, bis deine Dalmbäume Früchte tragen?‹
Die alte Frau antwortete: ›Diese Bäume werden frühestens in hundertfünfzig Jahren Früchte tragen.‹
Da sagte das Kind: ›Aber morgen willst du sterben. Du wirst nichts mehr von den Fürchten haben. Deshalb ist es unlogisch, die Bäume zu pflanzen. Ich lache über deine Dummheit. Vielleicht hast du zuviel Zeit unter den Erdenmenschen verbracht.‹«
Kirk hob die Augen zur Decke, beschloß jedoch diese Bemerkung zu übergehen.
Spock fuhr fort: »Die alte Frau arbeitete weiter. Sie lockerte die harte, ausgetrocknete Erde mit einem dreizackigen Grubber. Nach kurzer Weile sagte sie: ›Als ich ein Kind war, nicht größer als du, kleine Person, aß ich köstliche Dalmfeigen. Eines Tages fragte ich meinen Vater, woher diese Früchte kommen. Er erzählte mir, daß vor zweihundert Jahren eine meiner Vorfahren so vorausdenkend gewesen war, eine Gruppe Dalmbäume zu pflanzen, und zwar einen Tag vor ihrem Tod, damit ich sie zu genießen haben würde. Er sagte mir, es sei ihr Geschenk für mich gewesen, obgleich sie mich nie selbst kennen würde, und ich sie nur aus dieser Erzählung. Jede Generation sorgt für die nächste vor, kleine Person. Niemand kann seinen Vorfahren persönlich für ihre Gaben danken – seien sie nun etwas so Einfaches wie ein Korb voll Dalmfeigen, oder etwas so Großes wie das gesammelte Wissen des Vulkans –, man kann höchstens das gleiche für die tun, die nach einem geboren werden. Eines Tages wirst auch du wieder hier vorbeikommen und von den Dalmfeigen kosten, und dich der alten Frau erinnern, die die Bäume gepflanzt hat. Vielleicht wirst auch du einmal Dalmbäume setzen, obgleich du nicht lange genug leben wirst, ihre Früchte zu kosten. Unlogisch? Nein, mein Ururenkel, ich bin nicht unlogisch. Das sind nur jene, die nicht pflanzen, weil sie ihre Schuld nicht zurückzahlen. Wenn du Dalmfeigen ißt, mußt du auch pflanzen.‹
Das Kind dachte eine kurze Weile über die Worte der Älteren nach. Dann kletterte es von seinem Sehlat herunter und half der alten Frau beim Pflanzen«, endete Spock und blickte Kirk an.
Kirk lächelte. »Danke, Spock. Ihre Ururgroßmutter war eine sehr kluge Frau.«
»Danke,
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