Der Gandolfo-Anschlag - Ludlum, R: Gandolfo-Anschlag
wichtig waren, weil man zwischen allen Religionen Beziehungen herstellen konnte. Das Wesen war, daß man zwischen dem Guten und dem Bösen zu unterscheiden vermochte. Aber Symbole und Titel hatten eine mystische Bedeutung und lieferten Millionen überall profundes Behagen. Glauben. Die Armen und Unterdrückten beteten sie an, brachten ihnen Hoffnung entgegen, verehrten sie. Und für Millionen waren diese Symbole das warme Licht in ihren endlosen Wintern der Finsternis.
Devereaux hielt inne. Jetzt war der Augenblick für das Crescendo gekommen.
»Gentlemen, vor Ihnen liegt ein Verbrechen von solch ungeheuerlichem Ausmaß, ein Verbrechen, das so durch und durch böse ist, ein Verbrechen, das unmöglich Erfolg haben kann und das nur jeden von Ihnen in den Tod führen wird. Oder in ein Leben, das Sie in einer brutalen Gefängniszelle erdulden, nicht leben werden. Denn in den Mauern dieses Chäteaus gibt es einen Mann, der Sie all Ihrer unschätzbaren Besitzungen berauben will! Ihrer Freiheit! Ihres Lebens! Weil er sich das Unmögliche vorgenommen hat. In seinem unausgeglichenen
— kläglich unausgeglichenen — Bewußtsein ist er überzeugt, der schnellen und schrecklichen Reaktion und der Rache der ganzen Welt gewachsen zu sein, sie sogar überwältigen zu können. Er rechnet damit, Sie in den gähnenden Schlund des Vergessens zu führen. Er beabsichtigt, den Papst der katholischen Kirche zu entführen! Mit einem Wort, er ist wahnsinnig!«
Sam hielt inne. Seine Augen bohrten sich in die eines jeden einzelnen Mannes. Zigaretten blieben in der Luft hängen, Münder standen ungläubig offen, Augen weiteten sich, und ihr starrer Blick verkündete eine aus dem Schock geborene Paralyse.
Er hatte sie überzeugt! Er hatte die Geschworenen in der Hand! Die Sätze waren wie Donner aus ihm hervorgebrochen.
Jetzt war es an der Zeit, seine Trümpfe auszuspielen. Jene unwiderstehlichen Zahlen und die Codewörter zu nennen, die jeden Mann im Raum reich machen würden. Sehr, sehr reich. Dafür, daß sie nichts taten und nur dem Risiko der Vernichtung auswichen.
»Gentlemen, ich kann erkennen, in welchem Schockzustand Sie sich befinden, und es schmerzt mich, das zu sehen. Es schmerzt mich, daß ich das verursacht habe. Wie jener große Römer Marc Aurel einmal sagte — wir alle müssen das tun, was wir tun müssen, in dem Augenblick, in dem das Schicksal verlangt, daß wir es tun. Aber wie der indische Prophet Baga Nishyad ebenfalls feststellte — man kann mit Tränen gefüllte Eimer über das Korn gießen, und der Reis wird wie Juwelen wachsen. Ich habe keine Juwelen, Gentlemen, aber ich habe für jeden von Ihnen Reichtümer. Verdienten Lohn. Summen, die Ihren Schmerz verringern und Sie in das Land Ihrer Wahl führen können, um dort in Freiheit zu leben, frei von Angst vor der Vernichtung, vor der Sorge. Hier. Ich übergebe Ihnen diese kleinen Karteikarten. Jede ist die Eintrittskarte in Ihr persönliches Nirwana. Lassen Sie mich erklären ...«
Und Sam erklärte.
Die sieben untergeordneten Offiziere studierten die Karten, sahen einander an.
»Sprechen Sie französisch?« fragte einer der Franzosen.
Devereaux lachte — eine Spur zu fröhlich, wie er fand. »Eigentlich nicht.«
»Danke«, sagte der Franzose und wandte sich zu den anderen. » Vous tous parlez francais? «
Alle nickten.
Und dann begannen alle französisch zu sprechen.
Leise. Schnell. Bis wieder sieben Köpfe zustimmend nickten. Sam war gerührt. Er wußte, daß sie nach einem Weg suchten, um ihm zu danken.
Deshalb war er sehr bestürzt, als zwei der Männer plötzlich auf ihn zugingen und ihn packten, ihn herumdrehten und anfingen, seine Handgelenke mit Draht zu umwickeln.
»Was zum Teufel machen Sie da? « schrie er. »Was machen Sie mit meinen Händen? Und was zum Teufel soll das?«
Er deutete mit einer Kopfbewegung auf das rote Halstuch, das der Grieche sich ruckartig vom Hals gezogen hatte und jetzt zusammendrehte.
»Und was zum Teufel soll das jetzt?!«
Damit meinte er klickende metallische Laute, die seltsamerweise wie Waffen klangen, die man überprüfte.
»Wir besitzen jenes Mitgefühl, von dem Sie sprachen, Monsieur«, sagte der Franzose. »Wir bieten einem Menschen die Wahl einer Augenbinde an, ehe wir ihn exekutieren.«
»Was!?«
»Seien Sie tapfer, Signore«, rief der Italiener. »Wir alle kennen unser Geschäft. Wir nehmen die Risiken auf uns, oder wir spielen nicht.« «
»Ja«, fügte der Wikinger hinzu. »Es ist ein Spiel.
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