Der Gandolfo-Anschlag - Ludlum, R: Gandolfo-Anschlag
werden würde. Dem Anschein nach — und es gab für ihn keine Möglichkeit, sich zu vergewissern — waren die deutschen Lieferfahrzeuge, von denen die Air France versorgt wurde, irgendwie auf der Interzonenautobahn hängengeblieben. Und was noch an Bord gewesen war, hatte die tschechoslowakische Bodenmannschaft in Prag gestohlen. Außerdem war das Essen in Paris besser.
So rauchte Sam Zigaretten, ertappte sich dabei, wie er auf Tabakfasern herumkaute, und versuchte sich auf die Aktivitäten von MacKenzie Hawkins zu konzentrieren. Sein Sitznachbar gehörte irgendeiner östlichen Religion an. Vielleicht war er ein Sikh, mit brauner, leicht grau getönter Haut, einem sehr kleinen schwarzen Bart, einem purpurfarbenen
Turban und unruhigen Augen, die denen einer Ratte so stark ähnelten, wie das menschliche Augen überhaupt konnten. Das machte es ihm leichter, über MacKenzie nachzudenken. Auf dem Flug nach Paris würde ihm jedenfalls nicht nach Konversation zumute sein.
Hawkins hatte seine dritten zehn Millionen aufgebracht. Und jetzt war da nur noch ein arabischer Scheich, der als viertes und letztes Opfer ausersehen war. Was auch immer es war, das MacKenzie aus den Akten hervorgezaubert hatte, es stand jedenfalls in der Wirkung einer thermonuklearen Bombe in nichts nach. Herrgott! Vierzig Millionen!
Was hatte er damit vor? Welche Art von >Geräten und Hilfspersonal‹ (was beim Teufel sie auch immer sein mochten?) konnte nur annäherend so viel kosten?
Man kidnappt zugegebenermaßen einen Papst nicht mit einem Dollar und einem Vierteldollar in der Tasche, aber war es notwendig, dafür die ganze italienische Staatsschuld auszugleichen?
Eines stand fest. Der Plan, den der Hawk für das Kidnapping ausgearbeitet hatte, sah den Austausch außergewöhnlicher Beträge vor, und wer auch immer solche Beträge akzeptierte, machte sich ipso facto der Mithilfe in der unverschämtesten Entführung der ganzen Geschichte schuldig. Das war ein weiterer Ausweg, den er, Sam, untersuchen konnte. Übrigens ein recht guter. Wenn er sich die Namen von einigen Lieferanten beschaffen konnte, die mit Mac Geschäfte machten, dann konnte er ihnen Angst einjagen, so viel Angst, daß sie ausstiegen. Der Hawk würde doch ganz sicher nicht zu jemandem sagen: ›Ja, ich kaufe den Eisenbahnzug, weil ich vorhabe, diesen Papsttypen zu kidnappen, und das wäre mir sehr hilfreich.< Nein, so ging ein erfahrener General ganz bestimmt nicht vor. Aber wenn er, Sam, sich an dieselbe Person heranmachte und sagte: >Sie wissen schon, dieser Zug, den Sie an diesen bärtigen Idioten verkaufen wollen ... Er will ihn dazu einsetzen, den Papst zu kidnappen. Überschlafen Sie es einmal.‹ Nun, dann war das etwas völlig anderes. Der Zug
würde nicht verkauft werden. Und wenn er verhindern konnte, daß ein Zug verkauft wurde, konnte er vielleicht auch verhindern, daß andere Ausrüstungsgegenstände den Hawk erreichten. MacKenzie war ein Produkt der Army. Nachschublinien waren für jede Operation von hervorragender Bedeutung. Ohne sie wurden ganze Strategien geändert, selbst aufgegeben. So stand es in der Bibel der Militärs.
Ja, dachte Devereaux und blickte durch das Fenster der lebensmittellosen Air-France-Maschine ins deutsche Zwielicht hinaus, das ist ein sehr vernünftiger Weg. In Verbindung mit seiner ersten Überlegung, daß er herausfinden mußte, wie der Hawk beabsichtigte, die Entführung zu bewerkstelligen, und der zweiten Überlegung — zu eruieren, womit MacKenzie seine Investoren erpreßte — stellten die Nachschubwege einen dritten wichtigen Bestandteil dar. Und das Ganze war Präventivmedizin.
Sam schloß die Augen und beschwor die Erinnerungen an die Vergangenheit herauf. Er befand sich im Keller seines Hauses in Quincy, Massachusetts. Auf dem großen Tisch, der mitten im Zimmer stand, war seine Modelleisenbahn aufgebaut, und die Züge fuhren im Kreis herum, vorbei an den Miniaturwäldern und über die winzigen Brücken und durch die Spielzeugtunnels. Aber an dem Bild war etwas Seltsames. Mit Ausnahme der Lokomotive und dem Kohlenwagen waren alle anderen Waggons mit der gleichen Aufschrift versehen: ›Kühlwagen, verderbliche Lebensmittel.‹
In Orly wurden die Passagiere nach Algier aufgefordert, in der Maschine zu bleiben. Aber das machte Devereaux nichts aus, als er den weißen Lieferwagen neben dem Flugzeug auftauchen sah und dann Zeuge wurde, wie Männer in weißen Mänteln makellose Stahlblechcontainer in die Bordküche schafften. Er
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