Der Garten der Dissidenten: Roman (German Edition)
Handtuch vor den Türspalt, als wollte sie heimlich eine Zigarette rauchen.
An diesem Punkt drehte der Traum der Nacht – oder des Morgens; sie hatte auf der Straße auf Porters Armbanduhr gesehen, und da war es schon nach drei gewesen – in Richtung einer armseligen Komödie, bevor er zum Alptraum wurde. Sie blieben beide stehen, zu schüchtern, um schon in ihr Bett zu gehen, Porter kämpfte mit ihren diversen Verschlüssen und Knöpfen, und dann kamen ihre Hände seinen zu Hilfe und lösten alle Probleme, deretwegen er vor sich hingebrummelt hatte, und kurz darauf stand sie splitternackt vor ihm, während er noch ganz angezogen war. Außer sich zog sie ihn zum Bett und schob sich halb ins Zelt der Decke. »Zieh wenigstens die Schuhe aus«, flüsterte sie.
»Hast du ein, ähm, Pessar?«
»Pessar?« Sie unterdrückte ein Auf lachen, als sie den absurden Ausdruck hörte, der für sie nach Mittlerem Westen, wenn nicht gleich Viktorianismus klang. »Meinst du ein Diaphragma?« Zog er sich etwa nicht aus, weil er Angst vor einer Schwangerschaft hatte? Sollte sie lügen? Ja. »Ja.«
»Hast du?«
»Darüber musst du dir keine Sorgen machen, Porter.«
Rye Gogan und sein Ruf blitzten Miriam durch den Kopf: Wo war der Draufgänger, wenn man einen brauchte? Musste man mit den Haien schwimmen, um gehait zu werden? Nimm mich, wollte sie Porter sagen, wollte es ihm aber nicht sagen müssen, weil sich auch Männer mit Schildpattbrillen in der Dunkelheit gefälligst in Tiere zu verwandeln hatten. Vielleicht sogar gerade Männer mit Schildpattbrillen, jedenfalls laut den Cartoons im Playboy (Lorna Himmelfarbs großer Bruder besaß ein paar Hefte, in denen sie geblättert hatte, wenn sie im Keller der Himmelfarbs Elvis hörte). Etwas sollte Miriam bedrängen, ganz abgesehen von ihrem Verlangen, bedrängt zu werden. Sie zog Porter ins Bett, vor sich auf die Knie, als betete er um Zugang zu ihrem Zelt. Zog ihn am Gürtel. Öffnete den Reißverschluss und erforschte das Innenleben. O Herr, der Junge, schön lang und steif, vor Lust fingerfallenartig in den zu engen Boxershorts feststeckend, unbeschnitten. Sein Klebzeug ergoss sich in ihre Handfläche, kaum dass sie den Schwanz ertastet und seine dehnbare Haube entdeckt hatte. Seufzend bedeckte Porter dann ihre Lippen, Kinn und Nase mit einem suchenden Kussgewitter, als wäre er dankbar und wollte den Sachverhalt gleichzeitig widerlegen. Siehst du, ich falle über dich her, also muss ich das schon die ganze Zeit getan haben! Stattdessen war sie versehentlich über ihn hergefallen. Wie bei der Schleppe ihrer verbalen Eroberungen erlegte Miriam ständig Männer, obwohl sie das eigentlich noch gar nicht vorhatte.
Sie küssten sich so leidenschaftlich wie in der Nische der Cedar Tavern, ihre Umarmungen verhießen eine Geschichte, die im Raum zwischen ihren Körpern noch im Entstehen war, und sie umschlosssein erschlaffendes Selbst, bis ihr seltsam verkrümmtes Handgelenk das einzig Knochige in der Schlitzfalle seiner Boxershorts war. Auf der Brücke und am Washington Square hatte Miriam mehr von ihm gehabt, mehr Erregung von seinem Ellenbogen an ihrer Brust erfahren, seinem Knie, das sich in ihren Schoß schob, als sie jetzt beim Suchen nach dem Geschrumpften in seiner klebrigen Hose finden würde. Und dann kam Rose hereingetobt, eine Titanin, Alices zornentbrannte Rote Königin in ihrem gesteppten Morgenmantel und dem hauchdünnen Nachthemd darunter, ihre Miene ein Sturm an Vorwürfen, und plötzlich hatte die Geschichte nichts mehr mit ihren Körpern zu tun, mit Miriams Nacktheit und Verlangen und damit, ob Porter jetzt etwas tun würde oder nicht. Im Nachhinein blieb von der Geschichte bloß, dass Miriam froh sein konnte, dass Porter so wenig ausgezogen hatte. Auch wenn sie wusste, dass Rose nichts gesehen haben konnte, streunte Miriam ein absurder Gedanke durch den Kopf: Abraham Lincoln dürfte auch nicht beschnitten gewesen sein, dagegen konnte Rose also nichts einzuwenden haben, oder?
»Soll ich die Polizei rufen?«
»Nein, Mutter.«
» Nein, Mutter was?« Rose ließ sich keine Gelegenheit zu einem Wettstreit der Geister, einem verbalen Duell entgehen – warum sollte man sich etwas durch die Lappen gehen lassen, wenn man nur zugreifen musste?
»Herrgott noch mal, Rose, nun übertreib mal nicht.«
Aus dem Wohnzimmer und dem Flur hinter Rose flutete Licht ins Zimmer, alle Lampen waren angeknipst, als wäre ihre Mutter schon eine Weile wach gewesen, hätte gelauscht und
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