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Der Garten der verlorenen Seelen - Roman

Der Garten der verlorenen Seelen - Roman

Titel: Der Garten der verlorenen Seelen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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du?»
    «Nasra, und das ist China und ihr Sohn Nuh.»
    «Warum seid ihr hier drin?»
    Die Frauen sehen einander an und schmunzeln.
    «Das gehört zu unserem Beruf», antwortet Nasra geziert.
    In keckem Winkel sitzt adrett ein schwarzes Barett auf dem hochgesteckten Haar der Polizistin, die eine seltsame Mischung aus Weiblichkeit und Gefahr verströmt.
    «Wer von euch ist Hana Abdiweli Geedi?», ruft sie mit harter Stimme.
    Das parfümierte Mädchen schiebt sich an den anderen vorbei und stellt sich vor der Polizistin auf, die sie mit hennabemaltem Finger aus der Zelle winkt und die Tür wieder verschließt. Die Gefangenen schieben sich in die kleine Lücke, die das Mädchen hinterlassen hat. Zu Deqos Belustigung schenkt Duftmädchen den zurückbleibenden Schülerinnen nicht mal einen Blick; das Mädchen, das im Lastwagen den Arm um sie legte, bleibt mit hängendem Kopf zurück. Deqo ist erfreut; es verschafft ihr eine gewisse Befriedigung, wenn arroganteLeute gezwungen werden einzusehen, wie unbedeutend sie eigentlich sind.
    Eins nach dem anderen werden die Schulmädchen aufgerufen, von ihren Vätern, Müttern, Onkeln oder älteren Brüder freigekauft und nach Hause gescheucht. Sie werden vor den Jungen freigelassen, um sie vor Schande zu bewahren – Schande, die mit ihren Brüsten wächst, sich mit ihren Hüften weitet und ihnen wie ein unerwünschter Freund folgt. Seit Langem ist sich Deqo bewusst, dass das weiche Fleisch ihres Körpers eine Bürde ist; das erste Wort, das sie gelernt hatte, lautete «Schande». Das Einzige, was ihr die Frauen im Lager beibrachten, war, wie man sich die Schande vom Leib hält: Sitz nicht breitbeinig da, berühr dich nicht da unten, spiel nicht mit Jungen. Im Leben eines Mädchens dreht sich offenbar alles darum, die Schande zu vermeiden. Zumindest in dieser Frauenzelle besteht die Hoffnung, dass sie der Scham eine Weile entkommt und sich keine Gedanken machen muss, ob man beim Hinsetzen ihre Beine sieht oder ob jemand sie im Schlaf begrabbelt. Neben einer hilflosen älteren Frau auf einer Binsenmatte findet sie ein Plätzchen.
    «Hol mir mal ’ne Tasse Wasser», krächzt die Frau.
    Deqo betrachtet die zurückgelehnte Gestalt, so alt und selbstgefällig. «Hol’s dir selber.»
    Die Frau seufzt. Deqo bemerkt, dass ihr vorn alle Zähne fehlen. Die Frau stupst sie mit dem Fuß an. «Los, Süße, hol mir einfach ein bisschen Wasser, mir schneidet eine Axt durch den Schädel.» Mit Luftschmatzern versucht sie, das Mädchen zu überreden.
    Missbilligend schnalzt Deqo mit der Zunge und steht auf, sie wird auch für sich um Wasser bitten, damit sie etwas in den Magen kriegt. Sie stellt sich ans Gitter, kann die Polizistin am Ende des Korridors reden hören.
    «Jaalle, jaalle!
Genossin, Genossin!», ruft Deqo.
    Keine Antwort.
    «Genossin Polizist mit den Hennafingern und dem schwarzen
koofi-yaad
, wir brauchen hier Becher.»
    Die Polizistin kommt her und schiebt einen Blechbecher durchs Gitter. «Versuch hier bloß nicht, einen auf lustig zu machen, Kleine.»
    «Tu ich ja gar nicht, ich wollte bloß Wasser.»
    «Bist du nicht ein bisschen zu jung, um dich zu verkaufen? Oder hast du gestohlen?»
    «Nein! Ich hab nichts gemacht, ehrlich! Die haben gedacht, dass ich zu den Demonstranten gehöre.»
    «Wo kommst du her?»
    «Aus Saba’ad.»
    «Und was machst du dann hier?»
    «Ich arbeite auf dem Markt. Ich stehle nicht, nie!»
    Die Polizistin sieht ein wenig freundlicher drein, legt den Kopf schräg und sieht zu ihrer Kollegin hinüber.
    «Luul, dieses Flüchtlingsmädchen hier ist heute Morgen versehentlich mit den Demonstranten einkassiert worden.»
    Die andere Polizistin tritt neben sie. Sie ist groß und flachbrüstig, füllt im Gegensatz zu ihrer Freundin die Uniform nicht richtig aus.
    Sie verzieht das Gesicht. «Lass sie raus, für die kriegen wir sowieso nichts.»
    «Stimmt, ist die reine Brotverschwendung», lacht die Polizistin mit den hennaverzierten Fingern.
    Erneut klirrt die Tür auf, und Deqo rennt zu der Alten auf ihrer Matte und gibt ihr den Becher, bevor sie den Korridor der Freiheit betritt.
    «Bis zum nächsten Mal, Deqo», ruft Nasra.
    Deqo winkt ihr zu.
    Schweigend gehen die Polizistinnen rechts und links neben ihr her.
    «Jaalle
, wann kommt die Frau da frei?», fragt Deqo, bevor sie aus dem Revier geführt wird.
    «Das soll nicht deine Sorge sein, von solchen Frauen solltest du dich fernhalten, sie ziehen dich bloß in ihr schmutziges Leben hinein. Halt dich fern von

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