Der Gast des Kalifen
bekam einen Wutanfall nach dem anderen, brachte Unruhe in die Regierung von Kairo und belastete sie mit allen möglichen Skandalen.
Die Lage wurde zusehends gefährlicher und unangenehmer, und der Aufschrei der zornigen Bevölkerung war nicht mehr zu über-hören, sodass der Kalif mehr und mehr den Worten seiner Berater lauschte, die auf der Absetzung des Wesirs bestanden. Das, so vermute ich, hat auch hinter der Frage des Kalifen gestanden, als er von mir wissen wollte, was ich über die politischen Angelegenheiten Kairos wisse - doch davon später mehr.
Nun zu dem, was vor kurzem geschehen ist: Am Tage, da meine Hinrichtung angesetzt war, hat Wesir Hassan aus irgendeiner wahnsinnigen Laune heraus nicht weniger als vierzig Emire und Atabeks der Stadt zu sich gerufen, um ihre Huldigungen entgegenzunehmen. Nachdem sie alle versammelt waren, warf er ihnen vor, sich gegen ihn verschworen zu haben. Die Edelmänner hielten das für einen schlechten Scherz und verhielten sich entsprechend. Wütend darüber, dass man ihn auslachte, ließ Hassan sie in einen Hafir werfen - ein Getreidelager - und befahl dann seinen Wachen, sie samt und sonders abzuschlachten. Ohne Waffen und ohne Hilfe gab es nur wenig, was die Edlen tun konnten. Die Soldaten betraten den Hafir und streckten jeden nieder, der sich ihnen entgegenstellte; der Rest wurde auf der Flucht erschlagen.
Mit entsetztem Staunen lauschte ich Wazims schauriger Geschichte. »Was ist dann geschehen?«, fragte ich, nachdem er geendet hatte.
»Im selben Augenblick, da Ihr vor dem Thron des Kalifen gestanden habt, um Euer Urteil zu hören, Da'ounk«, antwortete er, »ist diese finstre Tat vollbracht worden.« Über die aberwitzige Kühnheit des Wesirs schüttelte er den Kopf. »Alle sind zutiefst erschüttert und erregt.«
»Das verstehe ich«, erwiderte ich. »Was ist aus dem Wesir geworden?«
»Wie Ihr wisst, war der Kalifgezwungen, seine Wache auszuschicken. Sie umstellte den Palast des Wesirs und verlangte von Hassan, sich zu ergeben. Dieser weigerte sich, und es kam zu einer kleinen Schlacht.« Wazim hielt kurz inne, atmete tief durch und fuhr dann fort. »Als die Leibwache des Wesirs erkannte, dass es sinnlos war, gegen die Soldaten des Kalifen zu kämpfen, gab sie auf und lieferte Hassan den Männern seines Vaters aus. Man sagt, der Wesir sei aus der Stadt an einen geheimen Ort gebracht worden, wo er bleiben soll, bis Kalifal-Hafiz entschieden hat, was mit ihm geschehen soll.«
So also, Cait, stellt sich im Augenblick die Lage dar. Wie Padraig mich so oft zu erinnern pflegt: Alles geht stets gut für jene aus, die den Herrn lieben. O Herrscher des Himmels, eben darum bete ich jetzt.
Sydoni weigerte sich, zurückgelassen zu werden. Während ihr Vater den verschlafenen Hafenmeister nach geeigneten Seeleuten befragte, bot Sydoni uns an, uns das Schiff zu zeigen. Wir nahmen uns ein kleines Boot, und Padraig und Roupen ruderten uns zu der Stelle, wo die schmucke Persephone vor Anker lag, dann kletterten wir an Deck. Einmal an Bord wurde rasch klar, dass Sydoni nicht daran dachte, das Schiff wieder zu verlassen.
Nachdem die letzten Vorräte an Bord gebracht und unter Deck verstaut worden waren, wandte sich Jordanus an seine Tochter, um ihr Lebewohl zu wünschen. »Spar dir den Atem, Vater«, sagte Sy-doni und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. »Ich gehe mit euch.«
Jordanus war dagegen. Es folgte ein kurzer Streit, und natürlich setzte die Tochter sich gegenüber dem Vater durch. Je mehr ich von Sydoni zu sehen bekam, desto größer war meine Überzeugung, dass sie stets bekam, was sie wollte; kein noch so guter Einwand vermochte sie von einem einmal getroffenen Entschluss abzubringen, ebenso wenig wie Schmeicheleien, Drohungen oder pure Vernunft. Das hatte sie, so vermute ich, von ihrem Vater, und selbst dieser vermochte sich ihrem Willen nicht zu widersetzen.
So machten wir uns mit Hilfe zweier Seeleute und eines Steuermanns noch weit vor Mittag auf den Weg. Die Persephone war ein gutes Schiff, lang und schlank, doch mit genügend Stauraum, um eine beachtliche Menge Ladung unterzubringen. Da wir jedoch keine Ladung mit uns führten, waren der Steuermann und die beiden
Seeleute in der Lage, das Schiff fast ganz allein zu steuern. Nachdem erst einmal das Segel gesetzt war, mussten Padraig und ich nur noch selten mit Hand anlegen, sodass uns genügend Zeit für uns selbst blieb.
Der erste Tag auf See war die reinste Freude. Es herrschte schwacher Westwind,
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