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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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meinen Ohren wider.
    Nachdem wir das Schlachtfeld hinter uns gelassen hatten, richtete ich den Blick gen Himmel und betete für die Seelen der armen, unwissenden Soldaten, die der unbeherrschte Ehrgeiz eines hochmütigen Herrn in den Untergang geführt hatte. Ich bat den Höchsten Richter, ihnen nicht die Gier und die Dummheit ihrer Führer zum Vorwurf zu machen. »Erweise ihnen deine unermessliche Gnade, o du, unser aller Erlöser«, betete ich, »und gewähre diesen Unglücklichen einen Platz im Paradies . wenn schon nicht in den höchsten Hallen des Himmels, dann doch zumindest in den umliegenden Zelten.«
    Nach kurzem Ritt hielten wir an, um zu entscheiden, was als Nächstes zu tun sei. Mir schien es am Klügsten zu sein, auf der anderen Seite des ausgetrockneten Flussbetts entlangzuziehen, möglichst weit weg vom Schlachtfeld. Das bedeutete zwar einen großen Umweg für uns, aber zumindest durften wir auf diese Art hoffen, nicht gesehen zu werden. Padraig und Jordanus stimmten mir zu.
    »In diesen Hügeln hier gibt es Ziegenpfade«, erklärte Jordanus.
    »Wenn wir den Fluss zwischen uns und dem Tal halten, werden wir schon bald weit weg vom Schlachtfeld sein.«
    So wählte ich einen Ziegenpfad, der aufder Rückseite unseres Hügels seinen Anfang nahm, und ritt voraus; Sydoni kam als Nächste, dann Jordanus und Padraig zuletzt, der auch das Packpferd führte. Wir folgten dem Pfad ein gutes Stück. Als er sich schließlich teilte, suchte ich uns einen neuen aus, wobei ich sorgfältig daraufachtete, immer die Hügel zwischen uns und dem Tal zu halten.
    An einem Punkt führte der Pfad zu dem ausgetrockneten Flussbett hinunter, wobei er sich hierhin und dorthin wand und zwischen zwei Felsvorsprüngen hindurchführte. Felsbrocken waren von den Hängen zu beiden Seiten auf den schmalen Pfad gefallen, was unser Vorwärtskommen erschwerte. Es dauerte eine Zeit, bis wir einen Weg durch die Steine hindurch gefunden hatten, und als wir schließlich das Flussbett erreichten, hielten wir kurz an, um zu trinken.
    Wir stiegen ab und traten in den Schatten der überhängenden Felsen. Padraig holte einen Wasserschlauch vom Packpferd, den wir reihum gehen ließen; jeder von uns trank ein, zwei Mund voll. Im Schatten war es deutlich kühler, und es war schade, dass wir weiter mussten, aber wir hatten noch einen langen Weg vor uns, bevor wir die Straße wieder erreichen würden, und bei Einbruch der Nacht wollte ich das Schlachtfeld so weit wie möglich hinter uns wissen.
    Also stiegen wir wieder in die Sättel und setzten uns in Bewegung. Das ausgetrocknete Flussbett war flach und breit und an den Seiten hoch genug, dass wir nicht von den umliegenden Hügeln aus gesehen werden konnten, wo die Schlacht stattgefunden hatte. Ich wies Jordanus daraufhin, der ebenfalls glaubte, es wäre leichter, auf diesem Weg weiterzuziehen - zumindest für eine Weile -, denn das sandige Bett war breit genug, dass zwei Mann bequem nebeneinander reiten konnten. Sydoni ritt neben mir, und bald waren wir in ein Gespräch vertieft.
    Wir sprachen über dies und das, nichts Besonderes, einfach nur so. Ich glaube, Sydoni wollte einfach nur das Gemetzel aus ihren Gedanken vertreiben, und ich war froh, ihr dabei helfen zu kön-
    nen. Um die Wahrheit zu sagen: Ich genoss Sydonis Gesellschaft. Bei den wenigen Gelegenheiten, da sie beschloss, meine Nähe zu suchen, galt all meine Aufmerksamkeit ausschließlich ihr. Sydonis Art, sich auszudrücken, war einmalig, und - für mich jedenfalls -erfrischend. Vermutlich, so glaubte ich, lag das an ihrem koptischen Blut und an ihrer Kindheit in Damaskus inmitten all der Mohammedaner, dass sie anders war als alle Frauen, die ich kannte.
    Doch wie dem auch sein mochte, ich schenkte ihr mehr Aufmerksamkeit als dem vor uns liegenden Weg. »Pfaue sind meine Lieblingstiere«, sagte sie gerade, »besonders wenn sie fliegen. Ihre Schwänze sind so lang und graziös. In Damaskus isst man sie, doch ich glaube, sie sind zu schön dafür. Es ist, als würde man den Sonnenuntergang essen.«
    »Wie schmecken sie?«, fragte ich und blickte ihr ins Gesicht. Sie zögerte kurz und riss die Augen auf. Die Worte erstarben ihr auf der Zunge.
    Ich folgte ihrem Blick und sah eine Gruppe seldschukischer Krieger, die hinter einer Biegung ein paar Hundert Schritt vor uns auftauchte. Die Türken sahen uns ebenfalls sofort.
    Es waren sechs. Alle trugen sie rote Turbane, schwarze Hemden und Hosen und kurze schwarze Umhänge. Auch ihre Pferde glichen

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