Der Gast des Kalifen
schnell, dass ich zunächst gar nicht sah, was hier vor sich ging.
Ich sah den Legionär seinen Arm mit schrecklicher Entschlossenheit heben und auch, wie er ihn herniedersausen ließ. Ein lautes Krachen war zu hören. Im selben Augenblick riss unser Herr Jesus den Kopf in die Höhe; seine Augen drohten ihm aus den Höhlen zu quellen, und sein Mund öffnete sich zu einem stummen Schmerzensschrei, als das harte Metall durch Fleisch, Sehnen und Adern des Handgelenks drang.
Mein Herz zitterte, und ich wollte mich abwenden - doch ich konnte nicht. Ich sah zu, rang die Hände und murmelte hilflose Gebete.
Helles Blut spritzte plötzlich in einer Fontäne empor, und die Menge johlte vor Befriedigung, als zwei weitere mächtige Schläge den Nagel ins harte Holz trieben, woraufhin der Legionär sich wieder erhob, über sein Opfer hinwegtrat und das Gleiche mit dem anderen Arm machte. Wieder genügten drei Schläge, um den Nagel zwischen Elle und Speiche hindurch ins Holz des Balkens zu treiben.
Kaum waren die Schläge verhallt, da zogen die Legionäre Seile unter dem Balken hindurch, um damit die Arme des Verurteilten an den Ellbogen zu sichern. Dann drehten sie sich um und schleppten den Balken den Hügel hinauf, drei Legionäre an jedem Ende des Seils. Ihr Opfer zogen sie mit sich. Der Boden war rau und steinig, und die Wunden auf dem Rücken unseres Herrn hinterließen eine feuchte, blutige Spur im trockenen Staub.
Auf der Hügelkuppe angelangt, warf der Legionär mit der Schürze die Seile über das dort wartende Holzgestell. Anschließend reichte er die Enden den Legionären unter ihm, die mit Hilfe eines guten Dutzends eifrigerer Zuschauer kräftig daran zogen. Die Seile spannten sich und hoben unseren leidenden Herrn Jesus vom Boden hoch.
Immer höher und höher hinauf wurde er gezogen, bis der Balken, an den er genagelt war, auf die obere Querstrebe des Rahmens traf. So schwebte unser Herr hoch über der Menge, die Arme an den schweren Stamm genagelt, und schwang unruhig hin und her.
Der Balken wurde rasch an dem Rahmen befestigt, und dort - die sanften, heilenden Hände zu Klauen verkrampft - hing der Herr Jesus. Blut rann ihm an den Armen und an den Seiten herab und mischte sich mit dem Schweiß, den er ob seiner Qualen vergoss. Gefangen zwischen Himmel und Erde hielten nur die festgenagelten Arme das ganze Gewicht des zerschundenen Körpers.
In der Zwischenzeit wurden zwei weitere Unglückliche ebenfalls gekreuzigt - Diebe, die man auffrischer Tat ertappt hatte - und rechts und links von unserem Herrn in die Höhe gezogen. Nachdem auch diese beiden festgebunden waren, holten die Legionäre einen langen, groben Balken herbei und banden ihn unmittelbar unter den Knien der Gekreuzigten quer an den Holzrahmen. Anschließend schlug der große Römer mit der Lederschürze Nägel durch die Knöchel seiner Opfer, um sie an dem Balken zu befestigen. Die beiden Diebe schrien und wanden sich vor Schmerz, während die Menge freudig grölte.
Unfähig, die Qualen noch länger zu ertragen, öffnete Jesus den
Mund und schrie: »Elo-i!« Seine Nackenmuskeln spannten sich, so laut schrie er. »Elo-i!«
Ob der entsetzlichen Kraft des Schreis wich die Menge unwillkürlich zurück. Die Menschen blickten sich an und murmelten untereinander. »Er ruft Elias«, sagte jemand. »Nein, wartet!«, sagte ein anderer. »Er ruft nach Gott, er solle ihn retten!«
»Er hat andere gerettet«, spottete ein grober Kerl. »Soll er sich jetzt einmal selbst retten!«
»Ruhig! Er sagt irgendwas!«, riefein Mann weiter vorne. »Ich kann ihn nicht verstehen. Hier, gebt ihm etwas zu trinken; vielleicht sagt er es dann ja noch mal.«
Ein in Wein eingeweichtes Stück Brot wurde an einem Stock befestigt und unserem Herrn vor den Mund gehalten, doch dieser senkte nur den Kopf und schwieg.
In diesem Augenblick traf eine Gruppe älterer Juden aus der Stadt ein; es waren vielleicht ein Dutzend. Einige trugen Priestergewänder, andere kostbare rote Roben und Goldketten um den Hals. Sie rafften ihre Gewänder in die Höhe, um nicht die Säume durch den Staub zu schleifen, während sie den Hügel emporstiegen und sich in die vordersten Reihen drängten.
Mit selbstgefälligem, hartem Gesichtsausdruck nahmen sie ihre Plätze vor der Menge ein, standen dort wie Monumente selbstgerechter Vergeltung und blickten verächtlich zu dem sterbenden Mann hinauf. Die Römer, die ihre Arbeit inzwischen erledigt hatten, wandten ihre Aufmerksamkeit anderen Dingen
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