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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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Schatz geführt.«
    Er schaute sich in dem fast leeren Raum um und blickte mich dann ängstlich an. »Wo?«, fragte er.
    »Dort«, antwortete ich und deutete aufeinen Lüftungsschacht, dessen Gitter von einem alten Holzbalken offen gehalten wurde. »Und er hat uns auch den Weg hinaus gezeigt.«
    Während die Dunkelheit sich um uns schloss, streckte ich den Arm nach oben und bekam den Rand des Lüftungsschachts zu packen. Ich sprang, und Wazim umklammerte meine Beine und schob mich in die Öffnung, worauf ich in den Schacht kroch. Einmal drin griff ich hinunter und zog Wazim herauf. Dann ergriff ich vorsichtig und ehrfurchtsvoll den kurzen Holzbalken, und mit Wazims Hilfe gelang es mir, das schwere Eisengitter zu schließen. Es schloss sich im selben Augenblick mit einem leisen Klirren, da zwei Templer den Alkoven betraten.
    Sie durchsuchten den Raum mit ihren Fackeln, fanden nichts und eilten weiter.
    Ich gestattete mir ein leises, erleichtertes Seufzen und setzte mich kurz, um wieder zu Atem zu kommen und darüber nachzudenken, wie wir uns am besten zurückziehen könnten. »Jetzt gehen wir«, flüsterte ich Wazim zu.
    »Was ist mit dem Heiligen Kreuz?«, fragte er.
    »Die Suche ist vorbei«, antwortete ich. »Hier. Gib mir deine Hand.«
    In der Dunkelheit fand ich seine Hand und führte sie zu dem zerkratzten Balken, den ich in meinen Armen hielt. Wie ein Blinder folgte er mit den Fingern den tiefen Rillen in dem uralten Holz, und uns beiden traten die Tränen in die Augen, während wir jeder auf seine Art der heiligen Reliquie die Ehre erwiesen.
    Die Stimmen der Templer und der Fedai'in hallten durch die Kammer unter uns, und ich richtete meine Gedanken wieder auf die Flucht. Von den wenigen Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stan-den, schien mir der Lüftungsschacht die besten Aussichten zu bieten, um nicht gefangen genommen zu werden. Der Aufstieg war steil, aber nicht unmöglich. Ohne größere Mühe konnte ich ihn auf allen vieren hinaufklettern und das Kreuz dabei vor mir her schieben.
    Kurze Zeit später erreichten Wazim und ich den Geheimgang über uns. Auch wenn es hier so dunkel war wie in einer Berghöhle, so roch ich doch den Duft der Blumen, der von weiter oben zu uns hinunterwehte, und da wusste ich, wo wir uns befanden. Wir hatten den Tunnel erreicht, der rechts und links von uns wegführte. Rechts ging es zur Zisterne und zur Küche und links zu dem unterirdischen Kanal.
    Der Kanal würde uns zum Fluss bringen, wodurch wir nicht nur die im Palast lauernden Templer und Fedai'in umgehen konnten, sondern auch die überfüllten Straßen, wo Aufruhr herrschte. Für diesen Weg entschied ich mich.
    Ich legte mir den Kreuzesstamm auf die Schulter, und wir setzten uns in Bewegung - ein Blinder folgte dem anderen. Wazim ging vor mir. Er hatte sich meine Papyri über die Schulter gehängt, und ich folgte ihm, wobei ich mit den Fingern leicht seinen Rücken berührte ... allerdings mehr aus Trost als aus Notwendigkeit, da der Gang ohnehin nur in eine Richtung führte und es keinerlei Abzweigungen gab; wir konnten uns unmöglich verlaufen.
    So machten wir uns aufden Weg zu dem geheimen Gewässer. Dann und wann stolperten wir zwar, doch insgesamt kamen wir recht gut voran. Die heilige Reliquie war schwer und unhandlich, aber nachdem ich Bohemunds Kopf solch eine lange Strecke mit mir herumgeschleppt hatte, wusste ich, wie man eine solche Last zu tragen hatte, ohne unnötig Kraft zu vergeuden. Nach einer Weile machte mir noch nicht einmal die Dunkelheit etwas aus, auch wenn ich so blind wie ein Maulwurf war. Ich wusste, dass der Kanal unmittelbar vor uns lag und dass dort ein Boot wartete, das uns zum Nil bringen konnte, wo ich endlich wieder mit Padraig und den anderen vereint sein würde.
    Nach kurzer Zeit wurde das Gefälle steiler, und wir erreichten die
    ersten Stufen - zunächst eine, dann zwei, drei und so weiter, bis wir schließlich das Plätschern des Wassers vor uns hörten. Wir verlangsamten unseren Schritt und ließen mehr und mehr Vorsicht walten; dann endlich erreichten wir den Rand des Wassers. Ich gab den Kreuzesstamm an Wazim, kniete mich aufdie Stufe und tastete am Stein entlang nach dem Ring, an dem das Boot befestigt war. Schließlich fand ich ihn auch und versuchte, das Seil zu lösen.
    Es war jedoch so fest gebunden, dass ich es nicht lockern konnte. Allerdings war es alt und morsch, und indem ich es an der Steinkante rieb, gelang es mir tatsächlich, es durchzuschneiden.
    Ein Ende des

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