Der Gast des Kalifen
Richtungen suchten wir die Straße ab, doch nirgends sahen wir andere Reisende oder sonst ein Zeichen menschlichen Lebens. Padraig fand eine kleine Quelle in einem Felsspalt ein Stück den Hügel hinunter. Wir alle stiegen hinab, um zu trinken; dann kletterten wir wieder hinauf, um im Schatten des Bootes neue Kraft zu schöpfen.
Die größte Hitze des Tages hindurch dösten wir vor uns hin; dann standen wir wieder auf und packten die Taue mit steifen Händen. Erneut war der Weg hinab recht angenehm, und wir kamen rasch voran. In weniger als der Hälfte der Zeit, die wir für den Aufstieg gebraucht hatten, fanden wir uns am Fuß des Hügels wieder.
Der nächste Hügel schien nur wenig steiler zu sein als der erste, den wir heute Morgen bestiegen hatten, und so war ich fest davon überzeugt, dass wir den Gipfel noch vor Sonnenuntergang erreichen würden. »Dort oben werden wir unser Nachtlager aufschlagen«, verkündete ich und ermahnte meine Gefährten durchzuhalten. »Dort gibt es ein paar Bäume, die uns Schutz bieten werden. Aber jetzt sollten wir erst einmal weitermachen, damit wir auch wirklich vor Einbruch der Nacht dort oben sind.«
Diese Worte riefen missbilligendes Stöhnen bei den anderen hervor; dennoch nahmen sie wieder pflichtbewusst ihre Plätze ein. Wir alle waren erschöpft; die Mühen des Tages hatten uns all unsere Kraft gekostet. Mit jedem Schritt mussten wir darum kämpfen, das Boot auch nur ein winziges Stück vorwärts zu bewegen. Am Ende erwies sich meine Hoffnung, den Gipfel vor Einbruch der Nacht zu erreichen, als trügerisch. Der Mond stand bereits hoch am Himmel, da hatten wir gerade erst die Hälfte des Anstiegs zurückgelegt, und die Sterne erfüllten schon lange die Nacht mit ihrem Licht, als wir die Räder nach beiden Seiten mit Steinen sicherten und uns ins lange Gras unter den Bäumen fallen ließen. Zu müde, um zu reden, schliefen wir sofort ein.
Der nächste Tag verlief ähnlich wie der vorherige - außer dass wir inzwischen unter Schlafmangel und schmerzenden Gliedmaßen litten und der Hügel vor uns deutlich steiler als jene waren, die wir gestern erobert hatten. »Die Siedlung liegt in dem Tal auf der anderen Seite«, erklärte Dodu. »Es gibt dort eine große Lichtung und einen kleinen Fluss. Zumindest werden wir dort etwas Wasser und Essen bekommen.«
»Worauf warten wir dann noch?«, verlangte Sarn zu wissen. »Je eher wir die Siedlung erreichen, desto schneller bekommen wir etwas in den Magen.«
Der erste Teil des Aufstiegs verlief gut, doch als der Hang plötzlich deutlich steiler wurde, konnten wir das Boot nicht länger ziehen, sondern mussten schieben. Die Sonne verwandelte den Hang in einen Glutofen, und bald konnten wir vor lauter Schweiß in unseren Augen kaum noch etwas sehen. Die Muskeln in meinen Schultern, Beinen und im Rücken verkrampften sich; meine Kehle trocknete aus, und meine Zunge schien anzuschwellen. Immer wieder verfingen sich meine Füße in irgendetwas, sodass ich Mühe hatte, aufrecht stehen zu bleiben. Bei jedem langsamen, schmerzenden Schritt focht ich einen Kampf des Willens und der Entschlossenheit aus; doch nach und nach mühten wir uns hinauf, bis wir schließlich vollkommen erschöpft auf dem Gipfel zusammenbrachen und in den Himmel hinaufstarrten, während der Schweiß uns in Strömen über den Körper lief. Nach einer Weile setzte ich mich auf und blickte ins Tal hinunter. Wie Dodu gesagt hatte, bestand die Siedlung lediglich aus ein paar Hütten mit kleinen Feldern zu allen Seiten. Ein Stück davon entfernt stand ein kleines, mit Steinen ummauertes Schweinegehege, ein paar Heuschober, eine Scheune und hinter den Feldern war Wald. Das mochte nicht viel sein, doch Gott sei gepriesen, es war nicht weit und der Hang hinab nicht steil.
Das Ziel unserer Mühen in Sicht sagte ich zu meinen Gefährten: »Die harte Arbeit ist vorüber. Wir müssen den Wagen nur noch den Hang hinunterbekommen; dann können wir uns endlich richtig ausruhen - und wir werden auch etwas zu essen und zu trinken haben. Heute Nacht werden wir im Heu und nicht im Dreck schlafen. Kommt! Unser Abendessen wartet!«
»Ich frage mich, ob sie auch Bier haben?«, bemerkte Sarn.
»Ich wäre schon mit Wasser und Brot zufrieden«, erklärte Padraig.
»Eins kann ich euch sagen«, sagte der Schlepper, der noch immer keuchte, als er sich erhob. »Dort unten lebt die Frau, die das beste Bier zwischen Seine und Saône braut. Und sie macht auch den besten Räucherspeck. Ich kaufe
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