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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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an meine letzte Mahlzeit, bevor ich mein Heim verlassen hatte, als ich spürte, wie jemand meinen Arm berührte.
    Ich öffnete die Augen und sah, dass Roupen über mir kniete; sein Blick war auf den Hof hinter uns gerichtet. Ich rollte mich herum und blickte ebenfalls in diese Richtung, doch sah ich nur die Bäume hinter dem Feld. »Was siehst du?«, fragte ich.
    »Da ist jemand«, flüsterte er.
    Padraig hörte auf zu rühren. Er legte den Stock quer über den Topf und spähte in die Schatten des Waldes.
    »Bist du sicher?«, fragte ich. Der junge Mann nickte. Ich stand auf und winkte Padraig zu mir. »Wir werden nachsehen müssen.« Und an Roupen gewandt: »Du bleibst hier und bewachst den Topf. Rühren nicht vergessen!«
    Padraig und ich marschierten über den Hof aufs Feld und auf die Bäume zu. Wir achteten auf jede noch so kleine Bewegung, doch in den Schatten war nichts zu erkennen. Schließlich blieben wir am Rand des Feldes stehen, und ich rief in den Wald hinein: »Komm raus! Wir haben dich gesehen. Du brauchst keine Angst zu haben. Wir brauchen deine Hilfe. Komm raus, damit wir miteinander reden können.«
    Wir warteten. Weder war ein Geräusch aus dem Wald zu hören, noch sahen wir eine Bewegung. Ich wollte gerade noch einmal rufen, als Padraig sagte: »Lass es mich einmal versuchen.« Er trat ein paar Schritte allein vor und hob die Hände zu einem priesterlichen Segen. »Pax tecum! Im Namen unseres Erlösers grüße ich dich.« Er hielt kurz inne und wartete einen Augenblick lang; dann fügte er hinzu: »Ich habe einen Brei gekocht. Komm, und teile ihn mit uns.«
    »Was tust du da?«, beschwerte ich mich. »Es reicht ja kaum für uns.«
    Padraig ignorierte mich und rief: »Der Brei ist fertig! Komm, und iss.«
    »Wir können nicht das ganze Land durchfüttern!«, meldete ich mich erneut.
    »Schschsch, Duncan. Sei still.«
    Der übermäßig großzügige Mönch wiederholte seine Einladung, und wir warteten noch etwas. Ich glaubte schon, Roupen habe sich geirrt; der Hunger ließ ihn vermutlich die seltsamsten Dinge sehen. Bevor ich Padraig dies jedoch erklären konnte, hörte ich ein Rascheln, und ein weißhaariger alter Mann trat aus dem Wald; in der einen Hand hielt er ein kleines Messer und in der anderen einen abgebrochenen Ast. Die Augen in seinem faltigen Gesicht funkelten trotzig.

    riede sei mit dir, Vater«, sagte Padraig. »Wir sind Pilger, und wir wollen dir nichts Böses.«
    Der alte Mann trat noch zwei Schritte vor und blieb dann wieder stehen. Er hob den Ast und deutete damit auf Padraig. »Bist du wirklich ein Priester?«, fragte er in einfachem Latein.
    »Das bin ich«, bestätigte ihm Padraig, der noch immer die Hände erhoben hielt. »Komm, lass uns das Brot zusammen brechen, und dann kannst du uns sagen, was hier geschehen ist.«
    Der Mann ließ seine Waffe fallen und nickte den beiden alten Frauen, die hinter ihm kauerten, ermutigend zu. »Alles in Ordnung!«, rief er. »Der hier ist ein Priester!«
    Nach diesen Worten sprangen die Frauen auf und fielen über Pa-draig her; sie packten seine Hände, küssten sie und priesen Gott. Einen Augenblick lang ließ der Mönch es zu, dass man ihn so behandelte, dann jedoch drehte er sich um und trieb seine neue Herde zum Haus.
    Als wir den Hof erreichten, gingen die alten Leute sofort zu der Stelle, wo Roupen neben dem Topf wartete und starrten sehnsüchtig auf den dampfenden, brodelnden Brei. In diesem Augenblick erschienen Sarn und Dodu; auch im zweiten Haus hatten sie nichts Brauchbares gefunden.
    Die alten Leute erkannten den Schlepper und rannten auf ihn zu. »Dodu! Dodu!«, riefen sie und redeten in einer fremden Sprache auf ihn ein. Dodu klopfte ihnen auf die Schultern und hörte zu; sein Gesichtsausdruck wurde immer bekümmerter. Schließlich hob er den Kopf und sagte auf Latein: »Sie sind ausgeraubt worden -vor zwei Tagen. Ohne Zweifel waren das dieselben Räuber, die auch uns überfallen haben.«
    Dodu hörte sich noch weitere Einzelheiten der Geschichte an; dann sagte er: »Sie haben alle Schweine mitgenommen - es waren sechs, wisst ihr - und auch die beiden Kühe. Annas Mann hat versucht, sie davon abzuhalten, und sie haben ihm auf den Kopf geschlagen.« Der alte Mann machte eine Handbewegung und zeigte, wo der Schlag seinen Freund getroffen hatte; sein Mund verzog sich zu einem Spiegel der Qual und der Abscheu. »Er ist gestern gestorben«, fuhr Dodu fort. Er tauschte noch ein paar Worte mit dem alten Bauern aus und fügte traurig

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