Der Gast des Kalifen
Essen zu arbeiten, denn ich hatte dem Bauern versprochen, dass die beiden Männer ihr Haus reparieren würden, während wir fort waren. Rou-pen riet ich jedoch, es langsam angehen zu lassen. Da seine Verdauungsprobleme in der vergangenen Nacht mehr als offensichtlich gewesen waren, war eindeutig, dass er sich noch nicht ganz von der Krankheit erholt hatte, an der seine Freunde gestorben waren. Die wenige Kraft, die ihm geblieben war, hatte er auf der Seine beim Treideln und dem Transport des Boots über die Hügel verbraucht. Ich glaubte, ein paar Tage Muße würden ihm gut tun.
Roupen hatte jedoch andere Pläne, wie ich bald herausfinden sollte, als Padraig und ich gegen Mittag eine Rast einlegten. Die alten
Frauen hatten uns mit einem Beutel Brot und zwei Wasserschläuchen versorgt. Nachdem wir den ganzen Morgen über stramm marschiert waren und nur einmal angehalten hatten, um etwas zu trinken, setzten wir uns nun zum Essen am Straßenrand nieder. Wir teilten uns ein Stück Brot und redeten miteinander, als plötzlich Roupen hinter uns in Sicht kam. Sobald er nahe genug herangekommen war, um mit uns reden zu können, stand ich auf und sagte: »Ich dachte, wir hätten vereinhart, dass du bei den anderen bleibst. Stimmt etwas nicht?«
»Nein, nein«, antwortete er. »Ich dachte nur, ihr könntet vielleicht meine Hilfe brauchen.«
Ich dankte ihm und erwiderte: »Padraig und ich sind durchaus in der Lage, mit den Schleppern zu verhandeln. Du kannst dich genauso gut ausruhen und deine Kräfte für die Reise schonen, die noch vor uns liegt.«
»Ohne Zweifel wird eure Überzeugungskraft nur von der des großen Moses übertroffen«, erwiderte der junge armenische Fürstensohn. »Aber wenn die Schlepper der Saône sich nicht wesentlich von jenen unterscheiden, die wir bis jetzt gesehen haben«, fuhr er fort, »dann halte ich es für mehr als unwahrscheinlich, dass ihr sie davon überzeugen könnt, ohne Bezahlung für uns zu arbeiten.«
Ich räumte ein, dass das wahr sei, doch wies ich ihn darauf hin, dass ja auch er seine Börse an die Räuber verloren habe. »Da du kein Geld hast, weiß ich nicht, wie du uns in dieser Angelegenheit helfen könntest.«
Der dünne junge Mann lächelte und reckte die Faust in die Luft. Er trat näher, bis sich seine Hand genau vor meinen Augen befand; dann öffnete er sie und enthüllte den großen Goldring, den er auch in der Nacht getragen hatte, da wir ausgeraubt worden waren.
»Ich dachte, sie hätten dir alles abgenommen«, sagte ich. »Ich habe doch gesehen, wie der Kerl dich durchsucht hat.«
»Ich habe ihn im selben Augenblick im Mund versteckt, da Pa-draig mich geweckt hat.« Wieder lächelte er, und ich sah plötzlich eine Kühnheit an ihm, die mir bis jetzt nicht aufgefallen war. »Und hätten sie mich gründlicher durchsucht, hätte ich ihn hinuntergeschluckt.«
Es kam mir in den Sinn, dass dies hier ein junger Mann war, der vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben wirkliche Freude verspürte. Nicht mehr länger zufrieden damit, zurückgelassen zu werden, war er uns einen halben Tag lang gefolgt, um an dem teilzunehmen, was als Nächstes geschehen mochte. Ihn jetzt wieder zurückzuschicken wäre ein Schlag gewesen, den er uns nicht so rasch vergeben hätte. Da es ihm offenbar so viel bedeutete, gab ich schließlich nach.
»Dann komm mit«, sagte ich und reichte ihm den Wasserschlauch und ein Stück Brot. »Wir freuen uns über deine Gesellschaft.«
So kam es, dass ein Teil unserer Reisegemeinschaft drei Tage später den kleinen Ort mit der Mühle an den Ufern der Saône betraten. Der Siedlungsplatz war gut gewählt: Die kleine Stadt lag genau an einer Flussbiegung und die Mühle ein Stück weiter flussaufwärts. Jenseits der Mühle befand sich eine schmale, felsige Furt; dort war das Wasser zu rau und zu flach für Boote. Unterhalb der Siedlung verbreiterte sich der Fluss jedoch weit genug, um schiffbar zu sein. Als wir nun vom Hügel ins Tal hinabblickten, sahen wir mehrere Boote im Wasser. Ob diese nun gerade angekommen waren oder bald wieder abfahren würden, vermochten wir nicht zu sagen.
Ich beschloss, keine Zeit zu verschwenden, sondern direkt zum Wasser hinunterzugehen und mit den Schleppern zu reden, um zu sehen, wie die Lage war. Die Straße führte uns zuerst zur Mühle, an der wir jedoch rasch in Richtung Dorf vorbeigingen. Als wir gerade an ihr vorüber waren, blieb Roupen plötzlich mitten auf der Straße stehen und drehte sich um.
Padraig und ich
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