Der Gast des Kalifen
aber andererseits konnte ich ihn angesichts der gefährlichen Reise auch nicht allein wieder nach Caithness schicken.
Wie wir aus dieser verzwickten Lage herauskommen sollten, blieb uns auch den restlichen Tag verborgen - und das, obwohl wir in aller Ausführlichkeit über das Problem debattierten. Sarn konnte nicht verstehen, warum ich ihm nicht gestatten wollte, uns auch den Rest des Weges zu begleiten, nachdem er so weit mit uns gekommen war. »Ihr werdet im Heiligen Land starke Diener brauchen«, sagte er immer wieder.
Und ich pflegte darauf zu antworten: »Mein Vater braucht auch starke Diener daheim in Schottland. Und er braucht auch sein Boot.«
»Wollt Ihr mich etwa allein zurückschicken?«, konterte Sarn dann tadelnd.
»Glaub mir; ich wünschte, ich wüsste etwas Besseres, aber daran kann man nun einmal nichts ändern. Du musst wieder nach Hause zurückkehren, wie wir vereinbart haben.«
Am nächsten Morgen kam ein junger Templer an unseren Kai und sagte uns, dass man Renaud von Bracineaux von unserem Erscheinen informiert habe und dass er uns nun zu sehen wünsche. Ich gab Padraig das Kästchen mit Bezus Dolchen, dann folgten wir dem jungen Mann die lange Reihe der Templerschiffe entlang. Schließlich führte der Mann uns eine Planke hinauf aufs Deck des größten Schiffes, das ich jemals gesehen hatte. Renaud stand am Mast und beaufsichtigte das Verladen der Vorräte und Ausrüstungsgegenstände.
Als der junge Mann sich ihm näherte, um unser Erscheinen anzukündigen, drehte Renaud sich um und sagte: »Sieh da! Ihr habt mich also endlich gefunden. Es ist schön, Euch zu sehen, meine Freunde.« Nacheinander legte er uns die Hände auf die Schultern und fragte: »Seid Ihr bereit, das Gelübde abzulegen und Euch unserem Orden anzuschließen?«
»Nichts würde mir mehr gefallen«, erwiderte ich. »Doch wie ich gesagt habe, habe ich bereits einen Eid geleistet, der es mir unmöglich macht, noch andere Verpflichtungen einzugehen.«
Renaud akzeptierte dies ohne Widerspruch. »Es tut mir Leid, das zu hören. Aber Ihr seid trotzdem gekommen. Warum?«
»Wir befinden uns auf Pilgerfahrt ins Heilige Land«, erklärte ich und deutete auf Padraig, »und wir hatten gehofft, Euch um einen Platz auf einem Eurer Schiffe bitten zu dürfen.«
»Ich verstehe.« Er nickte, und seine Begeisterung nahm sichtlich ab. »Das hätte ich mir denken können. Unglücklicherweise muss ich Euch enttäuschen. Auf unseren Schiffen ist nur Platz für Templer und jene, die auf andere Weise mit dem Orden zu tun haben.« Er schenkte uns ein trauriges Lächeln. »Es tut mir Leid, doch es scheint, als wärt Ihr den weiten Weg umsonst gereist.«
Dann wandte er sich mit den Worten von uns ab: »Wenn Ihr mich jetzt entschuldigen würdet. Wie Ihr seht, bereiten wir uns gerade darauf vor, abzulegen. Ich werde anderswo gebraucht.«
Entmutigt stand ich einen Augenblick lang einfach nur da und überlegte, was ich als Nächstes tun sollte. Padraig hielt mir das Kästchen hin. »Ihr seid sehr freundlich zu uns gewesen«, sagte ich zu dem Tempelritter. »Wir wollen Euch nicht länger aufhalten, doch mein Gefährte hat mich gerade daran erinnert, dass wir etwas haben, das Euch gehört.«
»Das wage ich zu bezweifeln«, entgegnete de Bracineaux und setzte sich in Bewegung.
»Balthasar von Arles hat uns damit geschickt«, sagte ich und hob ein wenig die Stimme.
Der Ritter drehte sich wieder zu mir um. »Der Waffenschmied?«
Er dachte einen Augenblick lang nach.
»Eben der«, bestätigte ich. »Ihr müsstet Euch an ihn erinnern. Ihr habt eine Ladung Waffen von ihm gekauft.«
»Das haben wir«, gestand de Bracineaux misstrauisch ein. »Aber ich verstehe nicht, was Ihr damit zu tun haben könntet.«
Rasch berichtete ich ihm, wie uns der alte Schmied am Ende unseres Besuchs ein Kästchen mit sechs edlen Dolchen gegeben hatte. Um meine Aussage zu beweisen, zeigte ich sie ihm. »Sie waren noch nicht fertig, als Ihr Eure Bestellung abgeholt habt, und er bat uns, sie Euch zu überbringen.« Ich reichte ihm das Kästchen. »Wir haben getan, was man uns aufgetragen hat, und nun werden wir Euch in Ruhe lassen.«
Der Templer runzelte die Stirn. Dann drehte er sich um und rief nach einem seiner Brüder auf der anderen Seite des Schiffes. Der Mann trat zu ihm, und die beiden unterhielten sich eine Zeit lang leise miteinander. Schließlich sagte de Bracineaux: »Es stimmt, dass die Dolche tatsächlich bei der Lieferung vergessen worden sind. Ich schulde
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