Der Gast des Kalifen
zugefallen war.
Der Templer blickte mich an, und seine Augen funkelten im Fak-kellicht. »Ihr habt vorhin von Verschwörungen und Intrigen gesprochen. Lasst Euch einen Rat geben: Traut eher einem Feind denn einem Freund.«
»Das ist ein seltsamer Rat.«
»Aber ein ehrlich gemeinter«, gestand der Templer, »und Ihr werdet schon bald feststellen, wie schwer es ist, Feind und Freund zu unterscheiden.«
o kam es, dass ich bereits an meinem ersten Tag an Bord kopfüber in das Intrigenlabyrinth des ränkeschmiedenden Ostens gestoßen wurde - und ich hatte noch nicht einmal einen Fuß ins
Heilige Land gesetzt. Im Laufe der nächsten Tage brütete ich über jedes einzelne Wort, das Renaud mir in jener Nacht gesagt hatte, und machte mir Sorgen. Das Wissen, das er mir gegeben hatte, schwärte in mir; es vergiftete meine Tage und Nächte mit Furcht und trüben Gedanken, denn ich war überzeugt davon, verdammt zu sein, egal was ich jetzt auch immer tun mochte.
Warum hatte der Templer mich ins Vertrauen gezogen? Wollte er mich als Verbündeten an seine Seite ziehen und somit dem jungen Herrn entfremden? Oder wollte er meine Freundschaft zu Roupen auf irgendeine Art ausnutzen? Man konnte seine Worte durchaus so auffassen, doch half mir auch das nicht zu erkennen, was ich tun sollte. Sosehr ich mich auch bemühte, ich fand keine Möglichkeit, wie ich dem Wohl aller dienen konnte.
Und welchen Zweck hätte das alles auch gehabt? Im Augenblick konnte der junge Herr ohnehin nichts wegen des geplanten Angriffs unternehmen, und so würde ihm das Wissen nur Kummer und Leid bescheren. Mehr noch, er könnte sich inmitten von Feinden glauben und etwas Überstürztes tun. Indem ich meine Zunge im Zaum hielt, konnte ich ihm zumindest das ersparen - auch wenn ich einen hohen Preis dafür zahlen musste.
Erst als wir Zypern erreichten, ergab sich die Gelegenheit, mit Pa-draig über das heikle Wissen zu sprechen, das der Templer uns anvertraut hatte. »Was sollen wir nur tun, Padraig?«, verlangte ich zu wissen, und all mein Kummer und all meine Furcht stieg wie eine schwarze Flut in mir empor. »Was sollen wir nur tun?«
Während die Schiffe frisches Wasser und Proviant an Bord nahmen, nutzten wir die Zeit, um ein wenig durch den schönen Hafen der Stadt Limassol zu wandern. »Du weißt genauso gut wie ich, dass wir nicht einfach danebenstehen und zuschauen können.«
»Habe ich etwa gesagt, dass wir nichts tun sollen?«
»Was dann?« Bevor er darauf antworten konnte, fuhr ich fort: »Erinnere dich nur daran, dass Hunderte, ja vielleicht sogar Tausende von Leben davon abhängen, was wir tun. Ganz zu schweigen von.«
Padraig hob die Hände. »Halte Frieden, Bruder! Hör mal einen
Augenblick lang mit dem Jammern auf, und hör mir zu.«
»Dann sprich!«
»Wie es der Zufall will«, begann er, »bist du nicht der Einzige, den diese Frage in letzter Zeit nicht hat schlafen lassen. Ich habe auch darüber nachgedacht, was wir in dieser Angelegenheit unternehmen könnten.«
»Ja, ja, jetzt red schon weiter, Mann!«
»Also gut. Ich bin zu folgendem Ergebnis gelangt: Wir müssen bei der ersten sich bietenden Gelegenheit Fürst Bohemund aufsuchen und von ihm verlangen, seine Entscheidung zu widerrufen, die Armenier anzugreifen.«
Voller Neid ob seiner schier unglaublichen Unschuld starrte ich den Priester erstaunt an. »Du verwunderst mich immer wieder«, sagte ich. »Obwohl du weißt, welch unersättliche Machtgier die Fürsten antreibt, schlägst du trotzdem so etwas vor. Sag mir: Was, glaubst du, wird geschehen?«
»Ich erwarte, dass Gott Bohemunds hartes Herz erweichen wird. Der junge Fürst wird seinen Irrtum erkennen und einen anderen Weg einschlagen, bevor es zu spät ist.«
»Dein Gottvertrauen ist wirklich bemerkenswert«, sagte ich, »wenn du wirklich glaubst, dass der Fürst sich auch nur ein Wort von dem anhören wird, was du ihm sagen willst - geschweige denn, dass er deinen Rat auch noch befolgt.«
»Das wird seine Entscheidung sein«, erwiderte Padraig. »Unser Weg ist klar: Wir müssen tun, was Gott von uns erwartet.«
Ich blickte dem Mönch in die Augen und wusste, dass er meinte, was er sagte. Wir würden vor Fürst Bohemund treten und ihm verkünden müssen: Lasse ab von deinem Tun, o mächtiger Herrscher! Bereue, und suche Vergebung, oder ertrage die Strafe für deine Sünden.
Ja, und ich konnte mir genau vorstellen, wie unser Ruf nach Reue aufgenommen werden würde.
»Er wird uns für unsere Unverschämtheit bei
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