Der Gast: Roman
dann ruf ich ihn an oder fahr vorbei und besuch ihn. L. A. liegt nicht auf dem Mars. Vielleicht komm ich sowieso bald zu dir zurück, wenn du mich verlässt.«
»Dich verlassen? Ich werde dich nicht verlassen.«
»Wer sagt das?«
»Ich sage das. Ich liebe dich.«
»Das weiß ich. Aber Dinge ändern sich. Du wirst Marta treffen, wenn wir in L. A. sind. Vielleicht denkst du dann, dass ich nicht so gut dazupasse …«
»Du weißt, dass das nicht stimmt. Du warst in meinem Kopf.«
»Gefühle können sich ändern. Bis du mich getroffen hast, hast du gedacht, Marta wäre die Liebe deines Lebens. Vielleicht gehst du zurück zu ihr oder du lernst eine Neue kennen … Dann fahr ich wahrscheinlich nach Mojave zurück.«
»Das wird nicht passieren«, erklärte Neal.
»Tja, hoffentlich nicht.«
»Nein.«
Sue schwieg eine Weile, dann sagte sie: »Ich glaub nicht, dass Marta einfach verschwindet.«
»Das glaube ich auch nicht.«
»Was machen wir mit ihr?«
»Keine Ahnung. Aber wir sind nicht vor zehn oder zwölf in L. A. Sie weiß nicht, wann wir zurückkommen, und sie muss um Mitternacht bei der Arbeit sein, deshalb werden wir sie frühestens morgen treffen.«
»Wohin fahren wir, zu dir?«
»Ich bin mir nicht sicher. Das könnte gefährlich werden.«
»Vielleicht wartet dieser Rasputin da auf uns, und wir können ihn schnappen.«
»Könnte sein. Man kann nie wissen.«
»Ich kann dir eine Sache verraten, die ich weiß.«
»Was denn?«, fragte Neal.
»Wir müssen die Belohnung mit Marta teilen, falls wir sie kriegen. Das ist sonst ungerecht. Ich meine, selbst wenn du dich von ihr trennst, muss sie ihren Anteil bekommen. Sie muss die Hälfte kriegen.«
»Warum?« Neal war derselben Meinung, doch er war gespannt auf ihre Gründe.
»Erstens mag ich sie. Sie ist nett. Ich will nicht, dass sie betrogen wird. Zweitens war sie nach dem Mord für dich da. Sie war auf deiner Seite und hat dir geholfen.«
»Ja, allerdings.«
»Ich vermute, sie liebt dich.«
»Ich glaube schon.«
»Außerdem ist sie ziemlich schlau. Ich hab so das Gefühl, dass sie cleverer ist als wir beide zusammen.«
»Das könnte sein.«
»Also müssen wir drei zusammenarbeiten.«
Neal nickte. »Wir wären ein gutes Team«, sagte er. »Martas Hirn, dein Bauch und meine Pistole.«
»Das Problem ist nur«, meinte Sue, »sie hasst mich wahrscheinlich jetzt schon.«
»Ich bezweifle, dass sie dich hasst. Bis jetzt. Im Moment ist sie nur ein bisschen beunruhigt. Du bist eine Art vage Bedrohung für sie.«
»Tja, du hast mich als Volltrottel dargestellt.«
»Wart ab, bis sie dich kennenlernt.«
»Dann weiß sie, dass ich wirklich einer bin.«
»Nein. Sie wird sofort merken, dass du nicht das hirnamputierte Mädchen bist, als das ich dich am Telefon ausgegeben habe. Sie wird sehen … wie du wirklich bist. Aber sie wird auch sofort mitbekommen, dass … zwischen uns etwas läuft.«
Sue verzog das Gesicht. »Glaubst du, sie merkt, dass wir es miteinander getrieben haben?«
»In dem Moment, in dem sie uns sieht.«
»Was wird dann passieren?«
»Ich weiß es nicht.«
»Sie wird mich hassen, das steht fest.«
»Wahrscheinlich hasst sie uns dann beide.«
»Das klingt nicht so lustig.«
»Nein, ich bin sicher, dass es für alle Beteiligten schlimm wird.«
»Besonders für die arme Marta.«
»Ja.«
»Aber sie wird uns nicht umbringen, oder?«
»Ich glaube nicht.«
»Weißt du was?«, fragte Sue.
»Was?«
»Wir haben noch jede Menge Zeit. Wir sollten uns gut überlegen, ob wir es nicht anders hinkriegen.«
»Was meinst du?«
»Ich weiß nicht. Irgendwie so, dass sie nicht merkt, dass wir zusammen sind und so.«
»Wie willst du das machen? Willst du sie erschießen? Oder blenden?«
»Ich könnte mich verstecken. Wenn sie mich nie zu Gesicht bekommt …«
»Irgendwo in einem Hotel?«
»Ja, genau. Ich könnte dein stiller Partner sein. Erzähl Marta einfach, ich wär auf der Landstraße überfahren worden.«
»Dann müsste ich sie anlügen.«
»Das ist natürlich ein Problem. Man kann niemanden reinlegen, wenn man nicht lügen will.«
»Ich würde es lieber vermeiden. Sie würde mich sowieso dabei ertappen. Dafür kennt sie mich zu gut.«
Sue blickte eine Weile finster vor sich hin. »Okay. Ich will mich sowieso nicht so gerne in irgendeinem Hotel verstecken. Ohne dich. Ich finde, wir sollten zusammenbleiben.«
»Und was ist dann mit Marta?«
»Wir überlegen uns was.«
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Sie kamen um Viertel vor zwölf in der Gasse hinter
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