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Der Gast: Roman

Der Gast: Roman

Titel: Der Gast: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Meinst du, ich renn weg, während du abgestochen wirst oder so?«
    »Ich habe die Pistole.«
    »Und du hast mich. Los, gehen wir, ehe ich mir in die Hose mache.«
    »Du hast doch gar keine Unterwäsche an.«
    »Das tut nichts zur Sache.«
    »Lass mich wenigstens vorgehen.«
    »Von mir aus.«
    Sie schritten den Laubengang entlang, und Neal, der ein Stück vor Sue ging, zog die Automatik aus der Hosentasche.
    Sie gingen an seinem Panoramafenster vorbei.
    Die Vorhänge waren zugezogen. Neal konnte durch den Stoff nichts erkennen.
    Was, wenn er da drin ist?
    Wohl kaum.
    Könnte aber sein.
    Vielleicht bist du gerade noch rechtzeitig davongekommen, und seitdem sitzt er dort und wartet.
    Und hat die Glühbirne rausgedreht …
    Die Lampe ist wahrscheinlich nur durchgebrannt, sagte sich Neal.
    Er nahm die Pistole in die linke Hand und griff in die Hosentasche, um den Schlüssel herauszuholen.
    »Gib mir den Schlüssel«, flüsterte Sue. »Ich schließ die Tür auf, und du hältst dich bereit.«
    »Nein. Du bleibst da vorne stehen.« Er nickte zur Hauswand auf der anderen Seite der Tür.
    Sue ging an ihm vorbei dorthin.
    Neal schloss die Tür auf. Er ließ den Schlüssel stecken. Während die Tür in die Dunkelheit schwang, nahm er die Pistole wieder in die rechte Hand. Er blieb stehen und spähte in die Wohnung.
    Er sah nur Schatten und reglose Umrisse.
    Hörte nichts.
    Nach einem Augenblick trat er ein. Mit dem Ellbogen schaltete er das Licht ein.
    Im Wohnzimmer war niemand.
    Es hatte sich seit seiner Abreise zu The Fort nichts verändert.
    Sue tauchte hinter ihm auf. »Alles klar?«, fragte sie.
    »Bis jetzt ja. Warte hier.«
    Er eilte durch alle Zimmer, schaltete überall das Licht an, überprüfte, ob die Fenster geschlossen und unbeschädigt waren, und sah in möglichen Verstecken nach: hinter Möbeln, unter dem Bett, im Wandschrank. Bereits ehe er fertig war, war er ziemlich sicher, dass niemand eingedrungen war.
    Er kehrte ins Wohnzimmer zurück.
    Die Wohnungstür stand weit offen, doch Sue war ins Zimmer gekommen. Sie stand mit dem Gesicht zur Tür und hatte die linke Hand nach der Schalterleiste ausgestreckt.
    Der Schalter direkt neben der Tür zeigte nach oben. Es war der, den Neal mit dem Ellbogen betätigt hatte, um das Licht im Wohnzimmer einzuschalten. Der Schalter daneben zeigte nach unten.
    »Deine Birne ist nicht durchgebrannt«, sagte Sue. »Es hat sie auch niemand rausgedreht. Guck.« Sie betätigte ein paarmal den Schalter. Das Licht draußen ging an, aus, an, aus, an, aus. »Es war nicht eingeschaltet.«
    »Ich lasse es immer an«, sagte Neal.
    »Hast du es auch angelassen, als du weggefahren bist?«
    »Ich schalte es nie aus. Der Schalter ist immer an, und das Licht geht von alleine an und aus.«
    » Irgendjemand hat es aber ausgeschaltet.«
    Kopfschüttelnd schloss Neal die Tür und legte den Riegel vor. Er sah zum Lichtschalter. Sue hatte die Hand weggenommen. Beide Schalter zeigten nach oben. »Ich weiß nicht«, sagte er, »ich habe keine spezifische Erinnerung daran, ob es ein- oder ausgeschaltet war, als ich abgereist bin.«
    »Keine spezifische Erinnerung? «
    »Du hast wohl nicht viel von dem O.-J.-Simpson-Prozess gesehen.«
    Sue schüttelte den Kopf. »Nur in den Nachrichten. Ich hab bei Sunny’s gearbeitet.«
    »Ich habe während der ersten paar Monate jeden Tag zugesehen, bis es mich beinahe in den Wahnsinn getrieben hat. Dieser Mistkerl von Anwalt hat die ganze Zeit damit genervt, ob die Leute eine ›spezifische Erinnerung‹ an dieses oder jenes hätten. Ich habe keine spezifische Erinnerung daran, in welcher Stellung ich den Schalter gelassen habe.«
    »Also hast du das Licht vielleicht doch ausgeschaltet.«
    »Möglich. Aber ich glaube es nicht. Jedenfalls ist jetzt niemand hier. Und alles sieht normal aus – bis auf die Sache mit dem Licht. Soweit ich das sagen kann, hatten wir keinen Besuch.«
    »Meinst du, wir sind hier sicher?«
    »Ich glaube schon. Dies ist die vierte Nacht seit dem Mord. Wenn Rasputin bis jetzt nicht hier war …« Neal zuckte die Achseln. »Es gibt keinen Grund, warum er jetzt plötzlich auftauchen sollte.«
    »Also bleiben wir?«
    »Würde ich sagen.«
    »Okay. Warte mal kurz. Ich geh aufs Klo, dann können wir unsere Sachen aus dem Wagen holen.«
    Neal hätte beinahe vorgeschlagen, dass er das Gepäck allein holen könnte, doch er wusste, dass Sue bei ihm bleiben wollte. »Okay, ich warte hier. Das Bad ist da hinten.« Er zeigte auf den Flur. »Das Licht

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