Der Gast: Roman
Neals Wohngebäude an. Niemand schien sich dort herumzutreiben. Er konnte nichts Verdächtiges entdecken. Doch als sie sich seinem Parkplatz näherten, sagte er: »Lass uns weiterfahren. Ich möchte mich ein bisschen umsehen.«
»Was für einen Wagen fährt Marta?«, fragte Sue.
»Einen grünen Jeep Wrangler.«
»Mit Allradantrieb?«
»Ja.«
»Wow!«
»Ich glaube nicht, dass er hier steht. Sie müsste auf dem Weg zur Arbeit sein.«
»Wann hat sie frei?«
»Donnerstags und Freitags.«
»Was ist heute, Mittwoch?«
»Noch ein paar Minuten lang.«
»Also muss sie morgen und übermorgen Nacht nicht arbeiten.«
»Wenn sie nicht die Schicht getauscht hat, ohne es mir zu sagen.«
Plötzlich fiel ihm auf, dass sie in der Nähe von Karens Wohnung waren.
Was, wenn sie mich sieht?
Das wird nicht passieren. Es sei denn, sie geht vor die Tür, um den Müll wegzubringen oder so.
Doch es schien niemand in der Gasse zu sein.
»Was ist los?«, fragte Sue.
»Ich halte nur Ausschau nach einer alten Bekannten«, sagte er.
»Karen? Das Mädchen, das dir die Arme zerkratzt hat?«
Hab ich Sue von ihr erzählt?
Ach so, klar.
Gibt es eigentlich etwas, das Sue nicht über mich weiß?
»Die, die ich geschlagen habe. Ja.«
»Sie wohnt wirklich sehr nahe.«
»Ich könnte umziehen.«
»Wegen ihr?«
»Es gäbe eine Menge Gründe.«
Neal hielt am Ende der Gasse, ließ ein Auto vorbeifahren, bog auf die Straße, sofort wieder ab und fuhr an der Vorderseite des Gebäudes entlang.
»Scheint alles in Ordnung zu sein«, sagte er.
»Ich hab keinen Jeep Wrangler gesehen.«
»Ich auch nicht.« Er hielt am Ende des Blocks. »Und von Rasputin war auch nix zu sehen.«
»Nichts«, korrigierte ihn Sue. »Nichts zu sehen.«
Er schob eine Hand unter ihren Pferdeschwanz und rieb ihren Nacken. Dann zog er den Arm zurück und bog in die Seitenstraße, die zur Gasse führte.
»Gehen wir dieses Mal rein?«, fragte Sue.
»Wahrscheinlich.«
»Hoffentlich. Ich muss nämlich mal.«
»Dann sollten wir nicht länger rumtrödeln.« Er fuhr in de Gasse und beschleunigte. »Wir lassen unsere Sachen im Auto. Außer der Pistole.«
Kurz darauf erreichten sie seinen Parkplatz. Er schaltete Scheinwerfer und Motor aus und stieß seine Tür auf. Dann öffnete er auf seiner Seite die hintere Tür. Seine Reisetasche lag auf dem Boden. Er öffnete den Reißverschluss und kramte nach seiner Pistole.
Sue kam zu ihm herüber. Sie stand schweigend neben ihm.
Als wollte sie einfach in seiner Nähe sein.
Er fand die Sig Sauer ganz unten in der Tasche und zog sie heraus.
»Das ist also deine Pistole«, sagte Sue, als er sich umdrehte.
»Ja.« Neal schloss die Tür. »Gehen wir.«
Sue blieb dicht hinter ihm, während er zum Eingangstor ging. »Ist sie geladen und alles?«, fragte sie.
»Klar.« Weil er befürchtete, mit der Waffe gesehen zu werden, schob er sie in die rechte vordere Hosentasche. Doch er behielt die Hand am Griff.
»Schieß dir nicht dein Ding ab«, flüsterte Sue.
»Der Hahn ist nicht gespannt.«
»Sonst war das nämlich dein letzter Schuss.«
Neal schüttelte den Kopf. Er sah Sues weiße Zähne aufblitzen. Im Dunklen wusste er nicht, ob sie lächelte oder das Gesicht verzog.
Mit der linken Hand öffnete er das Tor. Es quietschte in den Angeln.
Sue folgte ihm hindurch und schloss es hinter sich.
Sie kam an seine Seite und sagte leise: »Du hast einen Swimmingpool.«
»Ja.«
»Ich steh auf Swimmingpools.«
Er nickte und ging auf die Treppe zu.
Der Pool war dunkel, der Hof verlassen. Über einigen Türen brannte Licht, doch die meisten Fenster waren dunkel.
In Neals Wohnung leuchtete ebenfalls kein Licht.
Er blieb stehen.
Sein Fenster zum Laubengang war dunkel. Genau wie die Lampe über dem Eingang.
»Was ist los?«, fragte Sue.
»Meine Außenlampe brennt nicht. Sie hat einen Bewegungsmelder und müsste eigentlich automatisch angehen.«
»Oh.«
»Vielleicht ist nur die Glühbirne kaputt«, sagte er. Doch er verspürte eine innere Unruhe.
»Wir gehen trotzdem hoch, oder?«
»Ich glaub schon.«
Sie begannen, die Treppe hinaufzusteigen.
Neal lauschte. Er hörte das Schnaufen der Klimaanlagen, den Verkehr in der Ferne, einen Helikopter, der ein paar Blocks entfernt kreiste, und ihre Schritte auf den Stufen.
Als sie oben ankamen, sagte er: »Vielleicht solltest du hier warten. Ich gehe rein und überprüfe, ob alles in Ordnung ist.«
»Und wenn nicht alles in Ordnung ist?«
»Lauf weg.«
»Lauf weg, so ein Quatsch.
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