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Der Gast: Roman

Der Gast: Roman

Titel: Der Gast: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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brennt.«
    »Bin sofort wieder da.«
    Er sah ihr hinterher, während sie sich mit wippendem Pferdeschwanz entfernte. Sie trug das ärmellose blaue Hemd. Es bedeckte ihren Hintern und den Großteil des schwarzen Lederrocks. Obwohl sie nicht besonders groß war, wirkten ihre schlanken Beine lang. Und sehr nackt.
    Sie verschwand im Flur.
    Ein paar Sekunden später hörte Neal, wie die Tür geschlossen wurde.
    Gleich darauf ging sie wieder auf.
    »Neal?«
    Sie klang nicht beunruhigt. Jedenfalls nicht sehr.
    »Ja?«
    »Kommst du mal? Das musst du dir ansehen.«
    Das hörte sich nicht gut an.
    Als er ins Bad kam, blickte Sue finster in die Toilettenschüssel.
    Jemand hatte nicht gespült.
    Aber die Sauerei bestand nicht aus Exkrementen.
    Blut und Gewebeband, Verpackungen von Verbänden, zusammengeknülltes Toilettenpapier, blutige Binden.
    Damenbinden.
    »Ekelhaft«, sagte Neal.
    »Ich war’s nicht«, erklärte Sue. »Ich hab nur den Deckel hochgeklappt, und so war es gewesen.«
    »Und so war es«, murmelte Neal.
    »Du solltest das nicht so ins Klo schmeißen. Gebrauchte Binden.«
    »Ich war das auch nicht«, sagte Neal.
    »Was glaubst du denn, wer es war?« Ihre Augen verrieten, dass sie bereits eine Idee hatte.
    »Er.«
    »Rasputin?«
    In einem Anflug von Schwäche lehnte sich Neal gegen das Waschbecken. »Er war also hier. Das Zeug im Klo … Er muss seine Verbände gewechselt haben.«
    Sue blickte sich um. »Er war ziemlich ordentlich.«
    »Ja. Sieht so aus, als hätte er sauber gemacht, nachdem er fertig war. Wahrscheinlich sollte ich nicht merken, dass er hier war.«
    »Er hat den Klodeckel zugemacht und vergessen, abzuziehen?«, vermutete Sue.
    »Ja.« Neal steckte die Pistole in die Hosentasche, drehte sich um und öffnete das Arzneischränkchen. Sofort fiel ihm auf, dass die Sachen verschoben worden waren, vermutlich um die Lücken zu füllen. Er brauchte einen Moment, bis er herausgefunden hatte, was fehlte: ein Fläschchen Aspirin, eine Tube mit antiseptischer Salbe, ein Dose mit Pflastern, eine große Rolle Mull und eine Rolle Gewebeband.
    Er schloss das Schränkchen, wandte sich zu Sue und berichtete es ihr. »Vielleicht fehlt auch noch etwas anderes«, sagte er. »Ich weiß es nicht.«
    Sue fletschte die Zähne. Sie sah aus, als hätte sie Schmerzen. »Wenigstens ist er nicht mehr hier, oder?«
    »Nein.«
    »Bist du sicher?«
    »Absolut. Ich habe überall nachgesehen.«
    Sue warf einen Blick in die Toilette. »Jetzt brauchst du nicht mehr darüber nachzudenken, wer deine Visitenkarte gefunden hat.«
    »Ja. Er wusste, wo er hinmuss.«
    »Wenn er es noch mal probiert, treten wir ihm in seinen erbärmlichen Arsch.«
    »Oder er in unsere.«
    »Unsere sind aber nicht erbärmlich.« Sue klopfte sich selbst auf den Hintern.
    Neal war zu aufgeregt, um ein Lächeln zustande zu bringen, und schüttelte nur den Kopf.
    »Aber erst mal«, sagte Sue, »müssen wir wegen dem Zeug da was unternehmen. Wenn man mit den Binden und so einfach spült, ist bestimmt alles verstopft.«
    »Ich weiß.«
    »Und ich muss immer noch.«
    »Okay. Warte kurz.« Neal eilte in die Küche. In der Bestecksschublade fand er eine Grillzange. Er holte den Eimer, den er zum Putzen und Autowaschen benutzte, unter der Spüle hervor und nahm die alten Schwämme und Putzlappen und die Reinigungsmittel heraus. Dann kehrte er ins Bad zurück.
    »Eine Zange?«, fragte Sue.
    »Ich fasse bestimmt nicht mit der Hand da rein.«
    Er stellte den Eimer auf den Rand der Toilette, bückte sich und tauchte die Grillzange in das blutige Wasser. Er rührte aufgeweichtes Toilettenpapier zur Seite, entdeckte eine blutige Binde und packte sie mit der Zange.
    »Was glaubst du, wo er das Zeug her hat?«, fragte Sue.
    »Vielleicht aus Elises Haus.«
    Die Binde tauchte tropfend aus dem Wasser auf. Neal warf sie in den Eimer. Sie landete mit einem feuchten Klatschen.
    »Nummer eins«, sagte er. »Bleiben noch drei.«
    »Wie oft hast du den Typen getroffen?«, fragte Sue.
    »Ich weiß nicht.« Er fischte eine weitere blutige, vollgesogene Binde heraus und ließ sie in den Eimer fallen. »Einmal habe ich ihn auf jeden Fall am Kopf erwischt. Ich bin nicht sicher, wie oft ich ihn am Körper getroffen habe. Vielleicht dreimal.« Er packte die nächste Binde und zog sie heraus. »Und es könnte auch noch Austrittswunden geben. Wenn jede Kugel getroffen hat und wieder ausgetreten ist, hat er insgesamt acht Verletzungen.«
    »Könnten aber auch vier sein«, sagte

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