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Der Gast: Roman

Der Gast: Roman

Titel: Der Gast: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Oberschenkel, als wollte sie ihre Gänsehaut vertreiben. »Er hat mich übrigens nicht vergewaltigt. Falls du dich das gefragt hast. Sonst wäre ich wohl nicht so munter … Warum zum Teufel bin ich überhaupt so munter? Es ist ja nicht so, dass ich völlig ungeschoren davongekommen wäre.«
    »Vielleicht bist du einfach nur glücklich, am Leben zu sein.«
    »Irgendwas in der Art. Wer weiß? Ich bin glimpflich davongekommen, das ist sicher. Dank dir. Mein Gott, wenn du nicht mit deiner treuen Pistole gekommen wärst …« Sie schüttelte den Kopf und strich sich erneut über die Beine. »Dann wäre ich wahrscheinlich immer noch an den Baum gebunden. Und würde um Gnade flehen.«
    »Ich bin nur froh, dass es so ausgegangen ist.«
    »Dann sind wir schon zwei, Neal. Du glaubst gar nicht, wie froh ich bin.« Sie lachte leise. »Hast du vorher schon mal jemanden gerettet?«
    »Nein. Wohl kaum.«
    »Was für eine Belohnung hältst du für angemessen, wenn man jemanden aus … so einer Situation rettet?«
    Neal errötete. Doch er war sich sicher, dass Elise es nicht sehen konnte. »Ich will keine Belohnung«, sagte er.
    »Ob du sie willst oder nicht, du wirst sie bekommen.«
    Er blickte sie an. Sie lächelte.
    »Ich nehme kein Geld von dir«, beharrte er.
    »Warum nicht? Bist du reich?«
    »Ich bin Aushilfslehrer an der Highschool.«
    »Und?«
    »Und was?«, fragte er.
    »Was noch? Du bist Aushilfslehrer und wohnst in Los Angeles. Also versuchst du, ins Filmgeschäft einzusteigen. Aber nicht als Schauspieler. Das passt nicht zu dir. Drehbuchautor?«
    Er schüttelte überrascht den Kopf. »Stimmt.«
    »Und Krimis sind dein Spezialgebiet?«
    »Du musst übernatürliche Fähigkeiten haben.«
    »Ich bin nur aufmerksam«, sagte sie.
    »Und was machst du?«
    »Wenn ich nicht von Psychopathen entführt werde?«
    »Genau.«
    »Meistens lass ich mich treiben. Hattest du schon Erfolg mit deinen Drehbüchern?«
    »Nicht der Rede wert.«
    »Und du bist Aushilfslehrer. Bist du sicher, dass du das Geld ablehnen solltest?«
    »Ich nehme kein Geld dafür, dass ich dich gerettet habe. Auf keinen Fall. Niemals.«
    »Okay«, sagte sie.
    »Gut«, sagte er.
    »Das ist es auch nicht, was ich dir heute Nacht geben möchte.«
    »Gut, denn ich würde es nicht nehmen.«
    »Ich werde dir etwas viel Wertvolleres als Geld geben.«
    »Und was soll das sein?«
    »Das wirst du schon sehen.«

5
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    Er hielt an dem Tor vor Elises Haus. Durch die schmiedeeisernen Gitterstäbe sah er, dass die Einfahrt zu einer Garage mit geschlossenem Tor führte.
    »Warte hier, ich mach das Tor auf«, sagte Elise.
    »Gut.«
    Sie stieg aus und ging vor dem Wagen her. Neal betrachtete sie im Licht der Scheinwerfer. Bei jedem Schritt bewegte sich das Hemd über ihren Hinterbacken. Darunter waren ihre langen, schlanken Beine zu sehen. Noch immer trug sie die Schuhe, die sie ihrem Peiniger abgenommen hatte. Sie wirkten zu groß, aber sie schien gut darin laufen zu können.
    An dem Pfosten neben dem Tor gab sie auf einem Tastenfeld eine Nummer ein – ihren Zugangscode, vermutete Neal.
    Als das Tor aufschwang, ging sie voraus, trat zur Seite und winkte Neal herein. Er fuhr hindurch. Kaum hatte er neben ihr angehalten, öffnete sich die Beifahrertür, und Elise beugte sich hinein.
    »Komm ins Haus«, sagte sie.
    »Ich sollte jetzt wirklich nach Hause fahren«, entgegnete er.
    Wenn er sich nicht noch mehr mit dieser Frau einlassen wollte, wäre es am besten, sie einfach abzusetzen und wegzufahren, hatte er sich überlegt. Falls er mit ihr ins Haus ging, konnte alles Mögliche geschehen.
    Zumindest würde sie wieder mit der Belohnung anfangen.
    »Komm nur für ein paar Minuten rein«, sagte Elise. »Ich habe etwas für dich.«
    »Ich möchte nichts. Ehrlich.«
    Sie lächelte. »Solltest du nicht abwarten, was es ist?«
    »Nein, ich glaub nicht.«
    »Okay, dann komm rein und trink etwas mit mir.«
    »Ich sollte besser nach Hause fahren.«
    »Bitte.«
    Aus der Art, wie sie das sagte, schloss Neal, dass sie Angst hatte, allein ins Haus zu gehen.
    Da hätte ich auch früher draufkommen können. Nach dem, was sie heute Nacht durchgemacht hat …
    Plötzlich kam er sich vor wie ein Idiot. Er hätte ihr anbieten sollen, mit hineinzugehen und sich umzusehen, ob alles in Ordnung war.
    »Gut«, sagte er. »Aber nur ein paar Minuten.«
    »Toll. Danke.« Sie trat vom Auto zurück und schlug die Tür zu.
    Neal stieg aus. Sie begegneten sich vor dem Auto.
    »Ich habe keinen Schlüssel«, sagte

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