Der Gast: Roman
fragt, wer Elise ist? Du weißt doch auch so, wer ich bin.«
»Aber nicht deinen Nachnamen.«
Sie wirkte etwas überrascht und amüsiert. »Du hast recht. Seltsam. Ich habe das Gefühl, wir wären alte Freunde, aber … Ich weiß deinen Nachnamen auch nicht, stimmt’s?«
»Es sei denn, du hast meine Gedanken gelesen.«
Vielleicht hat sie das tatsächlich getan, dachte er plötzlich. Was, wenn sie das Armband bei mir benutzt hat?
»Ich verrate dir meinen«, sagte sie, »wenn du mir deinen verrätst.«
Er spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss.
»Darden«, murmelte er. »Neal Darden.«
Sie streckte ihm über die Theke die Hand entgegen. »Freut mich, dich kennenzulernen, Neal Darden. Ich bin Elise Waters.«
Er schüttelte ihre Hand. Sie fühlte sich von dem Glas kühl an.
Sie hielt ihn fest. »Geht’s dir nicht gut? Was ist los mit dir?«
»Nichts.«
»Hey, komm schon. Du kannst es mir sagen. Nach all dem, was wir durchgemacht haben, oder?«
Neal verzog das Gesicht. Ihm war schrecklich heiß, und er verspürte eine innere Unruhe. »Ich … mir kam nur plötzlich … es ist in Ordnung, wenn du es getan hast. Ich meine, ich war in dir, deshalb wäre es nur gerecht.«
»Ich verstehe kein Wort.«
»Mir war es nur plötzlich peinlich«, erklärte er, während ihm schon klar wurde, dass sie ihm wohl keinen heimlichen Besuch abgestattet hatte. Doch es war zu spät, um einen Rückzieher zu machen. »Es kam mir in den Sinn, dass du vielleicht das Armband bei mir benutzt haben könntest.«
Lächelnd zog sie die Brauen hoch. »Wann hätte ich das tun sollen?«
»Vielleicht, während ich geduscht habe. Aber …«
»Ah. Ich verstehe. Kein Wunder, dass du so rot im Gesicht bist.«
»Du hast es aber nicht getan. Oder doch.« Es war keine richtige Frage.
»Nein.«
Er versuchte zu lachen. »Das ist eine große Erleichterung.«
Neal war wirklich erleichtert. Aber auch beschämt, weil er das Thema aufgebracht hatte.
Und er empfand noch etwas anderes.
Elise hielt immer noch seine Hand. »Sonst noch was?«
»Ich weiß nicht. Ich glaube … auf eine Art wünschte ich, du hättest es doch getan.«
Ihr Griff um seine Hand verstärkte sich. Sie sah ihm lang in die Augen. »Wenn du es möchtest«, sagte sie schließlich, »werde ich es tun.«
Unter der Dusche?, fragte er sich.
Was, wenn ich in der Dusche bin, völlig nackt, und weiß, dass sie in mir ist, und an sie denke und dabei einen Ständer bekomme?
Unter dem Bademantel begann sein Penis anzuschwellen.
»Du solltest lieber noch mal darüber nachdenken«, sagte Elise. »Bist du sicher, dass du mich in dir haben willst? Du warst in mir, deshalb weißt du, wie es ist. Ich würde alles mitbekommen, was in dir vorgeht.«
Alles.
Er brachte ein Lächeln zustande, von dem er wusste, dass es jämmerlich wirkte. »Also, vielleicht ist es doch nicht so eine tolle Idee.«
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Neal stand neben Elise, die vor dem Trockner hockte und die Wäsche herausnahm: seine Shorts, einen Socken, sein Hemd, den anderen Socken und seine Unterhose. Sie drückte sich die Sachen an die Brust und stand auf.
»Ich kann die Klamotten nehmen«, sagte Neal. Er streckte die Arme aus und nahm sie ihr ab. Er hatte sie dabei nicht berühren wollen, doch mit der Außenseite der rechten Hand streifte er versehentlich das Pyjamaoberteil und spürte ihre Haut unter dem Satin. »Entschuldigung«, murmelte er.
»Kein Problem.« Sie zuckte die Achseln. »Ich gehöre voll und ganz dir, hast du das vergessen? Du kannst mich nach Herzenslust ansehen oder berühren.«
»O Gott. Führ mich nicht in Versuchung.«
»Denk bloß dran, wenn du dich jemals von Marta trennst …«
»Ich glaub kaum, dass ich das vergessen werde.«
»Jedenfalls ist dein Hemd ziemlich ruiniert«, sagte sie. »Ich gebe dir gern eines von meinen.«
»Dein letztes Hemd?«, fragte er und errötete wieder.
»Was immer du willst.«
»Ich kann meins anziehen, bis ich zu Hause bin«, sagte er.
»Wie du möchtest.«
»Das ist kein Problem.«
Im Bad hängte Neal den Bademantel zurück an die Tür und schlüpfte in seine Kleider. Nachdem er seinen Gürtel angelegt hatte, steckte er Brieftasche, Pistole, Patronenhülsen, Autoschlüssel und Taschentücher zurück in die Taschen seiner Shorts. Dann stieg er in seine Schuhe und band sie zu. In einer Tasche des Bademantels fand er den Zettel mit Elises Telefonnummer. Er faltete ihn, schob ihn in seine Brieftasche und trat hinaus in den Flur.
Er fand Elise in der Küche, wo sie
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