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Der Gast: Roman

Der Gast: Roman

Titel: Der Gast: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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gerade ihre Gläser ausspülte.
    Als sie sich umdrehte, breitete er die Arme aus. »Das Hemd ist einwandfrei.«
    »Bis auf die Blutflecke, die nicht rausgegangen sind. Und die Risse.«
    »Macht nichts. Aber an dir sah es viel besser aus.«
    »Ansichtssache.« Sie trocknete sich die Hände ab.
    »Also«, sagte er. »Ich glaub, es wird Zeit, dass ich mich auf die Socken mache.«
    Sie kam zu ihm. »Hast du meine Nummer?«
    Neal klopfte auf seine Hosentasche.
    Sie legte die Hände auf seine Schultern. »Melde dich bei mir, ja?«
    »Mach ich.«
    »Und noch etwas: Die Sache mit dem Testament war ernst gemeint.«
    »Das solltest du lieber lassen.«
    »Ich brauche deine Adresse und Telefonnummer. Hast du eine Visitenkarte?«
    »Ja, klar.«
    Während er die Brieftasche herauszog, nahm Elise die Hände von seinen Schultern und trat einen Schritt zurück. Sie sah zu, wie er eine Karte aus dem Fach zog. Er gab sie ihr, und sie las sie. Dann blickte sie zu ihm auf. »Keine süße kleine Schreibmaschine oder ein Tintenfass?«
    »Willst du mich auf den Arm nehmen?«
    »Woher weiß ich, dass du wirklich Schriftsteller bist?«
    »Du kannst es nicht wissen.«
    Grinsend schob sie die Karte in die Tasche über ihrer linken Brust.
    »Gut«, sagte er. »Ich sollte jetzt besser gehen.«
    »Dieses Mal kannst du den Vordereingang benutzen.«
    Sie gingen nebeneinander zur Tür. Sie öffnete sie für Neal und trat mit ihm hinaus. »Findest du von hier aus nach Hause?«
    »Ich glaub schon.« Er nickte nach links. »Der San Vicente Boulevard liegt in dieser Richtung, oder?«
    »Ja.«
    Er wandte sich Elise zu. Das Verandalicht brannte. Sie sah wunderschön aus in dem sanften Schein.
    Ich muss verrückt sein, dass ich gehe, dachte er.
    Ja, und was würde Marta dazu sagen?
    Wen kümmert’s?
    Mich. Offensichtlich. Sonst würde ich nicht gehen.
    Er seufzte. »Also. Danke für das Armband.«
    »Mach das Beste draus. Und danke, dass du mir das Leben gerettet hast.«
    »Das war nur Glück, glaub ich. Aber weißt du was? Ich habe irgendwie das Gefühl, dass es mit meinem Leben von nun an bergab geht.«
    »Na toll.«
    »Nein, so meine ich das nicht. Es ist nur … ich werde wahrscheinlich nie wieder so etwas Wichtiges tun, wie dich zu retten. Also muss es stark nachlassen.«
    Lächelnd schüttelte Elise den Kopf. »Verlass dich nicht drauf.«
    »Tja …«
    »Wie wär’s mit einem Kuss?«, fragte sie.
    »Hm, ich weiß nicht.«
    »Keine Angst, ich versuche nicht, dich zu verführen.«
    »Das vielleicht nicht. Aber es könnte sein, dass ich mich gehen lasse.«
    »Du willst der Versuchung aus dem Weg gehen?«
    »Könnte man sagen.«
    »Deine Marta, sie kann sich glücklich schätzen.«
    »Ach, ich weiß nicht.«
    »Sie hat einen treuen Freund. Der obendrein noch ein Held ist.«
    »Ich bin kein Held.«
    »Natürlich bist du das.« Mit einem Lächeln sagte sie: »Du willst mich also ungeküsst hier stehen lassen?«
    »Ich würde dich gern küssen. Es ist nur … wie gesagt.«
    »Gut, dann schließen wir einen Kompromiss. Ein freundschaftlicher Kuss. Ein unschuldiger Kuss.«
    »Ohne Umarmung«, fügte er hinzu.
    »Du lässt mich geküsst, aber unumarmt zurück.«
    Neal lachte leise.
    »Okay«, sagte sie. »Ich nehme, was ich kriegen kann.« Sie kam näher, blieb jedoch stehen, ehe sie sich berührten. Dann drehte sie den Kopf zur Seite und bot ihm die Wange dar.
    Er beugte sich vor, um sie zu küssen.
    Schnell drehte sie den Kopf.
    Ein alter Trick. Uralt. Beinahe hätte er gelacht, doch bei der Berührung ihrer Lippen löste sich dieser Drang schnell in Luft auf.
    Während er wegfuhr, dachte er über den Kuss nach. Er lächelte bei dem Gedanken an den Streich, den sie ihm gespielt hatte. Dann seufzte er, als er sich daran erinnerte, wie sich ihre Lippen angefühlt hatten.
    Er hatte die Hände auf ihre Taille gelegt und sie an sich ziehen wollen, doch Elise hatte sich von ihm gelöst und gesagt: »Hey, umarmen ist verboten.«
    Gut, dass sie mich gebremst hat, dachte er.
    Aber es war schmerzlich gewesen. Er hätte sie so gern in den Armen gehalten, sie fest an sich gedrückt und ihren ganzen Körper gespürt.
    Ich könnte zurückfahren.
    Ja, klar. Das wäre das Ende von Marta und mir. Man serviert jemanden wie sie nicht einfach ab, nur weil man der großartigsten Frau der Welt über den Weg läuft … die zufälligerweise auch noch intelligent und einfühlsam und lustig ist, die reich ist, die unendlich dankbar ist, weil ich ihr das Leben gerettet habe.
    Nicht

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