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Der Gast: Roman

Der Gast: Roman

Titel: Der Gast: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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mal versucht, in meinen Kopf zu kommen? Man wird es nie erfahren. Es sei denn, er erzählt es. Es würde mir nichts ausmachen. Ich frage mich, ob er gerade hier drin ist. »Hallo, hallo, wo immer du bist. Neal? Bist du hier drin?«
    Aber sicher, dachte er.
    Ich glaube nicht. Leider.
    Sie spuckte noch einmal ins Waschbecken, spülte die Zahnbürste ab und putzte sich weiter die Zähne.
    Schau, schau, er ist nicht in der Frau.
    Oder vielleicht doch.
    Neal bemerkte, wie ihre Brüste durch die schnellen Armbewegungen wippten. Er spürte die Nippel über die Innenseite des Pyjamaoberteils reiben. Elise schien all das nicht zu interessieren.
    Natürlich nicht, dachte Neal. Es sind ja ihre Brüste. Sie ist daran gewöhnt.
    Er konzentrierte sich wieder auf ihre Gedanken, als sie die Zahnbürste abspülte und weglegte.
    Alka-Seltzer oder Aspirin? Wie wär’s mit beidem? Etwas für den Kater und etwas für meine ganzen Quetschungen, Abschürfungen und Stichwunden.
    So bin ich: Immer einen Stich besser.
    Ha, ha, ha.
    Wie konnte dieses Schwein nur solche Sachen mit mir machen? Mein Gott, er hat mich gebissen.
    Neal spürte eine kühle Leere in ihrer Leistengegend. Sie presste die Schenkel zusammen, und er empfand ein Kribbeln.
    Soll ich zum Arzt gehen? Ja, klar. Das wäre bestimmt lustig. Was haben Sie denn für ein Problem, meine Liebe? Ach, nichts Besonderes, ich hatte nur eine kurze Auseinandersetzung mit einem sadistischen …
    Sie holte eine Folienpackung Alka-Seltzer aus einem Kästchen im Medizinschrank und sah sich nach ihrem Glas um.
    Ach ja. In der Spülmaschine. Hab ich heute Morgen reingestellt. Nein, gestern Morgen. Genau. So’n Mist.
    In einer tieferen Schicht ihres Bewusstseins stellte sie sich vor, das Alka-Seltzer in ihrer hohlen Hand aufzulösen. Das würde bestimmt kitzeln.
    Für die Nummer bin ich nicht besoffen genug. Ein anderes Mal vielleicht. Oder auch nicht.
    Sie steckte das Päckchen in die Brusttasche. Neal spürte es an ihrem Nippel.
    Elise nahm eine Plastikdose mit Aspirin aus einem der Fächer, machte den Deckel auf und schüttete sich zwei Pillen in die Hand. Dann stellte sie die Dose zurück ins Schränkchen und schloss die Tür.
    Sie verließ das Bad und ging über den weichen Teppich ihres Schlafzimmers in die Diele.
    Neal vermutete, dass sie ein Glas holen wollte.
    Das Gesellschaftszimmer vor ihr war dunkel.
    Er spürte, wie ein Angstschauder über ihre Haut lief.
    Seit wann fürchte ich mich im Dunkeln? Vergiss es, das Schwein ist tot. Hinüber. Erledigt. Er hat den Löffel abgegeben, ins Gras gebissen, den Abgang gemacht.
    Du irrst dich!, schoss es Neal durch den Kopf.
    Und dann dachte er, mein Gott, ich muss sie warnen!
    Deshalb bin ich doch hergekommen. Ich habe nicht die ganze Nacht Zeit. Mein verdammter Körper sitzt allein im Auto. Nicht auszudenken, was alles passieren kann …
    Was, wenn ich Angst bekomme, im Dunkeln aus dem Haus zu gehen?
    Elise durchquerte das Zimmer. Sie wollte zur Bar, nahm Neal an. Da standen reichlich Gläser. Es war näher als die Küche.
    Blöde Sache. Eigentlich sollte ich jetzt sofort nach draußen gehen, ein paar Runden schwimmen und ein paar Sprünge machen.
    Er konnte ihre Aufregung fühlen, als sie sich der Glasschiebetür näherte und hinaus auf den mondbeschienenen Pool blickte.
    Nicht besonders clever. Die ganzen Pflaster würden sich vollsaugen. Außerdem könnte ich wegen Trunkenheit am Beckenrand verhaftet werden.
    Sie lachte.
    Statt nach dem Türgriff zu greifen, trat sie hinter die Theke. Sie drückte auf einen Schalter, und über der Spüle ging das Licht an. Als sie sich streckte, um eine Schranktür zu öffnen, spürte Neal, wie sich an der Unterseite ihrer rechten Brust der Klebestreifen eines Pflasters löste.
    Mist.
    Sie betrachtete die Gläserreihen, griff nach oben, nahm ein ziemlich großes Wasserglas heraus und stellte es auf die Theke. Dann schob sie die Hand unter ihr Pyjamaoberteil, um das Pflaster wieder anzukleben.
    Hält sowieso nicht. Warum in Gottes Namen schaffen sie es nicht, Pflaster herzustellen, die bleiben, wo man sie hinklebt?
    Sie ertastete den herabbaumelnden Streifen. Das untere Ende klebte noch an ihrem Brustkorb.
    Ich hätte es quer aufkleben sollten, nicht von unten nach oben.
    In einem Denkprozess, der ohne Worte auskam, ähnlich dem von vorhin, als sie überlegt hatte, das Alka-Seltzer aus der Handfläche zu trinken, fragte sich Elise, ob sie das Pflaster ganz ablösen und horizontal wieder aufkleben sollte. Doch

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