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Der Gast: Roman

Der Gast: Roman

Titel: Der Gast: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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und schaltete das Licht aus. Er verriegelte die Türen. Nachdem er sich kurz umgesehen hatte, um sicherzugehen, dass niemand in der Nähe war, hob er das rechte Handgelenk an den Mund.
    Warte einen Augenblick, dachte er. Ich denke lieber noch einmal darüber nach. Was ist, wenn der Mistkerl da ist? Und ich in seinen Körper flitze?
    Geht nicht, jedenfalls nicht, wenn er tot ist.
    Obwohl, sicher kann man sich nicht sein, korrigierte er sich. Elise hatte nichts darüber gesagt, ob man in Tote eindringen konnte, sie hatte nur davor gewarnt, sich in einem Sterbenden zu befinden.
    Was durchaus passieren konnte.
    Der Mann stand vielleicht am Rande des Abgrunds und könnte hinabstürzen, während Neal in ihm wäre.
    Ich springe schnell wieder raus, sagte er sich.
    Falls der Kerl überhaupt da ist.
    Er schloss die Augen und küsste das Armband. Schon während seine Lippen das warme Gold berührten, spürte er, wie er schwerelos aus seinem Körper aufstieg. Einen Augenblick fürchtete er, das Autodach könnte ihn aufhalten, doch er glitt hindurch. Er schwebte über dem Wagen.
    Aufregend, dachte er.
    Das kann eigentlich nur ein Traum sein.
    Analysiere es ein andermal. Suche nach Rasputin.
    Ohne den baumbestandenen Streifen unterhalb der Autobahnböschung aus den Augen zu lassen, flog Neal über das Feld. Es schien nur ein paar Sekunden zu dauern, bis er sich auf der dunklen Böschung wiederfand. Er sah den Baum, an dem Elise gequält worden war. Schnell drehte er sich um und schoss zu der Stelle, an der sie den Mann zurückgelassen hatten.
    Der Grabhügel aus Unkraut und Gebüsch war auseinandergerissen und in der Gegend verstreut worden.
    Weg hier!
    Er raste von der Lichtung, über das Feld und durch das Autodach. Die feste Masse seines Körpers schien ihn zu erdrücken. Er spürte das Gewicht, die Müdigkeit, die Schmerzen.
    Schnell sah er sich um.
    Niemand kam.
    Gut, dachte er, was jetzt? Er ist verschwunden. Rasputin ist aus dem Grabe auferstanden. Ich habe das Schwein doch nicht umgebracht.
    Es sei denn, jemand ist gekommen und hat ihn geholt.
    Doch das kam ihm nicht sehr wahrscheinlich vor.
    Er stellte sich vor, wie der Hügel aus Grünzeug auseinanderfiel, als der Mann sich erhob, wie die schlaksige Gestalt mühsam auf die Beine kam, blutend und stöhnend über das Feld humpelte, auf den Fahrersitz des Lieferwagens kletterte, den Motor anließ und davonfuhr.
    Wohin?, fragte er sich.
    Am ehesten wohl ins Krankenhaus.
    Aber was, wenn er zu Elise fährt?

10
    10
    Neal spürte, wie ihn eine heiße Welle von Panik überspülte.
    Der Mann könnte jetzt schon an ihrem Haus sein. Sie schon geschnappt haben. Sie könnte bereits wieder seine Gefangene sein – oder tot.
    Andererseits war er vielleicht erst auf dem Weg zu ihr.
    Oder kam gerade an.
    Oder fuhr überhaupt nicht zu Elise.
    Ich muss davon ausgehen, dass er hinter ihr her ist, sagte sich Neal.
    Was soll ich tun?
    Sie retten. Irgendwie.
    Okay, aber wie?
    Die Polizei verständigen? Sie könnte in ein paar Minuten bei ihrem Haus sein – aber nur, wenn sie jemand anrief.
    Neal hatte kein Autotelefon.
    Bis zu seiner Wohnung würde er mindestens fünf Minuten fahren. Er nahm an, dass es irgendwo in der Nähe eine Telefonzelle gab – vielleicht drüben beim Video City.
    In den Häusern auf der anderen Straßenseite gab es bestimmt auch Telefone.
    Er sah auf die Uhr am Armaturenbrett: zehn vor drei.
    Wie bringt man zu dieser Zeit jemanden dazu, die Tür zu öffnen?
    Er vermutete, dass es mindestens fünf Minuten dauern würde, zu einem Telefon zu gelangen und die Polizei anzurufen. Und die Polizei würde anschließend mindesten drei bis fünf Minuten brauchen, bis sie bei Elises Haus war.
    Zu lange!
    Vergiss die Polizei – ruf Elise an. Warne sie. Sag ihr, sie soll verschwinden.
    Genau, dachte er. Willst du fünf Minuten verschwenden, um zu einem Telefon zu kommen?
    Er küsste das Armband.
    Er wurde aus dem Körper gehoben, ließ das Auto hinter sich und stieg schnell in nördlicher Richtung auf.
    Nicht zu weit nach oben, ermahnte er sich. Das ist Zeitverschwendung.
    Er überquerte den Santa Monica Highway in einer Höhe von etwa fünfzehn Metern. Autos und Lastwagen rasten auf den Spuren unter ihm vorbei. Er war sich vage bewusst, dass er gerade ein unglaubliches Erlebnis hatte, konnte es aber nicht entsprechend würdigen.
    Er hatte zu große Angst um Elise.
    Der Flug bedeutete nur eines für ihn: die schnellste Methode, nach Brentwood zu gelangen.
    Hoffte er

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