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Der Gastprofessor

Der Gastprofessor

Titel: Der Gastprofessor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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wir uns erst noch Lasagne auf Kosten des Hauses, und dann verhaften wir die Täterin. Ja, bis dann.«
    Der Sheriff taucht in der Tür seines Büros auf. »Norman«, belfert er.
    Erschrocken schauen die Karten spielenden Hilfssheriffs und ihr Stiefel putzender Kollege auf. Norman kommt aus seinem Kabuff geschossen.
    »Ich schätz, ich hab die Serienmorde aufgeklärt«, verkündet der Sheriff. »Könnt ihr euch noch an das Hörgerät erinnern, das wir in Honeycuts Tasche gefunden haben? Also, auf ein Tip von eim verantwortungsbewußten Bürger hin, der hier anwesend is, hab ich das Ding beim Hörgerätezentrum Hornell testen lassen. Die Leistung von dem Hörgerät entspricht der Schwerhörigkeit von dem Handlanger drüben am Chaos-Institut, der zufällig auch der Erbe von der Gebrauchtwagenhandlung von dem dahingeschiedenen Mr. Honeycut is.«
    »Solln wir für die Verhaftung die Staatspolizei holen?« will Norman wissen.
    »Kommt nich in Frage. Den ihre Kriminalabteilung hat sich bei diesen Morden nich grade ein Ruhmesblatt verdient. Wir ham sie aufgeklärt. Also lassen wir uns das auch gutschreiben.« Der Sheriff zieht seinen Pistolengurt am Bauch hoch. »Du hältst hier die Stellung, Wallace«, befiehlt der Sheriff dem Hilfssheriff, der vorhin seine Stiefel poliert hat. »Bobby, Bubba, Norman und ich, wir holn jetz den Haftbefehl und dann komm wir in die Zeitung. Sie könn gern mitkomm, Mr. Falk. Sie ham sich’s verdient.«
    Lemuel hat Mühe, seine Stimme im Zaum zu halten. »Ich muß zurück nach Backwater. Ich muß wichtige Arbeiten am Computer erledigen.«
    »Kommen Sie schon, Lem«, drängt Norman. »Wenigstens komm Sie wieder mal ins Fernsehn.«
    »Hey, nein, wirklich.«
    »Sie solltn uns wirklich begleitn«, verfügt der Sheriff. »Schließlich und endlich, wo Sie bei der Sache mit der Deponie Ihr Leben aufs Spiel gesetzt ham, ham wir mit Ihn bessere Aussichtn, in die beste Fernsehzeit zu komm.«

6. KAPITEL
    Ich kann zu Ihnen sagen, wenn es darum geht zuzusehen, wie jemand verhaftet wird, bin ich – ich wollte, es wäre anders – kein unbeschriebenes Blatt. Ich habe bereits von der jungen Frau erzählt, zu der mich wilde, quälende Liebe packte, als sie an den Haaren über das Pflaster vor dem Smolny-Institut geschleift wurde. Und auch, wie ich zum Verhör gebracht wurde, als eine meiner beiden Unterschriften auf einer Petition aufgetaucht war. Ich war alles andere als begeistert von der Aussicht, bei der Verhaftung des »Täters«, wie der Sheriff sich mit der Vorliebe des Bürokraten für menschenverachtenden Jargon ausdrückte, dabei sein zu müssen. (Letzten Endes ist es wohl leichter, Menschen festzunehmen, wenn sie nicht mit einem Henkel ausgestattet sind.) Das dumme war nur, daß ich mich nicht drücken konnte, ohne Norman auf die Möglichkeit aufmerksam zu machen, daß ich ihn bei der Besprechung von Rains Verhaftung belauscht hatte.
    Also berichte ich jetzt von der Verhaftung des mutmaßlichen Täters.
    Ich will mit dem Wetter beginnen. Im großen Weltenplan ist angeblich vorgesehen, daß Aprilschauer unerbittlich zur Maiblüte führen, aber in dem Jahr hatte wohl jemand seine Instruktionen nicht bekommen. Es war ein scheußlicher, klatschnasser Maiabend, zweifellos die Spätfolge einer geringfügigen Turbulenz, die ein Nachtfalter irgendwo in Sibirien mit einem Schwirren seiner Flügel ausgelöst hatte. Dicke Regentränen platzten schneller an der Windschutzscheibe, als die mit halsbrecherischem Tempo laufenden Scheibenwischer sie beseitigen konnten. Das war auch der Grund, warum alles, was ich beobachtete, verschwommen war, erst wegen des Regens und dann wegen der Tränen, die mir aus den Augen liefen, warum, werde ich Ihnen noch sagen.
    Vielleicht.
    Ich saß hinten im Auto des Sheriffs, als wir ganz langsam auf das Gelände von Purchase Honeycuts Gebrauchtwagen-Basar am Ortsrand von Hornell fuhren. Der andere Wagen, in dem Bobby und Bubba saßen, fuhr die Auffahrt auf der anderen Seite des Geländes hinauf und blockierte die Einfahrt. Die vier Scheinwerfer beleuchteten das ebenerdige, rundum verglaste Gebäude. Norman nahm das Automikrofon vom Armaturenbrett.
    »Habt ihr schon was von den Fernsehfritzen gesehn?« fragte er Bubba über Funk.
    Ich notierte mir »Fernsehfritze« auf der Rückseite eines Umschlags, als das Funkgerät plötzlich loskreischte.
    ». komm sie grade.«
    Ein weißer Lieferwagen mit der Aufschrift CHANNEL 8 NEWS hielt am Straßenrand. Ein Mann sprang heraus, schulterte

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