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Der Gastprofessor

Der Gastprofessor

Titel: Der Gastprofessor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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eine lange Kamera, die ebenfalls den Schriftzug von Channel 8 News trug, und fing zu filmen an.
    »Hier verdienen wir unser Brot«, sagte der Sheriff.
    Er hatte einen gelben Feuerwehr-Regenmantel an und trug ein batteriebetriebenes Megaphon und einen Revolver, den er hinter seinem Rücken versteckte. Er machte mir ein Zeichen, daß ich das Fenster herunterkurbeln sollte.
    »Sie bleiben im Wagen sitzn«, sagte er, »falls der Täter sich der Festnahme widersetzn sollte.« Bei dieser Anspielung auf eine mögliche Schießerei funkelten seine Augen, als ob er sich schon vorstellte, wie groß die Schlagzeilen sein würden.
    Der Sheriff überzeugte sich, daß die Fernsehleute auch wirklich drehten, und wedelte dann mit dem Megaphon in Bubbas und Bobbys Richtung, die daraufhin die Pistole zo gen und sich in Bewegung setzten. Im Gleichschritt wateten er und Norman durch eine riesige Pfütze auf das Glashaus zu, dessen Neonschild Purchase from Purchase über der Eingangstür zischte, als würde es Pferdebremsen per Stromschlag grillen.
    Eine Gestalt erschien in der offenen Glastür.
    Der Sheriff und seine drei Gehilfen blieben schlagartig stehen. Der Sheriff setzte das Megaphon an den Mund.
    »Hier spricht Chester Combes, der Kreis.«
    Ein ohrenbetäubendes Jaulen aus dem Megaphon erstickte seine Worte.
    »Wie gesagt, hier spricht Chester Combes, der Kreissheriff. Ich hab mir gedacht, ich könnt ein paar Takte mit dir reden, Word.«
    »Über was?« rief der Mann an der Tür in den Regen.
    »Über das Ableben von Purchase Honeycut und den neunzehn andern Mordopfern.«
    Word Perkins kicherte hysterisch. »Ein Schwachkopf wie du war da nie von allein draufgekomm. Ich geh jede Wette ein, daß du dir hast Hilfe holen müssen bei dem Gasprofessa, der nich auf dem hockt, was er weiß – daß er hergegang is und dir die Lösung geschenkt hat.«
    Ich sah, daß Word seine Augen mit der Hand beschattete und in die Scheinwerfer blinzelte. »Sie sin doch da draußn, oder, Professa aus Petasburg?« rief er.
    Ich machte mich möglichst klein und sah zu, wie sich der Sheriff mit dem Revolverlauf im Nacken kratzte. »Den Teil, wo der mich ein Schwachkopf nennt, müßt ihr rausschneidn, Jungs«, rief er den Fernsehleuten durchs Megaphon zu. Er drehte sich wieder um und machte einen Schritt auf das zischelnde Neonschild zu. Die Hilfssheriffs näherten sich aus verschiedenen Richtungen dem Haus.
    »Word Perkins«, bellte der Sheriff durchs Megaphon, »es ist meine Pflicht, dir zu sagn, daß alles, was du sagst, als Beweis gegen dich.«
     
    Durch den an der Windschutzscheibe herabströmenden Regen sah ich, wie der Täter sich ans Ohr griff und das Hörgerät herausriß. Dann trat er mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung zurück, warf die Glastür zu, bückte sich und drehte den Schlüssel in dem Schloß unten an der Tür. Der Sheriff und seine Hilfssheriffs stürmten auf das Gebäude los. Der Sheriff trat gegen die Glastür, aber die rührte sich nicht. Er richtete seinen Revolver auf den Mann drinnen.
    »Ich befehl dir, die Tür aufzumachen, sonst mach ich sie auf«, brüllte er durchs Megaphon.
    Word Perkins zuckte die Achseln und schüttelte den Kopf, um anzudeuten, daß er nicht verstand, was der Sheriff sagte. Er zog sich zurück und verschwand in einem Büro mit gläsernen Trennwänden. Ich sah, daß er einen Registraturschrank aufriß und ein paar Stapel Papier auf den Boden warf, bevor er einen Gegenstand herausholte, der in ein Stück Stoff eingewickelt war. Langsam und, so kam es mir von weitem vor, verloren in der unheimlich stillen Welt, in der man seine eigenen Schritte nicht hört, kam er wieder nach vorn in den Ausstellungsraum und trat, durch die verschlossene Glastür von ihnen getrennt, dem Sheriff und seinen drei Gehilfen gegenüber. Der Kameramann stellte sich hinter den Sheriff und filmte über dessen Schulter.
    Word Perkins schälte den Gegenstand aus dem Tuch, als ob er eine Orange pellt. Der Gegenstand entpuppte sich als stupsnasiger Revolver. Der Sheriff und die drei Hilfssheriffs gingen in die Hocke, die Pistolen im beidhändigen Anschlag. Word Perkins nahm in aller Ruhe eine Patrone aus den Falten des Tuches und rieb die Spitze der Kugel an etwas, was später als Knoblauchzehe identifiziert wurde. Mit dem Daumen drückte er die Patrone in die Kammer, dann hob er den Revolver hoch und steckte sich den Lauf ins linke Ohr.
     
    »Das machst du nicht!« schrie der Sheriff durchs Megaphon, aber der Täter konnte ihn

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