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Der Gastprofessor

Der Gastprofessor

Titel: Der Gastprofessor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Fujitsu-Supercomputer, um Ihrer Arbeit an der reinen, unverfälschten Zufälligkeit nachzugehen. Ein Nummernkonto in der Schweiz mit einem siebenstelligen Anfangsguthaben – mein Vater, der Minister des Inneren, meint damit britische Pfund. Ein vollklimatisiertes Maisonette-Penthouse im Zentrum von Damaskus ganz für Sie alleine. Eine Eigentumswohnung mit kompletter Dienerschaft in Dair As Sur am Euphrat, das ein milderes Klima hat als Miami. Ah, ich sehe Ihnen an, daß Sie wetterfühlig sind. Da Sie aus einer Stadt nur einen Schneeballwurf vom Nördlichen Polarkreis kommen, wer könnte Ihnen da verübeln, daß Sie sich zu Florida oder einer ähnlich paradiesischen Gegend hingezogen fühlen? Womit ich beim letzten Punkt auf der Liste meines Vaters angekommen bin: Soviel schwarzen Beluga, wie Ihr Herz begehrt.«
    Lemuel schaut aus dem Fenster und entdeckt Rain, die, das Horn mit einer geflochtenen Kordel schräg über den Rücken gehängt, zu ihrer Probe mit der Blaskapelle eilt.
    »Was mein Herz begehrt, ist nicht schwarzer Beluga.«
    »Sir, ich kenne meinen Vater und kann Ihnen versichern, was immer Ihr Herz begehrt, Sie brauchen es nur zu erwähnen, und es gehört Ihnen.«
    Lemuel, der sich in einem schmerzlichen Wachtraum verloren hat, peilt einen Horizont hinter dem Horizont an. »Mein Herz begehrt. zu wissen, was aus meiner Ausbildungsvorschrift der Royal Canadian Air Force geworden ist.«
    »Sir?«
     
    Word Perkins, das Faktotum des Instituts, ist verwundert, zu so später Stunde noch Licht unter Lemuels Tür zu sehen, und steckt ohne anzuklopfen den Kopf herein. »Na, hab ich Sie erwischt, Professa aus Petasburg. Wieder mal bis tief in Nacht mit Ihrm Compjuta hinterm Massenmörder her, wie?«
    Lemuel ist beim Schreiben seines Programms an einer kniffligen Stelle angekommen und hackt noch ein paar Zeichen auf den Bildschirm.
    Word Perkins, der seine Runde als Nachtwächter macht, ist auf der Suche nach einer Ausrede für ein Päuschen. Probeweise setzt er Lemuel einen Schuß vor den Bug. »Wennse mich schon fragen, also das wolln viele Leute wissen, wie einer zu eim Henkel wie ›Word‹ kommt. Ganz einfach. Mein alter Herr war Baptistenpfarrer inner Bronx«, erklärt er, während er langsam den Lichtschein der Schreibtischlampe umkreist. »Ich war’s erste von zwölfen. Also is mein Papa hergegang und hat mich Word getauft, nach dem Johannes seim Ewangeljum. ›Im Anfang war das Woat …‹«
    Lemuel schaut von der Tastatur auf. »Können Sie auch den Rest der Passage aufsagen?«
    Word Perkins schwingt sich auf die Ecke von Lemuels Schreibtisch und greift in die Tasche, um sein Hörgerät lauter zu stellen. »Na klar«, sagt er, »›Im Anfang war das Woat, und das Woat war bei Gott, und das Woat war Gott.‹«
    »Das Wort war Gott«, wiederholt Lemuel langsam.
    »So steht’s jenfalls drin.«
    »Welches Wort war Gott?«
    »Könn mich durchsuchen.«
    »Durchsuchen? Ach, ich verstehe. Ich könnte Sie durchsuchen – stimmt’s –, und würde trotzdem nicht drauf kommen, welches Wort Gott war.«
    »Hm?«
    »Andererseits, wenn Sie mich durchsuchten, würden Sie vielleicht drauf kommen, welches Wort Gott war.« Lemuel lächelt triumphierend. »Yo! Zufälligkeit ist das Wort. Das war Gott.«
    Word Perkins versteht gar nichts mehr, nimmt die blaue Polizeimütze ab, die er immer trägt, wenn er als Nachtwächter arbeitet, und kratzt sich über einem zu groß geratenen Ohr, wodurch er flockige Schuppen löst, die zu Boden schweben.
    »Dieser Johannes!« erregt sich Lemuel. Rasch fügt er hinzu: »Hey, nichts gegen besagten Heiligen. Aber er muß schon wirklich ein As gewesen sein. Stellen Sie sich vor. Am Anfang war die Zufälligkeit, und die Zufälligkeit war bei Gott, und die Zufälligkeit war Gott.«
    Word Perkins’ Augen verengen sich zu einem mißtrauischen Schlitz. »Diese Zufälligkeit, die Gott war, die hat nix zu tun mit Skilanglauf, oder?«
    Lemuel schüttelt den Kopf. »Nein.«
    Word Perkins akzeptiert das mit einem bedächtigen Nicken; der Groschen ist gefallen. »Da hab ich mich ja wien Trottel aufgeführt, an dem Abnd, wo Sie nach Backwater gekomm sind. Weil ich gesagt hab, daß das hier mit dem vielen Schnee das reinste Paradies für Zufallsforscher sein muß.«
    »Sie sind viel weniger ein Trottel als die meisten anderen«, versichert Lemuel Word Perkins. »Sie geben es zu, wenn Sie sich geirrt haben. Außerdem hat sich Backwater tatsächlich als Paradies für Zufallsforscher erwiesen.«
    »Wenn

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