Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)
vorstellen? David Unterkofler, den ich anno 1619 in Köln als Jean Potage glänzen sah, und seine Gattin Susanna.«
»Ich bin nicht seine Gattin«, hörte David Susanna murmeln, doch das ging in den Grüßen und Willkommensrufen der Komödianten unter.
Greenley wies auf die Blonde. »Ihre Königliche Hoheit, Prinzessin Maria von Bernstadt.« David wusste nicht recht, ob der Prinzipal einen Scherz machte, doch weil Susanna so artig knickste und den Kopf neigte, ergriff er vorsichtshalber die ausgestreckte Hand der Blonden und hauchte einen Kuss auf ihre Finger. »Der Prinzessin sind wir in großer Dankbarkeit und Verehrung verbunden«,erklärte der Prinzipal. »Denn sie fördert unsere Kunst nach allen Kräften. Zuletzt reiste sie aus Dresden bis hierher nach Nürnberg, um mich wegen künftiger Auftrittsmöglichkeiten zu beraten.« Er verbeugte sich tiefer. »Nicht zuletzt Ihrer Durchlaucht verdanken wir unser tägliches Brot.« Applaus und Hochrufe wurden laut.
Greenley wies auf die Klatschenden. »Und das hier sind so ziemlich die besten Schauspieler, die das Königreich England zu bieten hat.« Die Komödianten jubelten ausgelassen, und der Prinzipal stellte jeden einzeln vor. Der Dicke, der den Kaufmann gespielt hatte, hieß John Taylor, der junge Glattrasierte, der die Ehebrecherin gab, Charles Rowland. Die Namen der anderen rauschten an David vorbei. Zwölf Männer zählte er insgesamt außer Greenley, drei von ihnen waren Deutsche und zwei Niederländer. Am Schluss stellte Greenley noch fünf Frauen vor; »unsere Hausfrauen« nannte er sie.
Ein junger Bursche, den der Prinzipal Aaron nannte und der seine Blicke gar nicht mehr von Susanna lösen wollte, stellte einen Lehnstuhl hinter sie. In ihren Zügen glaubte David zu lesen, dass sie es genoss, von den Engländern hofiert zu werden. David kam zwischen ihr und der Blonden zu sitzen. Deren Blicke glitten bewundernd über Susanna. »Was für ein schönes Kleid Sie da trägt!« Susanna bedankte sich. »Auf welchem Markt hat Sie das denn gekauft?«
»Das habe ich selbst genäht, Durchlaucht«, sagte Susanna mit fester Stimme. »Und selbst bestickt.«
»So kunstvoll kann Sie sticken?« Die Edelfrau schien ehrlich erstaunt. »Und wo hat Er seinen Tanzbären gelassen?«, wandte sie sich schließlich an David.
»Der ist sehr anspruchsvoll, Durchlaucht«, antwortete David. »Er geht nur ins Theater, wenn er selbst auftritt.« Es ging ihm so glatt von den Lippen, dass er selbst staunen musste. Alle lachten, der Prinzipal am lautesten.
Ein Komödiant und seine Frau zerlegten die Ferkel, der Glattrasierte namens Rowland verteilte Brot, und der junge Bursche, der Susanna schöne Augen machte, schenkte Wein aus. Eifersucht regte sich in David; er fürchtete schon, der Bursche könnte Susannas Einwand gehört haben, dass sie gar nicht seine Gattin sei.
Es wurde gegessen, getrunken und geplaudert. »Nach der Tragödie vom ›Brudermord‹ haben die Nürnberger nur halb so laut geklatscht«, sagte Greenley, »habt ihr’s auch gemerkt?« Und an David gewandt: »Ich meine das Stück, das wir zuerst gespielt haben, die Tragödie vom dänischen Prinzen Hamlet. Vieles daraus kanntest du schon aus dem Buch, das ich dir geschenkt habe.«
»Ich habe das Stück gleich wiedererkannt.« David nickte eifrig. »Der Prinz und der Geist haben viel besser Deutsch gesprochen als damals in Heidelberg. Man konnte sie gut verstehen.« Von der Seite spürte er den Blick der blonden Edelfau; ihre Nähe machte ihn beklommen. Er nahm einen kräftigen Schluck aus dem Weinbecher.
Greenley lächelte zufrieden. »Für die Deutschen habe ich die Tragödie gekürzt und vereinfacht«, sagte er, »doch wie es aussieht, ist es immer noch zu kompliziert für deutsche Gemüter, was meint Ihr, Prinzessin?«
»Kompliziert würde ich es nicht nennen, Christopher.« Die Blonde lächelte verhalten, und David fragte sich allmählich, ob er am Ende wirklich auf einen Platz neben einer Prinzessin geraten war. »Der arme Prinz braucht nur recht lang, bis er endlich tut, was der Geist seines Vaters ihm aufgetragen und er selbst sich vorgenommen hat – bis ans Ende der Tragödie, um es genau zu sagen.«
»Danke für die ehrliche Antwort, Durchlaucht.« Greenley neigte den Kopf, und wieder lächelte er auf eine Weise, die es David schwer machte zu entscheiden, ob der Engländer im Ernst sprach oder scherzte. »Aus deutschem Mund wird somit mein Urteil bestätigt«, erklärte der Prinzipal. »Hamlet zaudert
Weitere Kostenlose Bücher