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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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Klosterkapelle. Um den Wagen hatte sich eine Menschentraube gebildet, und die Leute reckten die Hälse nach Leinwand und Bild. An der Mauer neben der Kapelle sah David einige Komödianten durch eine offene Tür verschwinden.
    Eine Scheu, die er bisher nur Susanna gegenüber empfunden hatte, überfiel ihn plötzlich. Er verstand sich selbst nicht. Dann spürte er Susannas Hand in seiner. »Du siehst nicht aus, als wolltest du schon zurück zu Stephan und den anderen.« Forschend musterte sie ihn. Er schüttelte stumm den Kopf.
    Susanna stieg in die Bühnenarena hinunter. »Wir suchen Greenley«, sprach sie zwei Komödianten an, die noch dort unten hantierten. Alle beide hatten sie einen Teufel gespielt. »Greenley«, wiederholte Susanna, »wo finden wir ihn?« David war ihr dankbar.
    Ein Komödiant deutete stumm zur Tür in der Mauer neben der Kapelle, der andere erklärte mit fremdländischem Zungenschlag: »Aber der Prinzipal liebt es nicht, nach einer Vorstellung mit Fremden reden zu müssen.«
    »Ich bin kein Fremder.« David gab sich einen Ruck und ging nun entschlossen auf Mauer und Tür zu. Susanna folgte.
    Das kleine Mauertor führte in einen Gemüsegarten. Ein Feuer brannte dort auf einer winzigen Wiese zwischen jungen Salatköpfen und noch lindgrünen Johannesbeersträuchern. Auf zwei Holzböcken lag ein Blech über dem Feuer, darauf brutzelten zwei Ferkel. Es roch nach Knoblauch, Majoran, Zwiebeln und gebratenem Fleisch.
    Der den Kaufmann gespielt hatte, ein dicklicher Mann mittleren Alters mit Backenbart und gelblichen Tränensäcken, schleppte einen Lehnstuhl herbei. Dem folgte der, der die treulose Gattin gespielt hatte, ein dünner, glattrasierter junger Bursche von kleiner Statur. Weil der keine Busenattrappe und keine Perücke mehr trug, erkannte David ihn erst auf den zweiten Blick. An seiner Seite entdeckte er den Prinzipal – und eine blonde Frau.
    David stutzte: Es war die Edelfrau, die oben auf dem Erkerbalkon gesessen hatte. Was hatte sie mit Greenleys Wandertheater zu schaffen?
    Während die Frau ihre vielen Kleider raffte und in hoheitlicher Pose im gepolsterten Lehnstuhl Platz nahm, entdeckte der Prinzipal David und Susanna am Mauertor. Er stemmte die Fäuste in die Hüften, runzelte erst die Stirn und schüttelte dann ungläubig lächelnd den Kopf. Der Edelfrau gegenüber deutete er eine Verbeugung an und kam schließlich auf David und Susanna zu – eine drahtige Gestalt mit Hakennase, Kinnbart und kantigem Gesicht. Sein rotblondes Haar trug er zu einem Zopf geflochten, sein Schritt hatte etwas Kraftvolles und Federndes.
    David fasste Susanna am Arm. »Komm.« Sie gingen dem Engländer entgegen.
    »Da bist du ja endlich, David Unterkofler!« Greenley legte David die Hände auf die Schultern, hielt ihn fest und sah ihm ins Gesicht. »Ich wusste, dass du eines Tages bei mir auftauchen würdest, ich wusste es immer …« Er tätschelte ihm die Wange. »Gut siehst du aus.« Die herzliche Begrüßung überwältigte David, und vor Freude bekam er keinen Ton heraus.
    Der Prinzipal aber richtete den Blick seiner eisgrauen Augen nun auf Susanna. David kam es vor, als huschte ein Schatten übersein Gesicht. »Und eine Frau hast du inzwischen auch, wie ich sehe.« David merkte, wie alles in Susanna aufbegehren wollte, doch sie sagte kein Wort, überließ dem Prinzipal ihre Hand zum Kuss und erwartete wohl, dass David den Irrtum aufklärte. Der aber schwieg. »Und was für eine schöne Frau, wahrhaftig!« Der Engländer sah in Susannas dunkelblaue Augen. »Und eine kluge dazu.«
    »Das ist Susanna.« Mehr brachte David nicht über die Lippen.
    »Susanna …« Langsam und ohne den Blick von der jungen Frau zu wenden, sprach Greenley den Namen aus – als wollte er dessen Klang prüfen. »Wir haben ein Stück mit dem Titel ›Susanna‹ im Repertoire. Das erzählt die Geschichte der biblischen Susanna. Sicher haben Ihre Eltern Sie nach dieser getauft.« Susanna nickte.
    Greenley drehte sich um. »Einen Lehnstuhl für Lady Susanna!«, rief er den Komödianten am Feuer zu. »Und den Platz zwischen mir und Sir David!« Er bot Susanna seinen rechten Arm und hakte sich mit dem linken bei David unter. Faltiger war er geworden und viele graue Strähnen entdeckte David in seinem Zopf. »Ein Willkommen unseren Gästen aus der lustigen Gauklerzunft!«
    Gemeinsam schritten sie zum Feuer. »Durchlaucht.« Er verneigte sich vor der Blonden, wandte sich dann seinen Komödianten zu. »Ladies and Gentlemen. Darf ich

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