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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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und kaiserlichen Offiziere verantwortlich waren, grüßten den Friedrich wieder voller Respekt. Keiner machte Anstalten, ihn zur Rede zu stellen, weil er Hannes’ Fesseln löste. Er war ja ihr Rittmeister und konnte tun, was er für richtig hielt. Schon die beiden Abende zuvor hatten sie die so ähnlichen Brüder stundenlang beieinandersitzen sehen.
    Tränenreiche Stunden waren das gewesen – einer hatte dem anderen erzählt, wie das Schicksal ihn aus dem brennenden Walddorf zurück ins Leben und durch das halbe Reich hier herauf ins Niedersächsische geführt hatte.
    Er habe mit Husten und Fieber in der Schlafkammer gelegen, als die Reiter über das Walddorf herfielen, erzählte Friedrich. »Die Großmutter wollte mir gerade einen Brustwickel machen. Wir haben die Klinke verkeilt und das Bett vor die Tür geschoben. Zu dritt sind sie von außen gegen die Kammertür angerannt. ›Aus dem Fenster mit dir‹, hat die Großmutter gesagt, und ich soll mich im Misthaufen verstecken. Ich wollte nicht, und da hat sie mich am Haar gerissen und gezischt: ›Wenn du mich und die Heilige Jungfrau auch nur ein wenig liebst, dann kletterst du jetzt aus dem Fenster und versteckst dich im Misthaufen!‹. Da habe ich gehorcht.«
    Als er später aus dem Mist kroch, sei das Haus niedergebrannt gewesen und die Großmutter mit ihm, auch sonst habe niemand mehr gelebt. Halb wahnsinnig vor Fieber und Entsetzen sei er den Bach entlang durch das Schneetreiben in den Wald gelaufen. Bis hinauf nach Beerfelden. Dort habe ein Bauer ihn aufgenommen.
    »Im Jahr darauf, kurz vor dem Winter, kamen Soldaten«, hatte Friedrich seinen Bericht geschlossen. »Kurpfälzer, die aus dem gefallenen Heidelberg geflohen waren. Einem von ihnen, einem Capitän, diente ich als Pferdejunge. Mit ihm zog ich erst nach Braunschweig, wo wir für den Halberstädter kämpften. Von dort ging es in die Niederlande gegen die Spanier und von dort nach Dänemark. Mein Capitän ist inzwischen mein Obrist, und ich bin sein Rittmeister.«
    Zwei Tage her, dass Hannes all das erfuhr. Gestern hatte er selbst erzählt: von der Herzenburger Kompanie, von seinen Racheplänen und wie er schon vier aus der Mörderbande getötet hatte. Und heute saß Friedrich da, sagte keinen Ton und sah ihm nur beim Essen zu.
    Hannes schob den Wein weg und bat um Wasser. Sein Bruder brachte ihm welches. »Du bist so still heute«, sagte er, als er getrunken hatte. »Was ist mit dir?«
    »Der Obrist hat zwei Gefangene über dich befragt«, antwortete Friedrich. »Nun weiß er, dass du dem Friedländer schon in Böhmen gedient hast. Und dass er dich nach der Schlacht an der Elbbrücke belobigt hat, haben sie ihm auch erzählt.«
    »Und?«
    »Einige der Offiziere sähen dich lieber tot als lebendig. Sie halten dich für gefährlich, glauben, dass einer wie du dem Friedländer die Treue halten wird. Und viel Lösegeld rechnen sie sich für einen Leutnant auch nicht aus.«
    »Und jetzt?« Gegen seinen Willen klang Hannes’ Stimme plötzlich heiser.
    »Der Obrist will dich noch einmal sehen.« Der hatte Hannesschon einmal verhört – ein strenger Offizier, einsilbig und hochmütig. Nur allein, weil er große Stücke auf Friedrich hielt, ließ er Hannes besser behandeln als die übrigen Gefangenen. »Ich denke, ich sollte dich jetzt zu ihm bringen.« Friedrich beugte sich zu ihm und senkte die Stimme. »Wenn ich keine Hoffnung hätte, würde ich dir zur Flucht helfen.«
    Hannes nickte und stand auf. »Gehen wir also.«
    Sie stiegen den Waldhang hinauf, Friedrichs Trabanten schlossen sich ihnen an. Das Wetter war trocken, die Luft immer noch sommerlich warm; um am nächsten Morgen keine Zeit zu verlieren, hatten die Dänen darauf verzichtet, Zelte aufzuschlagen. Die Reiter lagen auf Decken und Mänteln im Unterholz. Auch Feuer brannten keine – wegen möglicher feindlicher Kundschafter –, nur hier und da sah Hannes Öllampen flackern.
    Der Obrist – kein Däne, sondern ein Pfälzer – hockte mit ein paar anderen Offizieren in einem aus Geäst und Planen gebauten Unterstand. Mindestens sechs Dragoner, die ihn schützten, entdeckte Hannes. Seitenplanen verdeckten die Sicht auf die vier Männer darin, weil jedoch eine Öllampe auch im Unterstand etwas Licht gab, sah Hannes ihre Schattenrisse: Drei von ihnen beugten sich zur Lampe und zu einem Papier hinunter, das sie in ihr Licht hielten.
    Mit einer Kopfbewegung bedeutete Friedrich seinen Trabanten und Hannes’ zwischen den Bäumen zu warten. Sie

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