Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)
Mond schien zum Fenster hinein, und das reichte David, um die schönen Linien ihres Körpers zu erkennen. Sie drückte ihn in einen Lehnstuhl und schwang herrlich lange Beine über seinen Schoß. »Ich will dich«, flüsterte sie und öffnete ihm Hosen und Hemd. »Ich hab’s mir zuerst nicht eingestanden, doch ich wollte dich von Anfang an.«
Sie küsste ihn mit jener Leidenschaft, die David als erregende Ahnung im Blut kreiste, seit sie ihn zum ersten Mal geküsst hatte – letztes Jahr in Magdeburg. Sie kniete mit gespreizten Schenkeln über ihm, ließ ihr Becken über seinem Verlangen kreisen und liebte ihn so wild und hingebungsvoll, wie David es noch bei keiner Frau erlebt hatte.
Kurz vor dem Gipfel, als Maria an ihm hing und sich festsaugte, als wollte sie mit ihm verschmelzen, trug er ihren bebenden Körper zum Bett. Er dachte an Susanna und das Kind – oh ja! –, und er dachte an den Prinzipal und dessen Verlangen, das Gefängnis dieser Welt so gründlich wie möglich zu erforschen, bevor es ans Sterben ging. Und zu seinem eigenen Erstaunen erinnerte David sich in diesem Augenblick auch an jenen bösen Sonntag, als Tilly zum ersten Mal wieder die römische Messe in Heidelberg lesen ließ und Maria aus einer Edelkutsche stieg und einen blutbefleckten Soldaten mit einem Bären und einem Leiterwagen vorbeiziehen sah.
Die Landgräfin zur Wagenburg hatte recht, dachte er, das Leben ist ein Spiel und die Welt eine Bühne voller hübscher Kulissen …
Er warf sich zwischen Marias Schenkel und versank in ihrer Hitze, ihrem Seufzen, Keuchen und Stoßen. Ganz besinnungslos versank er, und so tief, dass es keine Rettung mehr gab. Das wusste er im selben Augenblick, als er sich über ihr und sie sich unter ihm aufbäumte.
10
N ie zuvor in seinem Leben hatte Maximilian von Herzenburg so wenig geschlafen wie in jenen Augusttagen des Jahres 1626. Alles drängte zur Entscheidung hin – für das katholische Heer Tillys und für ihn persönlich.
Meile um Meile nahmen sie den Dänen ab. Noch immer blieb es lange hell, und Tilly ließ die Fußregimenter täglich vierzehn Stunden und länger marschieren. Oft fiel der Tross weit zurück, und der General Tilly musste mehrere Dragonerkompanien von der Verfolgung der Dänen abziehen, um den Frauen, Kindern, Pferdejungen, Handwerkern, Köchen, Metzgern und Marketendern mit ihren zahllosen Wagen und Tieren Geleitschutz zu geben.
Der Obristleutnant von Herzenburg und seine Reiterkompanien bildeten die Vorhut; sie kamen kaum noch aus den Sätteln. Maximilian war empört gewesen, als der General Wallenstein auch seine Kompanien zu Tillys Verstärkung abkommandiert hatte. Zurück zum Herrn Grafen? Dem Prinz von Bernstadt unter die Augen treten? Alles in ihm hatte sich dagegen gesträubt, doch eine Befehlsverweigerung kam nicht in Frage. Also biss er die Zähne zusammen und tat, was man von ihm verlangte.
Inzwischen erschien ihm Wallensteins Befehl wie ein Wink des Schicksals.
Die meisten seiner Männer sahen bleich aus und hatten rote Augen vor Müdigkeit und vom Wein oder Bier; trotz Mühen und kurzer Nächte wollten nur wenige davon lassen. Der Vorsprung der Dänen schrumpfte von Tag zu Tag. Ständig wartete man auf einen Hinterhalt, ständig lauerte man auf Anzeichen der beginnenden Schlacht. Die Mehrzahl der Männer wollte im Grunde nur noch eines: es endlich hinter sich bringen.
Maximilian versuchte, so wenig wie möglich an von Bernstadt zu denken. Ende Juli hatte der Prinz ihm einen Brief zukommen lassen – er verlange Genugtuung. Mit dem Degen und allein wolle er ihm gegenübertreten, irgendwo abseits des Lagers auf einer Lichtung. Einverstanden, hatte Maximilian ihm geantwortet, sobald die unvermeidliche Schlacht gegen den Dänenkönig geschlagen sei.
Unmöglich, daran gar nicht zu denken: Täglich musste er dem rotgesichtigen Generalwachtmeister ja in Tillys Zelt begegnen. Genau wie dem Herrn Grafen. Er hasste einen wie den anderen.
Dazu zermürbten Schlafmangel und Erschöpfung Maximilian so sehr, dass er schon Stimmen hörte; einmal, als er in der Abenddämmerung neben seinem Schimmel im Gras schlief, eine Frauenstimme. Er schreckte hoch, doch es lagen nur Männer rechts und links unter dem Sternenhimmel: Laußnitz, Staudinger und eine Handvoll Arkebusiere.
Die Wache, ein betrunkener Corporal, glotzte ihn an, Maximilian hieß ihn, sich schlafen zu legen, und übernahm. Grübelnd lehnte er gegen eine Buche, umgeben von den Geräuschen des nächtlichen Waldes
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