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Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Gaukler: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
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gnädigsten Seite: Die Tore öffnen, Reue zeigen, dem Kaiser Gehorsam und Treue schwören, und alles wäre gut und niemandem würde noch ein Haar gekrümmt. Die ehrwürdigen Räte in ihren teuren schwarzen Mänteln und mit ihren todernsten Mienen waren in die Stadt zurückgeritten, hatten das Angebot der Bürgerschaft überbracht – und waren auf taube Ohren gestoßen.
    Der Friedländer tobte, weil sein Angebot unbeantwortet blieb, und wie es seine Art war, fackelte er nicht lange und befahl den Sturm auf die Stadt.
    Man zog Hannes das Gewand eines reformierten Predigers über Koller, Wams und Waffengurt. Darüber warf er den Reitermantel.
    Der General ließ alle Tore auf einmal angreifen, am heftigsten die, zu denen die beiden breitesten Dämme führten. Zwei Nächte lang stürmten tausende Landsknechte das Frankentor und dasKniepertor, und tagsüber ließ der General seine Kanonen sprechen, um die Mauern zu brechen und den Widerstandswillen der sturen Stralsunder gleich mit.
    In der zweiten Nacht eroberten die Belagerer eines der befestigten Außenwerke, drangen bis zum Tor vor, konnten es aber nicht aufbrechen. Sie suchten hinter dem eroberten Wallschild Schutz und verschanzten sich dort.
    Im Morgengrauen hörten die Verteidiger das Gejammer Verwundeter und das Stöhnen Sterbender im aufsteigenden Dunst zwischen Außenwerk und Tor. Man fuhr mit Wagen hinaus, um die eigenen Leute einzuladen. Ein reformierter Prediger spendete Sterbenden letzten Trost, half mit, Verletzte und Tote aufzuladen, begleitete einen sterbenden Offizier betend in die Stadt hinein. Dort drückte er ihm nach Sonnenaufgang in einer zum Lazarett erklärten Kirche die Augen zu.
    Ein Rittmeister Wallensteins war der Prediger in Wirklichkeit und hieß Johannes Stein. Niemand achtete auf ihn, als er den Toten und Sterbenden den Rücken kehrte und das Gotteshaus verließ.
    Hannes machte sich auf den Weg zu dem Haus, das Susanna ihm beschrieben hatte. Vor den Mauern der Stadt fingen die kaiserlichen Kanonen wieder mit ihrem mörderischen Getöse an. Die wenigen Menschen auf den Gassen hetzten mit ängstlichen Gesichtern vorüber und grüßten flüchtig.
    Hannes begriff schnell, wer die Stadt beherrschte: die Angst.
    Er folgte Susannas Wegbeschreibung, fand Haus und Tor und klopfte. Niemand öffnete. Er klopfte erneut und lauter – ein Fenster ging über ihm auf. Hannes legte den Kopf in den Nacken. Ein bleiches Frauengesicht zeigte sich oben am Fenster, schwarze Locken fielen von Frauenschultern. Hannes hielt den Atem an. Selbst die Kanonen schienen für Augenblicke zu schweigen.
    Hannes stand und starrte hinauf, Susanna lehnte im Fenster und starrte herunter. Er sah ihre Lippen beben, er sah den feuchten Schleier in ihren dunkelblauen Augen. Himmel, welch ein vertrautes, welch ein geliebtes Gesicht!
    Endlich schloss sich das Fenster, dann Schritte hinter der Tür, Geräusche eines Riegels. Die Tür knarrte, sie zog ihn hinein, fiel ihm um den Hals. Er tastete zaghaft nach ihren Schultern, nach ihrem Haar, nach ihrem Rücken, berührte sie. Dann zerbrach etwas in ihm – der Damm aus Bitterkeit und eisernem Willen, hinter den er so viele Jahre all den Schmerz und all die Sehnsucht verbannt hatte. Endlich schlang er die Arme um sie, hielt sie ganz fest.
    So standen sie im Halbdunkel des Treppenaufganges, weinten, flüsterten, hielten einander. Bis oben das Kind rief.
    Sie gingen hinauf, Susanna stellte ihm den Jungen vor. Hannes legte den Pfaffenrock ab, und dann sprachen sie, stundenlang. Draußen donnerten die Kanonen. Manchmal bebte das Haus, manchmal splitterte Holz oder Gestein von einem Treffer in der Nähe, manchmal ertönten Trompeten, die zu einem Ausfall riefen, manchmal schrien Männer.
    Sie aßen gemeinsam, was Susanna noch hatte, sie tranken, was Susanna noch fand, sie redeten die ganze Zeit. Das Kind überwand seine Scheu und Hannes seine Enttäuschung. Mann und Knabe begannen, sich einander vertraut zu machen.
    Der Kriegslärm ließ allmählich nach. Gegen Abend wurde es regelrecht still. Unten klopfte einer an der Haustür.
    *
    Der Abend dämmerte herauf, die Kanonen schwiegen. Die Ruhe vor dem nächsten Sturm, fürchtete Maximilian von Herzenburg. Er zog sich den Hut tiefer über die Perücke und in die Stirn, bevor er aus der Gasse auf den Marktplatz hinauslief.
    Im Vorübergehen hörte er die Leute palavern. Auch die Bürgerschaft schien nun weichgeschossen, wie er hören musste. Manhatte Ratsmitglieder vor die Tore geschickt, um

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