Der Gebieter
Vergleich.
»So reich wie Ornon, bevor er all seine Schafe verloren hat«, schloss Boagus für ihn. Die beiden Soldaten lachten, und sogar der König lächelte.
»Blökst du immer noch wie ein Lämmchen, wenn er ins Zimmer kommt?«, fragte Boagus und bestätigte so Costis’ Verdacht, dass der König etwas mit dem Verlust von Ornons Schafen zu tun hatte.
Eugenides schüttelte den Kopf. »Ornon hat mich gleich nach der Krönungszeremonie beiseitegenommen und mir erklärt, dass das unter meiner Würde wäre.«
Aulus und Boagus starrten ihn an. Eugenides’ Gesicht war ausdruckslos.
»Hat er das wirklich gesagt?«, fragte Aulus.
»Wirklich«, bestätigte der König.
»Und was hast du gesagt?«, fragte Boagus misstrauisch.
»Ich habe ihm versprochen, stattdessen wie ein Schäferhund zu bellen.«
Die Eddisier lachten erneut.
»Das tust du doch aber nicht, oder?«, fragte Aulus.
Der König musterte ihn angewidert. »Nun vertrau mir doch ein wenig«, sagte er, und als Aulus sichtlich erleichtert war, fügte er hinzu: »Nicht, wenn mich irgendjemand sonst hören kann.«
Die Eddisier brüllten vor Lachen.
Der König lachte leiser und hielt sich mit der Hand die Seite.
Sogar Costis lächelte. Er ließ das Lächeln rasch wieder verschwinden. Es stand ihm nicht zu, mit dem König zu lachen, aber er freute sich dennoch.
Plötzlich erschien eine Gestalt im Türrahmen. Costis’ Hand fuhr an seinen leeren Schwertgürtel. Aulus und Boagus beugten sich auf ihren Sitzen vor und entspannten sich dann. Die Gestalt war Ornon. Unterdrücktes Gelächter flackerte auf wie die Flamme einer schlecht gelöschten Kerze.
»Botschafter Ornon«, sagte Eugenides mit leicht erstickter Stimme, »wie freundlich von Euch, vorbeizuschauen.«
»Ich glaube, Ihr habt auf meine Kosten einen Scherz gemacht, Euer Majestät«, sagte Ornon und durchquerte das Zimmer, um sich auf dem Sessel vor dem Kaminschirm niederzulassen.
»Das würde uns im Traum nicht einfallen, Botschafter.«
»Da bin ich aber erleichtert! Sonst müsste ich vielleicht eine Feier aus Anlass Eurer Genesung vorschlagen. Vielleicht einen Tag voller Sonderaudienzen.« Als der Gesichtsausdruck des Königs sich veränderte, fügte er hinzu: »Eine königliche Parade?«
»Das würdet Ihr doch nicht tun.«
»Nun, ich finde wirklich, dass es eine gute Möglichkeit wäre, das Volk zu beruhigen, aber nicht, wenn es Eurer Majestät missfällt.«
»Danke. Es missfällt mir sehr. Ich entschuldige mich, falls wir Euch gekränkt haben sollten.«
»Ganz und gar nicht.« Ornons trockenes Lächeln besagte, dass beide Seiten einen Treffer gelandet hatten, schwand aber dann. »Wenn Ihr mit dem Lachen fertig seid, schickt Eure Wärter weg. Ich fürchte, ich habe Neuigkeiten.«
»Schlechte Nachrichten?«
Ornon zuckte mit den Schultern. »Gut für unsere Hoffnung auf Frieden und ein vereintes Triumvirat, das den Medern entgegentreten
kann. Schlecht«, sagte er sanft, »für den Erben von Sounis.«
Das Lachen des Königs war wie weggewischt; er fragte: »Also haben sie seine Leiche gefunden?«
»Nein. Noch nicht. Aber wir haben Berichte erhalten, dass Sounis die Landgebiete wieder einnimmt. Wenn die Rebellen seinen Erben lebendig als Geisel festhielten, hätten sie das mittlerweile enthüllt.«
»Ich verstehe.«
Ornon gab den Eddisiern einen Wink. »Mögt Ihr uns vielleicht entschuldigen?«
Der König bedeutete auch Costis, das Zimmer zu verlassen.
Costis folgte dem massig aufragenden Aulus aus dem Schlafgemach, durchs Vorzimmer und von dort in einen Raum, der mit allem ausgestattet war, was zum Frauenleben gehörte: Stickrahmen auf Ständern, Nähtischchen, einer Harfe und – unbehaglich, als wären sie fehl am Platze – den Kammerherren des Königs. Die Kammerfrauen der Königin waren nicht zu sehen, abgelöst von den Männern, die nicht viel damit zu tun hatten, ihrem König zu dienen, und sich stattdessen die Beine in den Bauch standen. Sie musterten die Eddisier und Costis feindselig.
»Es gibt hier eine Wachstube«, sagte einer der Kammerherren spitz, als Aulus sich auf einem Stuhl niederließ.
»Ihr wolltet doch sicher ›Es gibt hier eine Wachstube, Euer Hoheit‹ sagen«, erwiderte Aulus, lehnte sich zurück und zog mit einem gestiefelten Fuß einen Tisch näher heran, um dann den Fuß darauf zu legen. Stuhl und Tisch knarrten beängstigend. »Sicher ist es eine sehr schöne Wachstube.«
Er lächelte. Die Kammerherren verstanden, was er sagen wollte. Sie sahen aus,
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