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Der Gebieter

Der Gebieter

Titel: Der Gebieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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als ob sie den Verdacht hatten, dass Aulus sie auf den Arm nahm, aber keiner von ihnen war kühn genug, ihm eine Hochstapelei vorzuwerfen, die vielleicht keine war.
    Costis glaubte nicht, dass es sich um eine handelte. Aulus sah zwar nicht im Geringsten nach einem Prinzen aus, aber das wollte nichts heißen  – Eugenides sah auch nicht wie ein König aus. Ornon brauchte jemanden, der beim König saß und ihn in Schach hielt, jemanden, der vor Vergeltung von Eugenides’ Seite sicher war. Ein Prinz aus dem Königshaus von Eddis bot sich geradezu an, wenn er zur Verfügung stand. Kein attolischer Prinz hätte je als gemeiner Soldat gedient, aber auch das war vielleicht in Eddis anders. Costis glaubte nicht, dass Eddis Brüder hatte, aber Aulus war vielleicht ein Cousin von ihr und damit ein Prinz des Hauses.
    Costis begriff, dass das ganze Zimmer nun sehr betont ihn anstarrte. Er war kein Baron, kein Erbe eines Barons, kein Prinz. Was hatte er also in diesem Warteraum zu suchen? Die Kammerherre des Königs waren ganz offensichtlich der Ansicht, dass er hätte gehen sollen. Er versuchte, so dreinzublicken, als ob es ihn eigentlich nicht kümmerte, was sie dachten, und sah Aulus an, um seine Meinung einzuholen.
    »Hm«, brummte Aulus. »Das ist eine gute Frage.« Er wandte sich an Boagus. »Geh Gen fragen, was mit seinem Lieblingsgardisten geschehen soll.«
    Boagus ging und kehrte zurück. »Er sagt, dass er Costis rund um die Uhr in der Wachstube haben will. Und er sagt, dass du zur Hölle gehen kannst.«
    »Bist du Costis?«, fragte Aulus.
    Costis nickte.
    »Dann ab mit dir«, sagte Aulus. Costis ging. Als er an der Tür war, brüllte Aulus: »Geh selbst zur Hölle, du dämlicher Mistkerl!« Die Nippsachen auf dem Tisch schienen beinahe zu klappern. Die Kammerherren sahen gequält drein.
    Als Costis durch die Tür trat, erhaschte er einen Blick auf eine der Kammerfrauen der Königin, die durch die Tür eines anderen Zimmers hereinspähte. Auch sie sah gequält drein.
    Costis verbrachte den Rest des Nachmittags in der Wachstube und fühlte sich dort nicht willkommener als im Zimmer der Kammerherren. Er hatte erwartet, beim Hereinkommen gegrüßt zu werden. Er hatte dem diensthabenden Leutnant zugenickt. Der Leutnant hatte einfach durch ihn hindurchgesehen. Verwirrt hatte Costis sich im Kreis der Männer umgeschaut, die an der Tür Wache standen oder sich in entspannterer Haltung im Rest des Zimmers aufhielten. Keiner war seinem Blick begegnet. Männer, die noch vor ein paar Tagen gewirkt hatten, als würden sie gern mit ihm zusammenarbeiten, hatten nun beiseitegesehen. Schulterzuckend hatte Costis sich einen Platz auf einer gepolsterten Bank gesucht und sich hingesetzt. Er war schließlich nicht im Dienst, auch wenn er nicht gehen konnte.
    Teleus kam später durch die Wachstube und blieb stehen, um mit ihm zu sprechen. Das hatte sonst den ganzen Nachmittag noch niemand getan. Teleus fragte ihn nur, wie die Befehle des Königs lauteten, und ging dann wieder. Den Kammerherren wurde das Abendessen heraufgebracht. Als sie fertig waren, aß Costis allein etwas, das er für Reste hielt, in einem behelfsmäßigen Esszimmer. Es waren wenigstens leckere Reste, besser als das, was er im Speisesaal bekommen hätte. Phresine zeigte ihm, wo er schlafen konnte: in einem fensterlosen inneren Gemach mit schmalem Bett und Waschtisch. An einer Wand waren Kisten aufgestapelt, und Costis vermutete, dass dieses elende Loch wahrscheinlich eine Kleiderkammer war, die geräumt worden war, um Platz für ihn zu schaffen. Es war kaum zu glauben, dass die königlichen Gemächer, die sonst so prächtig ausgestattet waren, auch einen so schlichten Winkel enthielten. Costis hatte mehr von einer königlichen Kleiderkammer erwartet. Er ging enttäuscht zu Bett.
     
    Am Morgen war er nach einer Nacht, in der er schlecht geschlafen hatte, wie gerädert; er wusch und rasierte sich so gut er konnte mit dem frischen Wasser, das zum Waschtisch gebracht wurde, und trat dann seinen Dienst beim König an. Er traf mitten in einem Streit ein.
    »Deine wilden Versprechungen bedeuten mir nichts«, sagte Aulus gerade.
    »Es spielt eigentlich keine Rolle, ob du mir glaubst«, sagte der König. »Ich werfe euch hinaus. Das Versprechen war nur zum Trost gedacht, um deine Gefühle nicht zu verletzen.«
    »Und wenn wir uns weigern zu gehen?«
    Boagus säuberte sich die Fingernägel mit einem Messer.
    »Ich habe eine ganze Wachstube voll kräftiger Veteranen, die es

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