Der Gebieter
antworten.
Er ging in bedrückter Stimmung früh zu Bett.
Diese bedrückte Stimmung verschwand nicht über Nacht.
»Macht das Auge dir Schwierigkeiten, Costis?«, fragte der König am nächsten Morgen.
»Nein, Euer Majestät.«
»Dann hör auf, Trübsal zu blasen, ja? Du machst mir ein schlechtes Gewissen.«
Nach dem Frühstück weigerte sich der König, seine Lehrer aufzusuchen. »Wir haben eine Verabredung im Garten«, sagte er
zur Königin, als er sich zurückzog. Das war Costis neu, aber anscheinend nicht den Kammerherren. Nachdem der König die Königin geküsst hatte, stieg er die Stufen der Terrasse hinab. Die Kammerherren machten Anstalten, die Terrasse zu überqueren, um ihm zu folgen, aber er blieb lange genug auf der Treppe stehen, um ihnen mit einem Wink zu bedeuten, zurückzubleiben. Nur die Wachen begleiteten ihn.
Unterhalb der Terrasse lag der Garten der Königin. Costis hatte früher angenommen, dass die in dieser Bezeichnung erwähnte »Königin« seine eigene sei, hatte aber von einem der anderen Leutnants erfahren, dass dieser Garten den Königinnen von Attolia seit vielen Jahren als privater Rückzugsort diente. Er erstreckte sich vom Rand der Terrasse bis zu einer Mauer, die ihn von drei Seiten umgab und vom Rest des Palastgeländes trennte. Auf der vierten Seite begrenzte eine niedrige Steinbrüstung den Garten. Mehr war nicht nötig, um die Privatsphäre der Königin zu schützen. Jenseits der Brüstung fiel der Boden jäh in einen offenen Hof darunter ab.
Der Garten war von Hecken durchzogen, die die einzelnen Beete voneinander trennten. An vielen Stellen waren die Hecken hoch genug, um belaubte Tunnel und die grünen Wände von Freiluftzimmern zu bilden. Im Mittelpunkt des Gartens wirkte eine Reihe dieser Räume, von grünen Korridoren verbunden, von der Terrasse aus gesehen wie ein Labyrinth. Es war kein echter Irrgarten, und niemand hätte sich darin verlaufen können, aber er bot Ungestörtheit und zugleich Geborgenheit. Selbst ein hartnäckiger Angreifer hätte diese dichten Hecken nicht schnell durchbrechen können. Die Königin konnte dort allein spazieren gehen und ihre Wachen an den bogenförmigen Eingängen zurücklassen.
Der König folgte dem Weg, der an der Balustrade entlangführte. Eine Sommerbrise wirbelte den Staub zu Spiralen auf,
die an die Steinmauer unterhalb des Gartens wehten und sich dort auflösten, wo der Wind nach oben abgelenkt wurde. Ein Teil des Staubs stieg bis in den Garten hoch und ließ Costis’ Augen brennen. Der König wandte sich vom Wind ab und dem Labyrinth zu. Dort warteten auf der Fläche vor einem der Laubenbögen ein Trupp Gardisten, der Hauptmann der Leibgarde und, umstellt von den Wachen, Erondites der Jüngere.
Costis kannte ihn vom Sehen. Dite hatte schon früher den Weg des Königs gekreuzt, und Costis war ihm oft begegnet. Er ähnelte sehr seinem Bruder, Sejanus, trug aber sein dunkles Haar lang und gekräuselt, wie es unter den jungen Männern der Führungsschicht am Hofe der Königin Mode war. Er war elegant in einen verzierten, offenen Mantel gekleidet, hatte aber die Hände in die Taschen gesteckt und blickte zugleich verächtlich und verängstigt drein.
»Hallo, Dite«, sagte der König. Costis stand hinter ihm und konnte das Lächeln nur in Eugenides’ Stimme hören, es aber nicht auf seinem Gesicht sehen. Costis zuckte zusammen. Der König hatte jemanden gefunden, der in der Hackordnung noch unter Costis selbst stand. Er hatte nur Relius, den Archivsekretär und Herrn über die Spione der Königin, fragen müssen, wer Die Hochzeitsnacht des Königs geschrieben hatte. Relius musste gewusst haben, wer für die öffentliche Kränkung des Königs verantwortlich war.
»Ich finde, wir sollten uns unterhalten«, sagte Eugenides.
Costis tauschte einen Blick mit dem Gardisten neben sich und sah dann beiseite.
»Worüber, Euer Majestät?« Dite hatte vor, standhaft zu leugnen. Costis wünschte, er hätte es nicht getan. Das würde nur eine Szene, die ohnehin schon sehr, sehr unschön zu werden drohte, weiter in die Länge ziehen. Dite war ein Narr. Als Erbe eines mächtigen Barons hätte er unantastbar sein können, aber
jeder wusste, dass sein Vater ihn nicht in Schutz nehmen würde. Und wenn sein eigener Vater sich nicht mit einer Beschwerde über die Behandlung, die sein Sohn erfahren hatte, an den Thron wenden würde, konnte das auch niemand sonst tun.
»Na, über das äußerst unterhaltsame Lied, das Ihr geschrieben
Weitere Kostenlose Bücher