Der Gebieter
glaubte, dass ich nicht lange genug leben würde, um es jemand anderem zu erzählen. Das konnte ich doch nicht weitertratschen.«
Aris wirkte amüsiert.
»Du findest mich lächerlich, nicht wahr?«, fragte Costis.
»Ja«, gestand Aris. »Aber als nicht gerade edelmütiger und eher praktisch veranlagter Kerl bin ich froh, dass es jemanden gibt, der Ideale hat und an ihnen festhält.«
»Wenn der König diese Geschichte niemandem außer mir erzählt hat, wird er annehmen, dass ich sie ausgeplaudert habe. Warum hat er heute Morgen bei den Waffenübungen nichts davon gesagt?«
»Täte er das?«, fragte Aris.
»Ich weiß es nicht«, bekannte Costis. »Aber er soll nicht weiter glauben, dass ich so eine geschwätzige Plaudertasche bin.«
»Eine geschäftstüchtige Plaudertasche«, schlug Aris vor, sah angesichts von Costis’ verwirrter Miene abermals erheitert drein und rollte die Augen. »Weißt du, wie viel dieser demütigende Leckerbissen über den König wert war?«, fragte er. »Ganz gleich auf welchem Wege Dites Freund davon erfahren hat, du kannst dir sicher sein, dass jemand im Zuge dessen sehr gut bezahlt worden ist.«
Costis war entsetzt. »Glaubt er etwa, dass ich die Geschichte an jemanden verkauft habe?«
Aris zuckte mit den Schultern.
Costis fluchte und schimpfte in aller Ausführlichkeit auf den König.
Am nächsten Morgen war er immer noch zornig. Er war entschlossen, den König bei nächster Gelegenheit anzusprechen, also bei ihren gemeinsamen morgendlichen Fechtübungen. Der König wirkte nicht, als ob er einen Groll gegen Costis hegte. Allerdings sah der König, wie Costis fand, niemals so aus, wie er aussehen sollte. Er stand einfach da und wartete geduldig darauf, dass Costis sein Schwert zu den gleichen erbärmlichen Übungen wie immer erhob. Costis rührte sich nicht. Er hatte sich sehr stolz in die Brust geworfen und beeilte sich zu sagen, was er zu sagen hatte.
»Euer Majestät, wenn Ihr glaubt, dass ich diese Geschichte über Eure Cousins verkauft habe …«
Der König unterbrach ihn, bevor er fertig war. »Dessen würde ich dich nie bezichtigen.«
»… dann irrt Ihr Euch, das kann ich Euch versichern«, beharrte Costis. Erst nachdem er gesprochen hatte, kamen die Worte des Königs bei ihm an.
Der König lachte. Costis rang darum, ruhig zu bleiben. Die Männer ringsum wandten sich um und starrten sie an.
Steif sagte Costis: »Ihr mögt ja nicht viel von mir halten, und ich halte selbst nicht viel von mir, aber ich habe die Geschichte nicht ausgeplaudert.«
»Warst du zu langsam, um einen Käufer zu finden? Dann wünsche ich dir beim nächsten Mal mehr Glück.«
Costis hob das Kinn noch ein wenig mehr. »Ich würde nie so tief sinken, etwas zu verraten, von dem ich weiß, dass es ein Geheimnis ist.«
»Nicht einmal dann, wenn du die Person nicht magst, deren Geheimnis du bewahrst?«
»Besonders dann nicht«, sagte Costis und hoffte, dass ihm seine Verachtung anzumerken war.
»Ich verstehe.« Der König schien sich nur noch mehr zu amüsieren. »Fangen wir an? Ich versuche auch, dir nicht wieder ins Gesicht zu schlagen. Das wird aber schwieriger, wenn du weiter das Kinn so hochreckst.«
Costis verließ den Übungsplatz mit trotziger Befriedigung. Er mochte sich ja wie ein Trottel angehört haben – und er wusste auch, dass dem so gewesen war –, aber er hatte dem König gezeigt, dass noch ein wenig Stolz in ihm steckte. Er war sehr zufrieden mit sich – zumindest, bis die Königin ihn zu sich befahl.
Costis hastete gegen Mittag wie üblich aus den Gemächern des Königs. Er musste sich beeilen, um etwas im Speisesaal der Garde zu essen zu bekommen und rechtzeitig zu seinem Dienst
am Nachmittag zurück zu sein. Es wäre einfacher gewesen, Brot und Käse im Gürtel mitzuführen, aber das hätte gegen die Uniformvorschriften verstoßen. Er hätte die Mahlzeit auch auslassen können, aber sein Magen neigte peinlicherweise dazu, während der Nachmittagsaudienzen zu knurren.
Eine der Kammerfrauen der Königin, Imenia, kam im Gang auf ihn zu, und er trat beiseite, um sie durchzulassen, aber sie blieb stehen.
»Die Königin möchte Euch sprechen, Leutnant«, sagte sie.
Costis schnappte nach Luft. »Mich?«
Die Kammerfrau antwortete mit einem starren Blick.
Costis stammelte eine Entschuldigung. »Vergebt mir. Wohin soll ich gehen?«
Imenia ließ sich zu einem Nicken herab und drehte sich um; sie erwartete, dass er ihr folgen würde, was er auch tat. Er
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