Der Gebieter
Alters, der vor ihm stand, aber dem König zugewandt war.
»He!«, wiederholte Costis, und der Mann drehte sich zu ihm um. Costis streckte die Hand aus, legte sie dem Mann flach auf die Brust und versetzte ihm einen Stoß. Alle Muskeln in seinem Arm und seinem Rücken schoben wie ein Rammbock, und er stieß den Mann zurück, bis dieser gegen den hinter ihm stehenden prallte und beide mit den Armen rudernd umfielen. Um sich davor zu bewahren, umgerissen zu werden, wichen alle, die nur irgend konnten, zurück, drängten die Leute hinter sich zusammen und schufen so vor Costis einen Freiraum.
An den Rändern der Menschenmenge konnte er Gardisten sehen. Sie hielten sich wie die Palastdiener an den Ausläufern auf und waren nur Beobachter dessen, was sich abspielte. Es stand ihnen nicht zu, unaufgefordert an den König heranzutreten. Costis kannte die meisten von ihnen vom Sehen, wenn auch nicht unbedingt mit Namen. Er vertraute ihnen mehr als den lamentierenden Adligen ringsum.
»Zum König!«, rief er.
Die Gardisten sahen erst verblüfft zu ihm herüber, um sicherzugehen, dass tatsächlich sie gemeint waren, kamen dann aber.
Costis befahl: »Lasst niemanden nahe herankommen.«
Er trug den König, dessen Beine nachgegeben hatten, mittlerweile halb und spürte, dass er zitterte. Es hatte wohl keinen Zweck, dem gewundenen Weg zu folgen, wenn die Blumen ohnehin schon zertreten waren, und so hielt Costis direkt auf die Pforte zu, die auf den Jagdhof führte.
Hektisch neigte er den Kopf zum König, der zu ersticken schien. Costis stieß einen verärgerten Laut aus: Der König lachte nur.
»Der, den du da gerade auf den Hintern hast fallen lassen, war Baron Anacritus. Wusstest du das?«
»Nein, und es ist mir auch gleichgültig. Wo stecken Eure Kammerherren?«, fragte Costis verbittert.
»Ich habe sie für die Dauer meines ruhigen Spaziergangs fortgeschickt. Ohne Zweifel erzählt ihnen gerade jemand, was für einen Spaß sie verpassen. Sie werden bald hier sein.«
»Nicht bald genug«, sagte Costis.
»Hast du es so eilig damit, mich loszuwerden?«
»Warum könnt Ihr Euch nicht wie ein richtiger König benehmen?« , zischte Costis ihm ins Ohr.
Endlich erreichten sie den Jagdhof.
»Oh, ihr Götter, Treppen«, murmelte Eugenides verzweifelt.
Costis seufzte. Vor dem König lagen noch ein langer Weg und viele Stufen. Die königlichen Gemächer befanden sich auf der entgegengesetzten Seite des Palastes. Es würde wahrscheinlich das Beste sein, das nächste Treppenhaus zu suchen und zu den Gängen unter dem Dach emporzusteigen, durch die er in den Inneren Palast und von dort aus nach unten und in seine Gemächer gelangen konnte.
In der Annahme, dass sicher jemand anders den König dorthin eskortieren würde, musterte Costis die erste Stufenflucht, die vor ihnen lag. Sie führte aus dem Jagdhof zum Portikus vor dem Palasteingang. Eugenides betrachtete seine Füße. Er sah nicht, wie die Königin erschien.
Sie kam durch die Palasttür und war ihren Kammerfrauen ein Stück voraus; eine nach der anderen schlossen sie in sichtlicher Eile zu ihr auf. Die Leute auf den Stufen wichen stumm beiseite, um der Königin Platz zu machen, und sie sah auf den König hinab, der immer noch nicht aufgeschaut hatte. Steif und leise kam sie die Treppe herunter. Die Gardisten öffneten ihren Kordon, um sie durchzulassen.
Sie streckte die Hand nach Eugenides aus und berührte sein Gesicht. Er machte einen Satz rückwärts wie ein verschreckter Hirsch, so abrupt, dass Costis bei dem Versuch, ihn festzuhalten,
beinahe umgerissen wurde. Die Königin zog die Hand zurück, als hätte sie sich verbrannt.
Ringsum keuchten alle wie aus einem Munde; dann herrschte Stille. Nichts rührte sich auf dem Hof, nicht einmal die Luft, während die Königin auf den König und der König auf seine Füße hinabsah. Costis wurde das Herz schwer – um des Königs und der Königin und um seiner selbst willen, da er zu seinem Unbehagen zwei Menschen gleichermaßen treu ergeben war.
Die Königin hatte bereits zu einem langsamen Schritt rückwärts die Treppe hinauf angesetzt, als der König ihr Handgelenk ergriff und sie vorwärts zog. Er zog auch Costis mit. Costis war so viel größer als der König, dass es ihn aus dem Gleichgewicht brachte, die Schulter tief genug zu halten, um den König zu stützen. Er musste die Füße umsichtig neu setzen und ihre Stellung dann noch einmal verändern, als der König Attolias Handgelenk losließ, um ihr Kleid am
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