Der Gebieter
Majestät wünscht.«
Alle Kammerherren fuhren entgeistert zu ihr herum.
Die Königin erwiderte ihre Blicke. »Geht weg«, sagte sie.
Sie flohen zur Tür.
Costis, der von der anderen Seite des Bettes her kam und versuchte, mit einem Hauch von Würde zu gehen, erreichte die Tür als Letzter. Er warf einen Blick zurück. Die Königin ließ sich gerade auf der Bettkante nieder, unbeholfen in ihrem Zögern und zugleich von erlesener Anmut, wie ein Reiher, der in einem Baumwipfel landet. Unwillkürlich blieb er stehen, um genauer hinzusehen.
Sie streckte die Hand aus und berührte das Gesicht des Königs, legte ihm die Hand an die Wange.
»Nur ein Albtraum«, sagte er mit immer noch rauer Stimme.
Der Tonfall der Königin war kühl. »Wie peinlich«, sagte sie und sah seinen verstümmelten Arm an.
Der König schaute auf und folgte ihrem Blick. Wenn es schon
peinlich war, wie ein Kind schreiend aus einem Albtraum aufzufahren, wie viel peinlicher war es dann, der Grund dafür zu sein, dass der eigene Ehemann schreiend erwachte! Ein Lächeln huschte über das Gesicht des Königs. »Autsch«, sagte er und meinte damit mehr als die Schmerzen in seiner Seite. »Autsch«, sagte er noch einmal, als die Königin ihn in die Arme schloss.
Costis drehte sich verwirrt zu den Kammerherren um, die um ihn herumstanden. Sie sahen genauso verblüfft wie er drein, und Costis fand, dass es sie nicht das Geringste anging, wie der König und die Königin sich nach ihrem Streit versöhnten. Es ging überhaupt keinen von ihnen etwas an. Er griff nach der Tür, schob die Hand durch das Loch, in dem sich das Schloss hätte befinden sollen, packte sie beim zersplitterten Holz und zog sie zu.
Die Kammerherren starrten ihn empört an, aber keiner sagte ein Wort, das die Aufmerksamkeit der Königin hätte erregen können. Costis sah über die Schultern der Kammerherren hinweg und fing den Blick seiner Wachen auf.
»Räumt das Zimmer!«, befahl er.
Dagegen protestierten die Kammerherren leise, aber mit Nachdruck. Sejanus’ Stimme übertönte alle anderen: »Aus welcher Machtvollkommenheit heraus trittst du so selbstbewusst auf, Truppführer?«
Costis antwortete nicht. Sejanus wusste, welchen Rang er wirklich innehatte, aber das spielte kaum eine Rolle. Selbst als Leutnant hatte er keine Macht über einen Kammerherrn des Königs.
»Und wie willst du deinen Befehl durchsetzen?«, fügte Sejanus in seiner herausfordernden, herablassenden Sprechweise hinzu – und gab damit Costis die Antwort.
»Wenn nötig mit vorgehaltenem Gewehr«, sagte Costis. Sejanus’ Hand schoss zu dem Messer an seiner Taille. Ohne
auch nur einen Moment zu zögern, legte die Hälfte aller Gardisten im Raum die Hände an die Schwertgriffe; die übrigen setzten die Kolben ihrer Gewehre ab und begannen, sie zu laden.
Costis ließ Sejanus nicht aus den Augen. Die übrigen Kammerherren waren Schafe. Sie würden Sejanus’ Beispiel folgen, und als Sejanus eine Schulter hochzog und verächtlich schnaubte, wusste Costis, dass er gewonnen hatte.
»Ich bin mir sicher, dass keiner von uns Ihre Majestäten stören möchte«, sagte Sejanus.
Auf dem Gang vor der Wachstube stellte Costis seine Wachen auf. Er selbst bezog Posten an der Tür, nachdem er die übrigen Gemächer des Königs durchsucht hatte, um sicherzugehen, dass sie leer waren. Auf dem Flur drängten sich die Kammerherren des Königs und die Frauen der Königin. Jemand hatte die Bänke von weiter hinten im Gang geholt und Stühle aus den Empfangsräumen hergebracht. Costis unterdrückte ein Gähnen und fasste sich ans Ohr, das zu pochen begonnen hatte. Es war geschwollen und steif vor geronnenem Blut; als er nachsah, fand er auch auf seiner Schulter Blut. Anscheinend hatte der Querschläger ihn nicht ganz verfehlt. Die oberste Kammerfrau der Königin kam auf ihn zu, und er erstarrte. Phresine war eine ältere Dame mit ergrauendem Haar, das sie streng aus dem Gesicht zurückgeflochten trug. Sie lächelte ihn an und trat nahe genug an ihn heran, um ihm das Ohr mit einem weißen Tuch abzuwischen. Der Stoff war feucht und duftete nach Lavendel.
»Gut gemacht, Leutnant«, murmelte sie, während sie sanft das Blut abtupfte. Als sie fertig war, lächelte sie ihn noch einmal an und ließ sich auf einer Bank in der Nähe nieder.
Ihre Unterstützung war angesichts der Blicke der Kammerherren, die nichts Gutes verhießen, tröstlich, und Costis bedauerte es, als sie kurz darauf ging. Eine weitere Kammerfrau der
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