Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gebieter

Der Gebieter

Titel: Der Gebieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
Vom Netzwerk:
überlegen.«
    »Da gibt es nichts zu überlegen!«
    »Du weißt, warum ich ihn brauche.«
    »Nicht mehr«, hatte die Königin mit einer gewissen Endgültigkeit verkündet.
    Diese Endgültigkeit hatte der König ignoriert. »Jetzt mehr denn je«, hatte er beharrt.
    »Er hat versagt …«
    »Das ist nicht allein seine Schuld!«
    »Also willst du meine Entscheidungen umstoßen?« Attolia hatte ihn förmlich herausgefordert, es zu versuchen.
    »Du hast gesagt, das könnte ich«, hatte Eugenides rundheraus erwidert.
    Er hatte die Königin zu weit getrieben: Sie hatte ihn geschlagen. Der König hatte keine Anstrengungen unternommen, dem Hieb auszuweichen, der ihm den Kopf herumgerissen hatte. Er war mit dem Kopf gegen den Türpfosten geprallt, hatte das Gleichgewicht verloren und sich wieder gefangen. Als er die Augen
wieder geöffnet hatte, war die Königin schon an der Tür und dann verschwunden gewesen.
    Bevor seine Kammerherren sich aus ihrer sprachlosen Lähmung gelöst hatten, war er durch die Tür getreten und hatte sie zugeschlagen. Sie war mit einem Knall wie ein Gewehrschuss zugefallen, und sie hatten die Bolzen des Schlosses einrasten hören.
    Sejanus hatte eine beißende Bemerkung zu machen versucht, aber sie war in der unbehaglichen Verwirrung ins Leere gelaufen und hatte ihre Schärfe angesichts des unerwarteten unterschwelligen Mitgefühls mit dem König eingebüßt.
    »Gestern dachte ich, er würde sie lieben«, hatte Philologos kläglich gesagt.
    »Das hat er, glaube ich, auch getan«, hatte einer der anderen erklärt.
    »Und sie…«
    »Und ich glaube«, hatte Hilarion jedes weitere Gespräch unterbrochen, »dass wir hier alle nicht gebraucht werden, und da wir alle die ganze Nacht lang wach waren, sollten zumindest einige von uns ins Bett gehen.« Er hatte Philologos die Hand auf die Schulter gelegt und ihn zu der Tür geschoben, die durch das Ankleidezimmer des Königs in die zellenartigen, halbprivaten Räume führte, in denen die Kammerherren schliefen. »Wer weiß  – vielleicht sieht die Welt schon ganz anders aus, wenn ihr wieder aufsteht?« Er hatte sich warnend im Kreis der anderen Kammerherren umgesehen, aber weiter an Philologos gerichtet gesprochen. »Vergiss nicht, die Liebe von Königen und Königinnen übersteigt das Vorstellungsvermögen von Normalsterblichen wie uns.«
    Wenn irgendjemand bemerkt hatte, dass er den Dieb von Eddis als König bezeichnet hatte, sagte niemand etwas dazu.
     
    »Sie hat ihn nie geliebt«, sagte der Gardist rechts von Costis. Er klang erleichtert. »Es war nur vorgespielt.«
    Noch bevor Costis widersprechen konnte, sagte der Mann zu seiner Linken: »Natürlich war es nur gespielt. Würde unsere Königin denn dem Bocksfuß, der ihr den Thron gestohlen hat, schöne Augen machen? Seid ihr verrückt?«
    Costis öffnete erneut den Mund.
    »Und wärt ihr ihr noch treu ergeben, wenn sie es täte?«, fragte der Mann, der gegenüber von Costis am Tisch saß.
    Costis machte den Mund wieder zu.
    Die Männer um ihn herum zuckten verächtlich die Achseln. Die Frage stellte sich für sie gar nicht. Ihre Königin würde in ihren Augen nie etwas anderes als schön und leidenschaftlich sein, und an der geringen Meinung, die sie von ihrem König hatten, änderte auch das nichts, was sie bei jedem anderen für tollkühnen Mut gehalten hätten: Er hatte sich der zürnenden Attolia entgegengestellt.
    »Ich wäre es«, sagte Costis gelassen.
    Seine Kameraden musterten ihn verwirrt. Die Frage, die gestellt worden war, war so lächerlich gewesen, dass sie sie schon wieder vergessen hatten.
    »Sie ist meine Königin.« Costis sah Lepkus, der ihm gegenübersaß, stirnrunzelnd an und forderte ihn förmlich heraus, zu widersprechen. »Alles andere ist unwichtig«, sagte er. »Ich bleibe bis an mein Lebensende loyal.«
    Jemand schnappte plötzlich nach Luft. Die Frage war nicht mehr rhetorisch oder nur eine zweifelhafte sprachliche Übertreibung. Ihre Loyalität wurde infrage gestellt, und darauf war nur eine Antwort möglich.
    »Natürlich«, sagten die Männer in der Runde. Manche von ihnen waren über die Frage gekränkt, aber alle bekräftigten die unwandelbare Loyalität der Garde. »Natürlich.«
    »Nicht jeder wäre es«, sagte jemand weiter unten am Tisch. Costis konnte nicht sehen, wer es war, und beugte sich vor, um es herauszufinden. Es war Exis, ein Truppführer aus Costis’ ehemaliger Centurie. Er war ein Patron, gebildet und für seine Schläue bekannt.
    »Die Eddisier

Weitere Kostenlose Bücher