Der Gebieter
wollten von dem Mordversuch hören und ließen sich einfach nicht abwimmeln. »Aristogiton sagt, dass er zu spät dazukommen ist, um noch etwas außer den Leichen am Boden zu sehen. Erzähl uns, was wirklich geschehen ist, Costis!«
Costis erzählte ihnen widerstrebend, was er von dem Mordversuch gesehen hatte: dass es drei Attentäter gegeben hatte, dass der König einem von ihnen das lange Messer abgenommen und damit einem anderen die Kehle durchgeschnitten hatte. Dann hatte er dasselbe Messer nach dem letzten Meuchelmörder geworfen, der zu entkommen versucht hatte.
»Er war selbst also nicht bewaffnet?«
»Wie hat er ihm dann das Messer abgenommen?«
Costis zuckte mit den Schultern. Es war keine Vorführung zum Nachmachen bei einer Waffenübung gewesen. Er hatte keine Zeit gehabt, alles genau zu beobachten, während er so rasch er konnte auf den König zugerannt war. »Es ging zu schnell.«
»Ich verstehe«, sagte der Mann zu seiner Linken.
Seinem Ton nach zu urteilen verstand er offenbar etwas, das Costis nicht verstand, aber es blieb keine Zeit, das Gespräch
fortzusetzen. Ein Barackenjunge stand mit einer Nachricht neben ihm. Costis erhielt den Befehl, sich sofort in der Wachstube der Königin zu melden. Er stand auf. »Ich muss los.« Er entschuldigte sich, weil er niemanden kränken wollte.
»Natürlich«, murmelte jemand weiter hinten am Tisch in seinen Weinbecher.
Costis zögerte. Die Männer am Tisch dachten offensichtlich alle das Gleiche – was auch immer das war. Er konnte nicht bleiben, um nachzuhaken. Er würde Aris später danach fragen.
Er musste in sein Quartier zurückkehren, um Brustpanzer und Schwert zu holen. Dann eilte er in die Wachstube der Königin, wo er das Schwert abnahm und in die Halterung steckte. Eine Kammerfrau, die offensichtlich auf ihn gewartet hatte, führte ihn durch das Labyrinth miteinander verbundener Räume ins Vorzimmer zum Schlafgemach der Königin.
Die Königin und Ornon waren da.
»Was er hinnimmt, nimmt er um Euretwillen hin, Euer Majestät.«
»Was Ihr damit sagt, ist, dass man ihn lenken, aber nicht zwingen kann, Botschafter.« Der Tonfall der Königin war eisig.
»Euer Majestät, was ich damit sage, ist nur, dass ich noch nie erlebt habe, dass er sich zu etwas hat zwingen lassen – und auch nur selten, dass man ihn lenken konnte. Doch wenn Ihr ihn um den Finger wickeln und dabei irgendwie unter den Pantoffel bekommen könntet, dann wäre ich Euch, wie Ihr wissen müsst, auf ewig dankbar. Ich würde glücklich sterben.«
Die Königin lachte leise über dieses Eingeständnis, und Ornon lächelte, wurde aber rasch wieder ernst. »Seine Gesundheit ist ruiniert, Euer Majestät. Seine Konstitution ist nicht mehr das, was sie einmal war, bevor…«
»Bevor ich ihm die Hand abgehackt habe.«
»Bevor Ihr ihm die Hand abgehackt habt.« Keiner von beiden redete um den heißen Brei herum. »Die Wunde ist nicht schwerwiegend, aber er wird in ernster Gefahr sein, wenn sie sich entzündet, und wir können es uns nicht leisten, ihn sterben zu lassen. Eure Majestät mag andere Mittel wählen und dieses in der Hinterhand halten. Natürlich ist es Eure Entscheidung.«
Costis bezweifelte, dass das zutraf. Eddis hatte Attolia das Schwert an die Kehle gesetzt, und Costis hatte gehört, dass in den Verträgen Bestimmungen enthalten waren, die dem Botschafter in manchen Belangen größere Autorität als der Königin einräumten.
Die Königin dachte noch immer nach.
Ornon sagte: »Ich habe ihn vier Stockwerke über dem Boden quer über Atrien springen sehen – Abstände, bei denen Euch das Blut in den Adern gefrieren würde. Einmal habe ich ihn gestehen hören, dass er manchmal glaubt, den Abstand nicht bewältigen zu können. Er springt immer, Euer Majestät. Die Diebe werden nicht zur Selbsterhaltung erzogen. Ich flehe Euch an, meinen Rat anzunehmen.«
»Ihr könntet sie aus eigener Machtvollkommenheit heraus herbestellen.«
»Das würde ich mir nie herausnehmen.«
Er nahm es sich heraus und würde nicht aufgeben, bis sie einlenkte.
Er lächelte erneut. »Er hat sich gewisse Fesseln anlegen lassen, aber das heißt nicht, dass sie ihn nicht mehr scheuern. Wenn sie einen anderen Ursprung hätten, würde er sie vielleicht erträglicher finden.«
»Warum?«
»Größtenteils, weil er sich über sie beschweren könnte.«
Die Königin nickte und räumte ein, dass er recht hatte.
»Sind wir uns also einig?«
»Nun gut.«
Costis und die Kammerfrau
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