Der Geek-Atlas (German Edition)
abgeschossen werden, wenn beide Schlüssel gleichzeitig gedreht wurden.
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Flugkörper- und Raketenantriebe
Bei den Triebwerken der Titan II-Rakete handelt es sich um Raketentriebwerke. Raketentriebwerke nutzen Newtons Drittes Gesetz
(siehe Kapitel 69 ), um Bewegung zu erzeugen – sie stoßen mit hoher Geschwindigkeit (und hoher Temperatur) das Gas aus, das beim Verbrennen
des Treibstoffs entsteht. Im Gegensatz zu Düsentriebwerken (siehe Abbildung 46.1 ), die Luft ansaugen und beschleunigen, um Druck zu erzeugen, verbrennt ein Raketentriebwerk den Treibstoff und erzeugt Schub,
ohne dass dazu externe Luft benötigt wird. Aus diesem Grund funktionieren Raketentriebwerke auch im Vakuum. Da die Luft als
Quelle für den Sauerstoff fehlt, wird eine oxidierende Chemikalie verwendet, die zerfällt und den Sauerstoff freigibt, der
zur Verbrennung des Treibstoffs notwendig ist.
Die Titan II-Rakete verwendet Hydrazin (N 2 H 4 ) als Treibstoff und Distickstofftetroxid (N 2 O 4 ) als Oxidationsmittel. Sie besitzt zwei Triebwerke mit identischem Aufbau. Diese verfügen jeweils über eine Brennkammer (in
der Treibstoff und Oxidationsmittel gemischt wurden) und zwei Pumpen, die mit den separaten Treibstoff- und Oxidationsmitteltanks
verbunden sind.
Sobald die Pumpen eingeschaltet werden, mischen sich das Hydrazin und das Distickstofftetroxid in der Brennkammer und entzünden
sich. Das Hydrazin zerfällt und setzt dabei Wasserstoff frei. Der Druck in der Brennkammer steigt extrem an und einige Gase
entweichen über die Düse aus der Kammer. Wenn diese Gase aus der Düse austreten, erzeugen sie Schub (siehe Abbildung 83.1 ).
Abbildung 83.1 Raketentriebwerk
Der Schub wird durch die Menge des Gases bestimmt, die über die Düse entweicht, sowie durch den Druckunterschied zwischen
Auslass und Atmosphäre. Der Schub F, der durch das Triebwerk erzeugt wird, besteht aus zwei separaten Kräften. Das aus dem
Auslass austretende Gas hat eine bestimmte Geschwindigkeit V und pro Zeiteinheit entweicht eine bestimmte Masse m an Gas.
Die durch das entweichende Gas erzeugte Kraft ist definiert als mV.
Doch es besteht außerdem ein Druckunterschied zwischen dem Gas und der umgebenden Atmosphäre. Damit wirkt eine zweite Kraft
auf die Rakete, wenn sich das Gas, das einen hohen Druck P aufweist, um die Düse A herum ausdehnt, wo ein anderer Umgebungsdruck
p herrscht. Der folgende zweite Term zeigt, dass Raketentriebwerke aufgrund des geringeren atmosphärischen Drucks zusätzlichen
Schub erzeugen, während sie durch die Atmosphäre rasen.
Die Formel zur Berechnung des Gesamtschubs ist in Gleichung 83.1 zu sehen.
Gleichung 83.1. Schubgleichung
Sie können die Gleichung weiter vereinfachen, indem Sie eine Geschwindigkeit v definieren, die als äquivalente Austrittsgeschwindigkeit
bezeichnet wird und den Druckunterschied berücksichtigt. Die Gleichung lautet dann F = mv, wobei v durch die Definition in Gleichung 83.2 ersetzt wird.
Gleichung 83.2. äquivalente Austrittsgeschwindigkeit
Nach Newtons drittem Gesetz (jede Aktion führt zu einer gleich starken Gegenreaktion) bewegt sich die Rakete mit genau der
Kraft fort, die an der Düse durch die austretenden Gase erzeugt wird.
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Die sechsstufige Titan II-Rakete wurde unschädlich gemacht und draußen platziert, damit die Russen sie per Satellit untersuchen
konnten. Dann wurde sie wieder in ihre ursprüngliche Position gebracht. Der gefährlichste Teil der Rakete war nicht der Sprengkopf
(solange er nicht auf seine Reise geschickt wurde), sondern der verwendete Treibstoff. Dieser Treibstoff bestand aus dem Brennstoff
Aerozin 50 und dem Oxidationsmittel Stickstofftetroxid. Er war giftig, ätzend und hypergol: Vermischte man die beiden Bestandteile,
konnten sie sich spontan entzünden. Das Museum zeigt die Verfahren und die Schutzkleidung, die zum Betanken der Rakete notwendig
waren.
Außerhalb des Silos werden ebenerdig die Triebwerke ausgestellt. Hier können Sie auch die Wiedereintrittskapsel (die die Bombe
enthielt), einen Raketentankwagen, der das Oxidationsmittel kühlen musste, sowie den Zugang zum Silo selbst, von dem aus die
Rakete abgeschossen worden wäre, sehen.
Das Museum bietet die unterschiedlichsten Führungen an, von einer einfachen einstündigen Tour bis zu einer umfassenden 5-Stunden-Führung
durch alle Teile des Silos, die Rakete, den Kontrollraum, die Küche und die Schlafräume. Auf besondere Anfrage kann man
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