Der gefaehrliche Verehrer
Hand um und drückte einen Kuss mitten auf die Handfläche.
»Eben …?« drängte er.
»Eben Folgen. Boyd …« Sie erschauerte, als er an ihrem Handgelenk knabberte.
»Ist das alles, was du mir sagen wolltest?«
»Nein. Kannst du damit aufhören?«
»Wenn ich mich ernsthaft bemühe.«
Sie ertappte sich dabei, dass sie lächelte. »Nun, dann bemühe dich ernsthaft. Ich kann nicht denken.«
»Gefährliche Worte.« Aber er hörte auf zu knabbern.
»Ich versuche, ernst zu sein.«
»Ich auch.« Erneut hinderte er sie am Aufstehen. »Versuch’s mit tiefem Durchatmen.«
»Gut.« Sie tat es und fuhr dann fort: »Letzte Nacht, als ich mich in der Dunkelheit hinlegte, hatte ich Angst. Ich hörte ihn, hörte diese Stimme, alles, was er zu mir gesagt hatte. Immer und immer wieder. Ich wusste, dass ich nicht daran denken darf, weil ich sonst verrückt werden würde. Also habe ich an dich gedacht.« Sie machte eine Pause und wartete auf den Mut zum Weitersprechen. »Und als ich an dich dachte, löschte das alles andere aus. Ich hatte keine Angst mehr.«
Er umspannte ihre Hand fester. Ihre Augen waren ruhig, aber er sah, wie ihre Lippen kurz bebten, bevor Cilla sie zusammenpresste. Er wusste, dass sie wartete. Darauf, was er tun, was er sagen würde. Sie konnte nicht wissen, konnte nicht ahnen, dass er in diesem Moment, in diesem winzigen Zeitabschnitt, die Grenze überschritt, an der er entlanggewandert war, und sich in sie verliebte.
Hätte er es ihr gesagt, hätte sie ihm nie geglaubt. Manchen Frauen musste man es zeigen. Es genügte ihnen nicht, es nur zu hören. Cilla war eine von ihnen.
Langsam stand er auf und zog sie mit sich, presste sie an sich, legte ihren Kopf an seine Schulter und schlang die Arme um sie. Er fühlte, wie sie vor Erleichterung erschauerte, als er die Umarmung ruhig hielt und nichts forderte.
Das war genau, was sie brauchte. Woher wusste er das immer? Festgehalten zu werden, einfach so, ohne Worte, ohne Versprechungen. Die solide Wärme seines Körpers zu fühlen, den festen Griff seiner Hände, den gleichmäßigen Schlag seines Herzens.
»Boyd?«
»Ja.« Er wandte den Kopf und küsste ihr Haar.
»Vielleicht stört es mich gar nicht, dass du nett zu mir bist.«
»Wir können es ja mal ausprobieren.«
»Und vielleicht hast du mir sogar gefehlt.«
Jetzt war er an der Reihe, tief durchzuatmen, um sich zu beruhigen. »Hör mal.« Er schob seine Hände auf ihre Schultern. »Ich muss ein paar Anrufe erledigen. Danach könnten wir beide hier ein paar gemütliche Stunden verbringen. Wenn das Telefon klingelt, werde ich mich nicht melden. Wenn jemand an die Tür kommt, warte ich, bis er wieder weggeht. Ich könnte auch nach dem Leck unter deiner Spüle sehen. Okay?«
»Sicher.«
Er drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Das ist das beste Angebot, das ich seit Jahren bekommen habe.«
6. K APITEL
Der Ballsaal war von Lärm erfüllt – Schlagzeug, Bass, Gitarre. Lichter wirbelten, Körper zuckten, Füße stampften. Cilla heizte die Stimmung mit ihrer Mitternachtsstimme an und genoss die Ergebnisse. Lachen, Musik, laute Unterhaltungen. Cilla hatte ihre Finger an den Reglern. Sie kannte keines der Gesichter, aber es war ihre Party.
Himmel, er sieht wunderbar aus, dachte Cilla, während Boyd sich der Bar zuwandte. Seltsam, sie hatte gedacht, ein rauchgraues Jackett würde für ihren Geschmack zu konservativ aussehen. An ihm wirkte es. So gut, stellte sie mit einem belustigten Lächeln fest, dass die Hälfte der Frauen von Abschlussklasse ’75 die Augen auf ihn gerichtet hielt.
Pech, Ladys, dachte sie. Er gehört mir. Zumindest heute Abend.
Ein wenig überrascht darüber, wo ihre Gedanken gelandet waren, kehrte sie in die Wirklichkeit zurück und wählte einen Zettel aus dem Stapel mit Musikwünschen neben dem Plattenteller. Ein nostalgischer Haufen, fand sie, als sie wieder einen fünfzehn Jahre alten Hit heraussuchte.
»Das ist für Rick und Sue, die Süßen von der High School, die seit zwölf Jahren verheiratet sind. Und dabei hieß es mal, es wäre nur eine Sandkastenliebe. Und jetzt ›Rockin All Over The World‹!«
»Hübsch gemacht«, bemerkte Boyd.
Sie wandte den Kopf und lächelte. »Danke.«
Er reichte ihr einen Softdrink mit Eiswürfeln. »Ich habe nächstes Jahr ein Klassentreffen. Bist du schon ausgebucht?«
»Ich sehe auf meinem Terminkalender nach. Wow!« Sie sah zu, als ein paar Meter entfernt ein Paar loslegte. Andere Paare wichen zurück, als die beiden eine
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