Der Gefährte des Wolfes: Tristan (German Edition)
Sie schlafen, Conrad. Tristan wird morgen in der Wohnung bleiben. Ich möchte, dass Sie alle Bücher einpacken, die er auswählt, und dafür sorgen, dass sie zum Landhaus gebracht werden«, entgegnete Benjamin und atmete tief durch.
Er musste seine Gefühle besser unter Kontrolle bekommen. So kurz vor dem Vollmond konnte seine heftige, sexuelle Reaktion auf Tristan möglicherweise gefährlich werden.
»Selbstverständlich, Sir.«
Benjamin wandte sich wieder Tristan zu, nahm seine Hand und führte ihn in eine Ecke des Raumes. »Die meisten der Bücher, die Sie interessant und hoffentlich hilfreich finden werden, befinden sich in meinem Landhaus, aber vielleicht stoßen Sie auch hier auf etwas, das Ihnen weiterhilft.«
Mit einem kräftigen Stoß schob er eine der Ablagen zurück und eine Gruppe Bretter schwang leise nach vorne, um einen Satz geheimer Bücherregale zu enthüllen.
Tristans Blick glitt über die Buchrücken. Diese Bücher waren ganz offensichtlich viel älter und wertvoller als die, die offen zugänglich waren. Sie reichten von kleinen, kaum handtellergroßen Exemplaren bis hin zu solchen, die aufgrund ihrer Größe eigens angefertigte Regalbretter benötigten. Die meisten von ihnen waren in Leder gebunden, manche sogar von Hand.
Der Bücherwurm in ihm wollte entzückt in die Luft springen, aber er beschränkte sich darauf, seine Finger vorsichtig über ihre Rücken gleiten zu lassen.
»Meine Familie führt seit drei Generationen einen Laden für gebrauchte, okkulte Bücher«, erklärte Tristan. »Einige dieser Titel habe ich noch nie gesehen. Auf viele von ihnen wird in neueren Werken hingewiesen, aber das Original zu besitzen...« Tristan verstummte ehrfürchtig.
»Meine Familie sammelt schon seit Jahrhunderten Texte, die sich mit unserem Problem beschäftigen. Wir haben vermutlich eine der größten Bibliotheken über Werwölfe auf der ganzen Welt«, erklärte Benjamin.
Tristan ließ seinen Zeigefinger abermals über einen der ledernen Buchrücken gleiten. Er liebte Bücher und jetzt wurde ihm nicht nur eine so exklusive Sammlung gezeigt, sondern obendrein versprochen, dass es noch mehr davon gab.
Er schüttelte den Kopf und erinnerte sich daran, weshalb er hergekommen war. Es wäre so einfach, sich in diesen Texten zu vergraben, sich in dem Wissen zu verlieren, das sich vor ihm auftat, aber die Realität stand nur weniger als eine Armlänge von ihm entfernt.
Tristan blickte Benjamin an und griff nach seiner Hand. »Ich danke Ihnen dafür, dass Sie... dass du mir eine Chance gibst.«
***
Benjamin warf sich von der Seite auf den Rücken und hob ein Bein an, das sich im Laken verheddert hatte. Wild schüttelnd versuchte er, sich zu befreien, ehe er schließlich mit einem unterdrückten Fluch die komplette Decke von sich warf und die Beine aus dem Bett schwang, sodass seine nackten Füße den Boden berührten. Gefangen zwischen dem Vollmond und seinem Interesse an Tristan, war er viel zu aufgewühlt, um jetzt schlafen zu können.
Kurz streifte sein Blick die Tür des Wandschranks, dann entschied er sich aber doch gegen die unnötige Anstrengung, seinen Morgenmantel überzustreifen. Wem würde er schon um drei Uhr morgens in seiner eigenen Küche über den Weg laufen?
Lykanthropen fühlten sich von Natur aus nackt sehr viel wohler. Ein Teil von Benjamins exzentrischer Persönlichkeit drückte sich darin aus, dass er und seine Mitarbeiter sich sehr viel legerer kleideten, als es für die meisten Geschäftsleute auf seiner Ebene üblich war.
Der Presse war es sogar tatsächlich allmählich langweilig geworden, Fotos von ihm zu veröffentlichen, auf denen er barfuß herumlief, weil das einfach zu häufig vorkam. Die seidenen Pyjamahosen, die er im Augenblick trug, waren reine Notwendigkeit, weil er zurzeit einen Gast beherbergte, obwohl Kleidung aus natürlichen Materialien wie Seide, Baumwolle oder Leder immer noch angenehmer für ihn zu tragen waren als synthetische Stoffe.
Leise schlich er die Stufen zur Küche hinunter. Eine Tasse Kräutertee würde ihm vielleicht dabei helfen, ein wenig runterzukommen. Im Augenblick wünschte er sich sehr, dass Alkohol oder Schlaftabletten eine Wirkung auf ihn hätten.
Ohne sich die Mühe zu machen, das Licht einzuschalten, setzte er Teewasser auf und hängte einen Beutel in die Tasse, während er darauf wartete, dass das Wasser zu kochen begann. Er konnte in der Dunkelheit ebenso gut sehen wie am Tag und dies war nicht der einzige seiner Sinne,
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