Der gefangene Stern
braucht Weisheit, und beide brauchen Edelmut“, sagte sie.
Mit einem Nicken steckte er den Stein in die Hemdtasche über seinem Herzen. „Eines findet das andere. Beides findet das Dritte.“ Seine Augen blitzten. „Und du gehörst zu mir.“
Im Schatten eines Felsens entrollte sich eine Schlange, zischte warnend und biss zu.
M.J. schoss in die Höhe und presste beide Hände auf ihr rasendes Herz. Noch immer gefangen in dem Traum, wiegte sie sich hin und her. Die Schlange, dachte sie erschauernd. Die Schlange mit den Augen eines Manns.
Du lieber Himmel! Sie konzentrierte sich auf ihre Atmung, versuchte, das Zittern ihres Körpers zu kontrollieren, und fragte sich, warum ihre Träume auf einmal so klar, realistisch und merkwürdig waren.
Statt sich wieder hinzulegen, nahm sie ein T-Shirt vom Boden – Jacks T-Shirt – und streifte es über. Noch immer verwirrt, brauchte sie eine Weile, um zu begreifen, dass sie nicht etwa Regentropfen hörte, sondern das Rauschen der Dusche.
Und allein diese Tatsache – das Wissen, dass er auf der anderen Seite der Tür unter der Dusche stand – verjagte die Angst.
Sie war stolz darauf, in jeder Situation allein klarzukommen. Allerdings hatte sie auch noch nie zuvor in einer solchen Situation gesteckt. Es bedeutete wirklich einen großen Trost, zu wissen, dass ihr jemand zur Seite stand.
Lächelnd rieb sie sich den Schlaf aus den Augen. Sie wusste, dass er sich nicht plötzlich davonmachen würde. Er würde alles mit ihr durchstehen, sich der Gefahr stellen – und der Schlange, die im Schatten lauerte. Vollends beruhigt stand sie auf, und die Badezimmertür ging auf.
Eine Dampfwolke folgte Jack. Um die Hüfte hatte er ein verschlissenes Handtuch geschlungen, Wassertropfen glitzerten auf seinem Körper. Das Haar hing ihm nass bis auf die Schultern. Noch hatte er sich nicht rasiert.
Sie stand vor ihm, mit schweren Lidern, vom Schlaf zerzaust und nur mit seinem zerknitterten T-Shirt bekleidet, das ihr bis auf die Oberschenkel reichte.
Einen Moment starrten sie sich einfach nur an.
Es war da, so wirklich und leibhaftig in dem schäbigen kleinen Zimmer wie sie beide. Und es glühte hell und lebendig wie der Stein, der sie hierhergebracht hatte.
Jack schüttelte den Kopf, als würde er aus einem Traum erwachen. Seine Augen verdunkelten sich vor Ärger. „Das ist albern.“
Am liebsten hätte sie ihre Hände in die Hosentaschen gesteckt, doch da sie keine hatte, verschränkte sie nur die Arme vor der Brust und blickte düster zurück. „Stimmt, ist es.“
„Ich bin nicht auf der Suche nach so was.“
„Denkst du, ich vielleicht?“
Er wollte schon über den beleidigten Klang ihrer Stimme lächeln, doch er war zu sehr damit beschäftigt, sie finster anzuschauen. „Bis jetzt war es nur ein verdammter Job.“
„Keiner behauptet, dass es jetzt anders ist.“
Mit zusammengekniffenen Augen trat er einen Schritt vor. „Nun, es ist aber anders.“
„Ja.“ Sie ließ die Arme sinken, hob dafür das Kinn. „Und was willst du dagegen unternehmen?“
„Das fällt mir schon noch ein. Ich dachte, dass es nur an den Umständen liegt, aber das ist es nicht. Es wäre so oder so geschehen.“
Ihr Herzschlag beruhigte sich. „Das Gefühl habe ich auch.“
„Okay.“ Er nickte. „Sag du es zuerst.“
Lächelnd schüttelte sie den Kopf. „Nein. Du.“
„Was soll’s.“ Er strich sich durch das tropfend nasse Haar. „Okay, okay“, brummte er. Nerven vibrierten unter seiner Haut, Muskeln verdrehten sich in ihm wie Draht, aber er sah ihr direkt in die Augen. „Ich liebe dich.“
Da brach sie in Gelächter aus.
„Wenn du meinst, dass du dich in dieser Situation über mich lustig machen solltest, bitte schön.“
„Tut mir leid.“ Sie unterdrückte ein weiteres Lachen. „Du hast nur so gequält und genervt ausgesehen. Die Romantik in deinen Worten hat mich einfach erschlagen.“
„Soll ich es vielleicht singen?“
„Eventuell später.“ Sie lachte wieder. „Aber erst einmal will ich dich nicht länger zappeln lassen. Ich liebe dich auch. Ist das besser?“
Das Eis in seinem Magen schmolz sofort. „Du könntest versuchen, ein wenig ernsthafter dabei auszusehen. Ich finde, da gibt es gar nichts zu lachen.“
„Sieh uns doch an.“ Sie hielt eine Hand vor den Mund, während sie aufs Bett sank. „Wenn das nicht lustig ist, dann weiß ich es auch nicht.“
Das konnte er nicht abstreiten. Genau genommen, konnte er überhaupt nichts abstreiten. „Okay,
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