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Der Gefangene von Zhamanak

Titel: Der Gefangene von Zhamanak Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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Prozess wird morgen eröffnet. In Anbetracht der heiklen politischen Lage, welcher sich der Heshvavu gegenübersieht, ist ihm sehr daran gelegen, dass nichts den glatten Ablauf dieses Prozesses beeinträchtigt. Es geht das Gerücht, dass die Terraner, denen das gemeine Volk übertriebene Weisheit andichtet, der gleichen Irrlehre anhängen wie Isayin, nämlich dass die Welt rund sei. So etwas können wir in einem ordentlichen, durchorganisierten Königreich nicht zulassen.«
    »Ja, und?« fragte Mjipa, den ein mulmiges Gefühl beschlich.
    »Um diesem Gerücht entgegenzuwirken, möchte Seine Kolossalität, dass ein Terraner bei dem Prozess als Zeuge auftritt, zu bestätigen, dass eine beträchtliche Anzahl von Terranern der nämlichen Anschauung anhängt wie der in unserem Reiche amtlichen. Und dieser Terraner sollt Ihr sein.«
    »Soll das heißen«, ächzte Mjipa, »Ihr wollt, dass ich bei diesem Prozess als Zeuge auftrete und aussage, ich sei der Meinung, Eure Welt wäre flach?«
    »Dass Ihr und eine beträchtliche Zahl anderer von Eurer Art dieser Meinung seid.«
    Als Mjipa den Mund öffnete, um lautstark zu protestieren, hob Chanapar die Hand. »Nein, sagt mir nicht, ob Ihr mit dieser Auffassung übereinstimmt. Ich möchte es lieber nicht wissen. Beantwortet lediglich alle Fragen, die der Ankläger Euch stellen wird, mit ›ja‹, und Ihr werdet Eure Kopie der Ahnentafel bekommen.«
    Mit zusammengebissenen Zähnen starrte Mjipa auf den Fußboden. Der Vorschlag war in höchstem Maße widerlich. Vor Gericht wissentlich einen absurden Schwachsinn zu beeiden, war zutiefst unehrenhaft, um so mehr, als diese seine Zeugenaussage wesentlich zur Verurteilung eines tüchtigen, aufgeklärten krishnanischen Gelehrten beitragen würde. Schließlich fragte Mjipa:
    »Wenn Isayin verurteilt wird, was geschieht dann mit ihm?«
    »Das zu entscheiden, ist Sache der Richter. Es kann alles sein zwischen zehn Jahren Haft und Todesstrafe.«
    Mjipa überlegte fieberhaft. Weigerte er sich, dann bestand kaum noch eine Chance, dass er nach Zhamanak kommen würde, und nur die Götter Krishnas wussten, was dann aus Alicia Dyckman wurde. Zwar war Mjipa stets bemüht, fair gegenüber den Krishnanern zu sein; wenn jedoch das Leben eines Terraners gegen das eines Krishnaners stand, dann musste der Terraner schon ein wahrhaftiger Schurke sein, bevor Mjipa Partei gegen seine eigene Spezies ergriff.
    »Ich mache mit«, sagte er grimmig.
    »Sehr gut! Ich war sicher, dass Ihr das Angebot annehmen würdet«, frohlockte der Phathvum.
    »Ist die Kopie schon fertig?«
    »Yerkus, unser führender Kalligraph, ist gerade dabei, sie anzufertigen.«
    »Darf ich sehen, wie weit das Werk schon fortgeschritten ist? Nicht, dass ich Euch misstraute, Hoheit, aber ich möchte unvorhergesehenen Hindernissen vorbeugen.«
    »Das ließe sich wohl einrichten. Wartet hier!« Der Minister verließ das Zimmer, kam jedoch schon nach kurzer Zeit zurück. »Kommt!«
    Mjipa folgte dem Phathvum durch dasselbe Labyrinth von Gängen wie schon einmal. Dieses Mal war König Vuzhov nicht in seinem Kabinett. Statt dessen saß ein anderer Krishnaner am königlichen Schreibtisch, der in mühevoller Kleinarbeit die Linien und Namen von der Tafel auf einen Bogen einheimischen Papiers übertrug.
    Mjipa schaute dem Kalwmianer über die Schulter und nickte. »Ich werde Eurem Prozess beiwohnen. Wann und wo soll ich mich einfinden?«
     
    Als er aufgerufen wurde, sich auf dem Zeugenkissen niederzulassen, schlenderte Mjipa langsam an dem Podium vorbei, auf dem die drei Richter hockten. Bei seinem Anblick ging ein Scharren und Raunen durch die Reihen der Zuschauer. Von der anderen Seite des Saales starrte der Angeklagte, ein kleiner runzliger Krishnaner, zu ihm herüber. Der Konsul glaubte, Vorwurf aus seinem Blick herauszulesen, auch wenn es schwer für einen Ertsu war, das Mienenspiel von Krishnanern zu interpretieren.
    »Meister Mjipa«, hub der Ankläger an, »da Ihr Terraner seid, können wir nicht verlangen, dass Ihr Euren Eid auf unsere Götter ablegt. Es soll genügen, wenn Ihr auf die terranischen Götter schwört.«
    Mjipa unterdrückte ein Lächeln. »Ich denke, das kann ich.«
    »Sehr gut. Dann’ schwöret nun bei diesen Göttern – Ihr müsst ihre Namen aufsagen –, dass Ihr die Wahrheit sprechen werdet, die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit.«
    »Ich schwöre bei Gott, Jehovah, Allah, Brahma … eh … Modimo, Odin und Zeus, dass ich die Wahrheit sage, die reine Wahrheit

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