Der Gefangene von Zhamanak
mit einer schriftlichen Ermächtigung zurück, dass dieser Terraner und seine Begleiter passieren dürfen.« Der Offizier wandte sich wieder Mjipa zu. »Ihr könnt ebenso gut absitzen und es Euch bequem machen, Meister Terraner. ’s wird mindestens zwei Tage dauern, bis Spisov mit Eurem Bewilligungsschreiben wieder hier ist.«
Innerlich kochend, ließ Mjipa sich von seinem Aya gleiten. Dann fragte er entnervt: »Kriege ich hier irgendwo einen guten, starken Kvad? Ich glaube, ich habe mir redlich einen verdient.«
3
Konfrontation
B ei seiner Audienz beim Heshvavu von Kalwm hatte Mjipa sein Schwert bei einem Türwächter hinterlegen müssen – eine bei krishnanischen Herrschern übliche Vorsichtsmaßnahme. Dagegen hatte er nichts einzuwenden, da er sich ohnehin immer ziemlich tollpatschig beim Tragen dieser mittelalterlichen Waffen vorkam, etwa so, als wäre er auf einem Karnevalsball, dem er nicht entrinnen konnte. Als er den Heshvavu von Mutabwk besucht hatte, war ihm außer seinem Schwert auch noch der Dolch abgenommen worden.
Die Wachtposten vor dem Audienzzimmer von Khorosh, dem Heshvavu von Zhamanak, nahmen ihm nicht nur sein Schwert und seinen Dolch ab, sondern filzten ihn auch gründlich, wobei sie es nicht bei einem kurzen Blick unter seinen Kilt bewenden ließen, sondern sich mit geradezu hemmungslosem Entdeckungsdrang in die Details seiner Anatomie vertieften. So kam es, dass Mjipa nicht gerade in bester Stimmung war, als er in das Zimmer geführt wurde. Schweißperlen standen ihm auf der schwarzen Stirn, nicht nur wegen der drückenden Schwüle, die im Palast herrschte, sondern auch wegen der Schwierigkeit der Aufgabe, die ihm bevorstand.
Wie die meisten anderen Zhamanakianer war auch Khorosh nackt bis auf einen Gürtel, an dem ein paar persönliche Dinge hingen, und eine prunkvolle Körperbemalung aus Scharlachrot und Gold. Sein Schädel war glatt rasiert. Als alterfahrener ›Krishnaner‹ war Percy Mjipa an Nacktheit gewöhnt. Aber den zhamanakianischen Brauch, sich die Geschlechtsteile in kontrastierenden Farben anzumalen, fand er – Verklemmtheit hin, Verklemmtheit her – denn doch reichlich geschmacklos.
Mjipa berührte pflichtgetreu den Boden mit der Stirn. Als er die Erlaubnis bekam, sich wieder zu erheben, studierte er den Krishnaner genauer.
Seiner Schätzung nach war Khorosh relativ jung. Er war von schlankem, fast zerbrechlich wirkendem Körperbau. Wie bei anderen Khaldoniern waren Khoroshs Riechorgane, die federartigen Antennen, länger und üppiger als die der nördlicheren Rassen. Selbige waren jetzt gesenkt, so dass der Heshvavu unter einer dichten Hecke aus Augenbrauen und Antennen heryorspähte. Nach einem langen Schweigen, während dem Mjipa das Gefühl hatte, als würde er von dem bohrenden Blick des Königs geradezu geröntgt, sagte Khorosh unvermittelt:
»Was begehrt Ihr, o Terraner?«
Die Spannung, die in der Stimme lag, ließ Mjipa ahnen, dass er es hier mit einem Exemplar von Krishnaner zu tun hatte, mit dem nicht gut Kirschen essen war. Er schob die breiten Schultern ein wenig vor und sagte: »Mit Verlaub, Eure Superiorität, ich bin von Novorecife gesandt, dem Gerücht nachzugehen, dass Ihr eine Terranerin gegen ihren Willen gefangen haltet.«
Der Heshvavu schwieg erneut eine ganze Weile, ehe er sagte: »Wir hören Euch. Wir riechen Euch auch. Sonst noch etwas?«
»Und? Haltet Ihr sie nun gefangen oder nicht?« fauchte Mjipa, innerlich kochend wegen der Anspielung auf seinen Körpergeruch.
Schlagartig richteten die Riechfedern sich auf. »Das geht Euch nichts an. Als Souverän dieses Reiches halten wir gefangen, wen wir wollen.«
»Meine terranischen Landsleute fassen solche Inhaftnahmen sehr ernst auf. Sie haben mich dazu ermächtigt, Euch förmlich zu fragen, ob Ihr Alicia Dyckman gefangen haltet.«
Der Anflug eines krishnanischen Lächelns huschte über das Gesicht des Heshvavu. »Und was ist, wenn ja? Sie kam hierher aus eigenem Antrieb. Wir haben sie weder eingeladen noch ihr sicheres Geleit gewährt.«
»Ich habe hier«, erwiderte Mjipa, »einen Brief vom Comandante in Novorecife, in dem er gegen diese Behandlung eines terranischen Bürgers protestiert. Er ist in Gozashtando abgefasst, da niemand in Novorecife in der Lage war, ihn in gutes Khaldoni zu übersetzen.« Er überreichte dem Heshvavu den Brief, wobei er hinzufügte: »Erlaubt mir, die Frage zu stellen, Hoheit, was die Terranerin Dyckman getan hat, dass Ihr sie in den Kerker werft.
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