Der Gefangene von Zhamanak
darüber, dass es ihm nicht gelungen war, Alicias Resttugend zu retten, und seiner Verwirrung darüber, dass sie noch immer im Serail verweilte, nicht so recht in der Stimmung war, sein Bouquet angemessen zu würdigen.
Roqir stand bereits tief im Westen, als Alicia endlich erschien. Sie trug ihr übliches Khakihemd nebst den dazugehörigen Shorts, aber Mjipa konnte sehen, dass sie unter der Kleidung in der Art der Khaldonier mit Körperfarbe bemalt war; das Muster bedeckte gleichfalls die nackten Arme und Beine und den Hals. In einer Hand hielt sie eine lange Rolle krishnanischen Papiers, und um den Hals trug sie eine glitzernde Perlenkette.
»Percy, mein Herzchen!« kreischte sie überschwänglich. »Wie nett von dir, dass du die ganze Zeit gewartet hast! Lebt wohl, Eure Hoheit«, sagte sie fröhlich, an den Minister gewandt; dann wieder zu Percy: »Wir müssen zurück zum Gasthof. Ich habe heute Nacht eine Menge Arbeit zu erledigen.«
»Hä? Was?« fragte Mjipa, während sie aus dem Palast gingen und sie sich bei ihm unterhakte. »Du bist bemerkenswert gut gelaunt für jemanden, der soeben ein erniedrigendes Erlebnis über sich ergehen lassen musste.«
»Ob man sich erniedrigt fühlt oder nicht, hängt immer von einem selbst ab. Wenn ich das Gefühl habe, das Richtige getan zu haben, dann kann niemand mich erniedrigen.«
»Nun? Wie war’s denn?«
»Das mit dem Heshvavu? Nicht schlimmer als eine Untersuchung beim Gynäkologen. Weh getan hat’s eigentlich nicht, aber ich kann auch nicht behaupten, dass es mir Spaß gemacht hat. Vielleicht hat Ainkhist auch deshalb schon nach dem ersten Mal aufgehört. Wahrscheinlich hat er irgendwas unheimlich Tolles und Exotisches erwartet und war dann ganz enttäuscht, als er feststellen musste, dass ein Orgasmus sich nicht groß vom anderen unterscheidet.«
»Eines Tages werde ich diesen Hurensohn umbringen«, murmelte Mjipa.
»Komm, Percy, reg dich ab! Er hat sich lediglich entsprechend seiner geistigen Fähigkeiten und seines Bewusstseinsstandes verhalten, und mir hat’s nicht geschadet. Nachdem er seine Nummer durchgezogen hatte, wollte er mir unbedingt laut den Anfang seiner großen Khaldoni-Geschichte vorlesen. Aber ich schlief irgendwann beim dritten Kapitel ein. Ich glaube, er hat das als literarische Kritik aufgefasst, denn als ich aufwachte, war er schon auf die Jagd gegangen.«
»Aber wieso zum Teufel bist du so fröhlich und aufgekratzt? Und was hast du den ganzen Tag angestellt?«
»Beruhige dich, Percy! Du verhältst dich kindisch.«
»Verdammt noch mal, Weib, ich werde doch wohl wissen dürfen …«
»Ich erzähl’s dir ja, wenn du nur endlich mal Ruhe gibst. Siehst du das hier?« Sie hielt die Papierrolle hoch, die, wie er jetzt sah, mit winzigen Symbolen bedeckt war. Er setzte seine Brille auf, um sie sich näher anzuschauen, und fragte:
»Was ist das?«
»Ich habe den ganzen Tag damit verbracht, die Insassinnen seines Harems zu interviewen, und das sind meine Aufzeichnungen. Ich werde die ganze Nacht daran sitzen, sie in meine Notizbücher zu übertragen, solange sie noch frisch sind.«
»Was für eine Sprache ist das? Sieht irgendwie aus wie Gozashtando, aber nur auf den ersten Blick.«
»Englisch, aber in Kurzschrift. Eine fast in Vergessenheit geratene Kunst, die mir aber in meinem Beruf sehr zustatten kommt. Ich habe hier Material für ein Dutzend Zeitungen und mindestens ein komplettes Buch! Noch keiner hat eine Studie aus diesem Milieu veröffentlicht! Verstehst du jetzt, warum ich so happy bin?«
»Freut mich, wenn es dich für das andere entschädigt. Ich werde mir niemals verzeihen …«
»Meinst du schon wieder die Sache mit dem Heshvavu? Das war doch nichts.«
»Aber fühlst du dich denn nicht irgendwie besudelt … geschändet?«
»Eigentlich nicht. Ich bin sicher, dass in der Bibel nichts dergleichen steht. Wenn ich mich recht erinnere, wurde irgendwo – in den Apokryphen, glaube ich – eine Judith sogar hoch dafür gepriesen, dass sie sich irgendeinem feindlichen General hingab, um ihn im Schlaf zu ermorden.
Versteh doch, Percy, dieser König und sein Glied bedeuten mir emotional nicht mehr als irgendeine mechanische Bumsvorrichtung. Für eine solche Chance wie diese würde ich mich einmal pro Stunde durchnudeln lassen, solange es nicht weh tun würde. Guck mich nicht so entgeistert an; ich bin bloß praktisch und realistisch.
Und da wir gerade vom Sex sprechen – diese Aufzeichnungen enthalten auch Ovanels Anmerkungen zu
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