Der Gefangene von Zhamanak
zählen, in die Alicia ihn schleppte. In jedem Laden musste er das salbungsvolle Geschwätz der Händler über sich ergehen lassen, während Alicia unzählige Artikel inspizierte, befühlte, begutachtete, anprobierte und mit einem freundlichen »Vielen Dank, ich sehe mich erst noch mal woanders um« ablehnte. Mjipa fand das Herumgestehe in den Geschäften anstrengender als einen Fünfzig-Kilometer-Ritt in scharfem Galopp. Nach einer Weile taten ihm die Füße weh.
Schließlich, als er schon der Verzweiflung nahe war, kaufte Alicia einen Kilt mit roten, gelben und blauen Querstreifen. Des weiteren erwarb sie einen breitkrempigen Strohhut, wie sie ihn während der Reise häufig bei Landarbeitern gesehen hatte. »Ich werde nicht sonderlich braun«, erklärte sie. »Ich kriege bloß einen Sonnenbrand und pelle mich.«
»Genau wie Fergus Reith, unser Reiseleiter«, sagte Mjipa. »Du musst ihn mal kennen lernen. Hier auf Krishna ist blasse Haut ein Zeichen von Vornehmheit, wie früher in Europa. Braune Haut bedeutet, dass du unter freiem Himmel arbeitest, zum Beispiel auf einer Farm, also Proletarier bist. Diese Unterscheidung betraf uns Afrikaner nie, da wir so oder so schwarz waren, ob drinnen oder unter freiem Himmel.«
Ihr letzter Erwerb war ein Halsband aus Halbedelsteinen in Silberfassung. Diese Transaktion nahm fast soviel Zeit in Anspruch wie die vorausgegangenen fünf Aufenthalte zusammen. Sie studierte eingehend die Angebote des Juweliers, probierte sie an, posierte und pirouettierte damit vor dem Spiegel und konnte sich nicht entscheiden. Schließlich wurde es Mjipa zu bunt, und er brummte:
»Hör mal, mein Täubchen, wenn du nur endlich eins von diesen verdammten Dingern kaufst, damit wir endlich weiter können, dann zahle ich es dir sogar von meinem mageren Gehalt. Nur kauf endlich eins!«
»Sei nicht albern!« Sie kramte in ihrem Täschchen. »Ich habe selbst genug Geld. Es ist nur, dass sie alle so todschick sind!«
Als sie das Ding gekauft hatten und auf die Straße traten, war Roqir schon hinter den Dächern verschwunden. Das Grünblau des Himmels hatte sich zum Zwielicht verdunkelt. Kleine Bijare verfolgten mit sirrendem Flügelschlag fliegende Arthropoden.
Auf dem Rückweg zum Gasthof bogen sie irgendwo zu früh ab und fanden sich plötzlich in einem Viertel wieder, das ärmer war als alle, die sie bisher gesehen hatten. »Miese Gegend hier«, murmelte Mjipa.
»Ach, du brauchst doch keine Angst zu haben, mit deiner Figur und dem Schw … o je! Du hast dein Schwert nicht dabei!«
»Ich hatte keine Lust, das verdammte Ding die ganze Zeit mit mir herumzuschleppen. Aber ich muss zugeben, ich würde mich wohler fühlen, wenn ich es jetzt hätte. Wir sollten zusehen, dass wir schnell hier rauskommen.«
Sie hasteten an Hauseingängen vorbei, vor denen Angehörige der krishnanischen Unterschicht lungerten und sich die Zeit mit Rauchen, Trinken und Pizaspielen auf dem Bürgersteig vertrieben. Eine dieser Gruppen schaute wie auf Kommando gleichzeitig auf, als die Terraner vorbeikamen. Mjipa hörte, wie einer der Männer etwas rief, das sich anhörte wie: »Chaispis vatsw eqhav khos ash tserku!«
»Was hat er gesagt?« fragte Alicia. »Ich kann diesen extremen Stadtdialekt kaum verstehen.«
»Es hörte sich an wie irgendeine Obszönität, und zwar an dich gerichtet.« Mjipa verlangsamte seinen Schritt und blickte sich um.
Alicia zog ihn am Arm. »Ignorier sie einfach, Percy! Wir wollen uns nicht auf eine Prügelei einlassen; schon gar nicht in dieser Gegend.«
»Ich lasse in meiner Gegenwart keine Dame von Rowdies anpöbeln …«
»Ist doch egal! Lass sie doch! Diese Strolche sind zu mehreren und haben Schwerter. Nun komm schon, du Don Quijote!«
Sie waren bereits an der nächsten Kreuzung angelangt, als Fußgetrappel und eine Wiederholung der obszönen Beschimpfung ihnen verrieten, dass die Burschen sie verfolgten. Sie überquerten die Kreuzung und traten in ein etwas gehobeneres Wohnviertel. Mjipa blieb stehen und schaute sich um.
Vier Kalwmianer näherten sich ihnen. Einer, ein Kerl mit einer Narbe auf der Wange, hatte ein Schwert; die anderen drei trugen nur Dolche.
»Hast du vorhin mich gemeint?« fragte Mjipa den mit dem Schwert auf Khaldoni.
»Nein«, sagte der Krishnaner. »Du interessierst uns nicht. Uns interessiert die kleine terranische Hure, die du bei dir hast. Komm mit uns, Süße, und du erlebst was Besseres, als es dir dieses schwarze terranische Shomal je bieten
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