Der Gefangene von Zhamanak
mit ihm zu halten, erwartete ihn schon ein aufgeregter Irants. »Herr!« rief ihm der Wirt entgegen, »’s ist etwas Neues vorgefallen. Kennt Ihr einen Wicht, Kuimaj geheißen, aus Mutabwk?«
»Nein, ich habe noch nie von ihm gehört. Warum?«
»Er behauptet, Euch zu kennen. Sagt, er komme als Herold vom Heshvavu Ainkhist höchstselbst, mit einer Botschaft an Meisterin Dyckman. Doch sie weigert sich, sie zu hören, und hat sich in ihre Kammer eingeschlossen. Und nun steht dieser Kuimaj vor ihrer Tür und erheischt Einlass. Und ich möchte nicht gern einen hohen Herrn, als welchen ich diesen Burschen betrachte, ohne triftigen Grund an Arsch und Kragen auf die Straße setzen. Könnt Ihr dieses Knäuel entwirren, Herr?«
»Lasst mich ihn sehen!« Mjipa stieg die Treppe zu Alicias Kammer hinauf. Vor ihrer Tür stand ein Krishnaner, am Schnitt seines Kilt und am Muster seiner Körperbemalung als Mutawbkianer zu erkennen. Mit lauter, gebieterischer Stimme las diese Person aus einer Schriftrolle.
»Verzeiht«, sagte Mjipa, während er näher trat, »aber ich bin der Begleiter der Dame, mit der Ihr zu sprechen heischt. Was wollt Ihr von ihr?«
Der Krishnaner schaute Mjipa empört an. »Wisset, o Terraner, dass ein Herold Seiner Grandiosität, des mächtigen Heshvavu von Mutabwk, nicht auf solch niederträchtige Weise behandelt werden darf. Schließlich bin ich der, der ich bin!«
»Was meint Ihr damit – ›niederträchtig‹?«
»Nun, Meisterin Dyckman weigert sich, die Botschaft zu hören, die ich von meinem mächtigen Herrn überbringe.«
»Darauf kommen wir noch. Einstweilen könnt Ihr mir Eure Botschaft vorlesen.«
»Ja«, ließ sich Irants vernehmen, der sich hinter Mjipas Rücken vordrängte. »Er hat recht, Meister Kuimaj, und ist zudem eine Persönlichkeit, die beim Hofe zu Kalwm in hoher Gunst steht. Wir dulden nicht länger, dass Ihr mit Eurem Gebrüll die Ruhe unseres Gasthauses stört.«
Kuimaj blickte von Mjipa auf Irants, und von Irants auf Minyev. Angesichts der Übermacht grummelte er: »Wo möchtet Ihr dann, dass ich die königliche Botschaft verlese?«
»In meiner Kammer«, erwiderte Mjipa. »Irants, hol Meister Kuimaj einen Krug Falat und setz ihn auf meine Rechnung. Hier herein, mein guter Herr!«
Nachdem der Krug gebracht war und alle sich niedergelassen hatten, entrollte der Mutawbkianer sein Pergament und las, mit einer Stimme, die ausgereicht hätte, einen Hörsaal zu beschallen:
»WISSET, MEISTRIN DYCKMAN, DASS SEINE GRANDIOSITÄT, DER HESHVAVU AINKHIST VON MUTABWK, IN GLÜHENDER LEIDENSCHAFT ZU EUCH ENTBRANNT IST. ER VERFLUCHT DEN TAG, DA IHR AUS SEINER GEGENWART UND AUS SEINEM REICHE SCHIEDET. NUN BUHLT ER UM EURE RÜCKKEHR, ÜBERRAGT IHR DOCH ALLE SEINE ANDEREN FRAUEN, WIE ROQIR SHEB ÜBERRAGT. KEHRET AN SEINEN SCHMACHTENDEN BUSEN ZURÜCK, UND ER WIRD EUCH ZU SEINER ERSTEN FRAU ODER KÖNIGIN MACHEN. UNERHÖRTE GUNST SOLL EUCH ZUTEIL WERDEN: ERLESENSTE SPEISEN UND GETRÄNKE, KOSTBARE GEWÄNDER, IUWELEN, SKLAVEN, RAUSCHENDE FESTE, DIE HÄUPTER EURER FEINDE. EIN WINK WIRD GENÜGEN, UND ALL DIES SOLL EUER SEIN, SO IHR NUR ZURÜCKFLIEGT IN DIE LIEBENDE UMARMUNG DES MÄCHTIGEN MONARCHEN, DESSEN LEBER VOR SEHNSUCHT LODERT VON FEUER, SO HEISS WIE DIE FLAMMEN DES HISHKAK. EILT ZURÜCK ZU EUREM SICH VERZEHRENDEN GELIEBTEN, UND ER WIRD EUER GEHORSAMER SKLAVE SEIN.
Ende der Botschaft«, sagte Kuimaj. »Nun, wann kommt sie?«
»Wir werden sehen«, sagte Mjipa. Er ging zur Tür von Alicias Kammer und rief: »Mach auf, Lish! Ich bin’s, Percy. Ich passe schon auf, dass dieser Bursche dich nicht gegen deinen Willen wegschleppt.«
Die Tür öffnete sich, und Alicia kam heraus, einen verächtlichen Blick auf den Herold werfend. »Er las mir seine Botschaft einmal vor. Als ich nein sagte, las er sie mir wieder vor. Als ich dann immer noch nein sagte, fing er an, sie mir wild gestikulierend ein drittes Mal vorzulesen. Da habe ich ihm gesagt, er könne sich seine Rolle sonst wo hinstecken, und bin in mein Zimmer gegangen.«
»Wie Ihr seht, sind Eure Bemühungen fruchtlos«, sagte Mjipa zu dem Herold. »Gebt es auf und reist zurück nach Yein. Die Dame hat nicht die Absicht, die Werbung Eures Herrn zu erhören. Und da wir hier in Mutabwk sind, hat sein Wort hier auch keine Gültigkeit.«
»Aber sie muss kommen!« schrie Kuimaj. »Dass eine Maid die Werbung eines Königs ausschlägt, ist eine unerhörte Tat! ’s ist unmöglich! Besonders, wenn er ihr anbietet, sie zu seiner offiziellen
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